Seit 25 Jahren gibt es die Frauen-Forensik in Taufkirchen an der Vils. Die Patientinnen, die in der einzigen reinen Frauen-Forensik in Bayern zum Maßregelvollzug untergebracht sind, sind Straftäterinnen, die psychisch krank sind oder ein Drogenproblem haben. Ein Gericht hat ihre Unterbringung angeordnet.

"Es ist unser Auftrag, Patientinnen zu bessern und zu sichern",

erklärt Forensikerin Verena Klein, die den Maßregelvollzug seit 2013 leitet. Die Zahl der Menschen im Maßregelvollzug steigt. Frauen sind davon allerdings nur ein sehr kleiner Teil. Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind mehr als drei Jahre alt: Am 31. Dezember 2019 zählt die Statistik 11.553 Menschen in Deutschland, davon 891 Frauen. Zehn Jahre zuvor waren es 10.023 Menschen, darunter 716 Frauen.

Patientinnen fehlen oft familiäre Bezugspersonen

In Taufkirchen startete die Frauenforensik 1998 mit 14 Patientinnen. Heute werden in der Forensik des Isar-Amper-Klinikums knapp 200 Patientinnen stationär behandelt. Sie sind zwischen 18 und über 70 Jahre alt. "Fast keine unserer Patientinnen kommt aus einer Familie mit zwei konsistenten Bezugspersonen", sagt Klein über die Frauen.

Ihre Straftaten unterscheiden sich oft von denen der Männer. Verena Klein sagt:

"Frauen verüben Gewalttaten häufiger im Kontext sozialer Beziehungen."

Einige Frauen in der Forensik haben ihrem Partner schwere Gewalt angetan, manche haben ihre Kinder getötet. Sexualdelikte von Frauen gebe es fast nicht.

Fixierungen werden als letztes Mittel eingesetzt

Als 2014 ein Gericht Gustl Mollath beschieden hatte, zu Unrecht jahrelang im Maßregelvollzug gesessen zu haben, wurde viel öffentliche Kritik an dieser Art der Unterbringung laut. Auch Taufkirchen machte Schlagzeilen, weil zwei Patientinnen über einen langen Zeitraum ans Bett fixiert waren.

"Fixierungen sind die ultima ratio", sagt Verena Klein heute. Sie kämen nur zum Einsatz, wenn gar nichts anderes hilft. Um sie zu vermeiden, habe die Klinik seit 2015 drei sogenannte Time-out-Räume eingerichtet. Dort können Patientinnen sich abreagieren, ohne sich zu verletzen.

Die bayerische Angehörigenvertreterin Angelika Herrmann beobachtet, dass sich das Bewusstsein in den Kliniken ändert. "Insgesamt sind Fixierungen deutlich weniger geworden, und es gibt gute Bemühungen, dass sie noch seltener vorkommen", sagt die zweite Vorsitzende des Landesverbandes Bayern der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen.

Für Patientinnen gibt es bestimmte Beschwerdemöglichkeiten

Ein weiterer Vorwurf gegen die forensische Unterbringung lautet: Psychisch kranke Straftäter bleiben eine ungewisse Zeit im Maßregelvollzug. Der Vorwurf, dass Kliniken Lockerungen widerrufen oder Patienten nicht entlassen, die sich nicht anpassen, sei heute in der Regel nicht mehr haltbar, sagt Angehörigenvertreterin Herrmann:

"Ich sehe eher, dass die Kliniken eine Entlassung möglich machen wollen. Aber natürlich entscheiden die Kliniken anhand professioneller Kriterien und haben daher oftmals eine andere Einschätzung als die Patienten und die Angehörigen: Der Patient sagt, dass es ihm gut geht und die Klinik ist der Meinung, dass er noch nicht stabil ist oder sich vielleicht noch nicht genügend mit seiner Tat auseinandergesetzt hat."

Das Isar-Amper-Klinikum erklärt seine Entlassungspraxis so: Bei psychisch kranken Straftäterinnen fordere das zuständige Gericht jedes Jahr eine Stellungnahme bei der Klinik an. Nach einer persönlichen Anhörung der Patientinnen beschließen die Richter, ob eine Patientin entlassen werden kann.

Alle zwei oder drei Jahre erstellten externe Sachverständige Prognosegutachten. Klinikintern werde der Therapiefortschritt halbjährlich überprüft. "Patientinnen, die der Meinung sind, dass ihre Therapiefortschritte nicht hinreichend gewürdigt werden, haben verschiedenste Beschwerdemöglichkeiten", teilte die Klinik dem epd mit. Dazu gehörten etwa der Forensikbeirat, das bayerische Amt für Maßregelvollzug oder Patientenfürsprecher.

Das sagt eine Angehörigenvertreterin

Bei der Unterbringung psychisch kranker und suchtkranker Straftäterinnen und Straftäter in der forensischen Psychiatrie hat sich laut der Angehörigenvertreterin Angelika Herrmann in Bayern vieles verbessert. „So gibt es etwa keine 'Black-Box'-Forensik mehr“, sagte die Zweite Vorsitzende des Landesverbandes Bayern der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (ApK Bayern) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seit dem neuen bayerischen Maßregelvollzugsgesetz 2015 seien die Kliniken zu regelmäßigen Berichten an die Aufsichtsbehörden verpflichtet.

Psychisch erkrankte oder suchtkranke Straftäterinnen und Straftäter, die in einer forensischen Klinik in Bayern zum Maßregelvollzug untergebracht sind, hätten genügend Möglichkeiten, sich mit Beschwerden an die Patientenbeauftragten der Klinik, an die bayerischen Maßregelvollzugsbeiräte oder das Amt für Maßregelvollzug zu wenden, sagte Herrmann.

Das zeige auch Wirkung, beobachtet die 76-Jährige, die selbst Maßregelvollzugsbeirätin an einer bayerischen Klinik ist. „Möglicherweise passiert nicht immer gleich etwas oder das, was die Patienten sich wünschen. Denn nicht jeder Wunsch ist erfüllbar.“ Dann versuche der Maßregelvollzugsbeirat, die Situation im Gespräch mit den Patientinnen und Patienten zu erklären.

Fixierungen, also das Fesseln von Menschen ans Bett, gebe es immer noch, „aber zunehmend ändert sich das Bewusstsein“. Inzwischen versuchten die Kliniken eher, Fixierungen zu vermeiden. Für sie bedeuteten Fixierungen viel mehr Aufwand als früher, da ihnen vom Gesetzgeber Dokumentationspflichten und Überwachungen rund um die Uhr auferlegt worden seien.

Verbesserungsbedarf sieht Herrmann in der Kommunikation zwischen Angehörigen und Kliniken: „Ich würde mir einen intensiveren, regelmäßigen Austausch mit den behandelnden Ärzten, den Therapeuten und dem pflegenden Personal wünschen.“ Zu Beginn der forensischen Unterbringung sollte es nach ihrer Ansicht eine umfangreiche Aufklärung geben und mehr Verständnis für den „Ausnahmezustand der Angehörigen in diesem Moment“. Manche Kliniken leisteten dies bereits.

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