"Nicht alle Infizierten entwickeln Symptome."

Fast jeder hat schon mal von "Tuberkulose" gehört, manche wissen, dass die Krankheit umgangssprachlich "Schwindsucht" genannt wurde. Aber was steckt genau dahinter und wie äußert sich die Erkrankung?

Christa Kasang: Tuberkulose ist eine bakterielle Infektion, die über Tröpfchen übertragen wird und, wenn sie ausbricht, die Lunge angreift. Dadurch wird die Atmung erschwert und es kommt zu den klassischen Symptomen, zum Beispiel lang andauernder Husten, Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Daher kommt auch der Name Schwindsucht. Nicht alle Infizierten entwickeln aber Symptome. Man schätzt, dass bis zu einem Viertel der Weltbevölkerung latent mit TB infiziert ist, zum Ausbruch der Krankheit kommt es aber meistens, wenn das Immunsystem unter Stress steht. Neben der Lunge können im Übrigen auch andere Organe betroffen sein, Knochen oder die Haut.

Hierzulande gibt es kaum noch Tuberkulose-Fälle - und wenn, dann werden die Patienten sofort isoliert. Wo liegen die weltweiten Brennpunkte und was ist bei der Behandlung die größte Herausforderung?

Grundsätzlich kann man sagen, dass Tuberkulose-Brennpunkte immer dort sind, wo Armut herrscht und Menschen in beengten Verhältnissen leben. Geografisch sind Indien, Indonesien, China, die Philippinen und Bangladesch am meisten betroffen, gefolgt von Nigeria, Pakistan und Südafrika. Behandelt wird die Erkrankung mit vier verschiedenen Antibiotika. Leider gibt es dagegen inzwischen aber Resistenzen, das erschwert die Therapie extrem. Diese multiresistente TB tritt ebenfalls in Indien häufig auf, aber auch in Osteuropa. Es gibt zum Glück ein neues Antibiotikum, das eingesetzt werden kann, aber die Behandlung ist aufwendig und dauert lang.

"Aktive Fallsuche bedeutet, dass wir Menschen diagnostizieren, die normalerweise nicht zum Arzt gehen würden."

Die Deutsche Lepra- und Tuberkulose-Hilfe setzt auf sogenannte "aktive Fallfindung". Können Sie das einmal näher erläutern und an einigen Projekt-Beispielen im globalen Süden erläutern?

Aktive Fallsuche bedeutet, dass wir Menschen diagnostizieren, die normalerweise nicht zum Arzt gehen würden. Wir als DAHW führen die aktive Fallsuche zum Beispiel sehr erfolgreich bei LKW-Fahrern in Indien durch, die sich durch ihre hohe Mobilität nicht so gut in das normale Gesundheitssystem integrieren können. In einem anderen Projekt in Tansania werden Gemeindemitarbeiterinnen und -mitarbeiter mit einbezogen - diese Menschen können Betroffene innerhalb der Communities frühzeitig erkennen und dann eine Diagnostik und Therapie veranlassen. Und auch in Gefängnissen suchen wir aktiv nach Fällen, zum Beispiel in Äthiopien.

Was ist Tuberkulose

Bei Tuberkulose ist meist die Lunge betroffen, doch auch jedes andere Organ kann von den Bakterien befallen sein. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Symptome sind Kraftlosigkeit, Nachtschweiß, Gewichtsabnahme und Husten, auch mit blutigem Auswurf. Die Behandlung erfolgt mit einem Antibiotika-Mix, der über Monate hinweg eingenommen werden muss. Eine umfassende Impfung gibt es nicht.

Ein Viertel bis ein Drittel aller Menschen weltweit trägt den Erreger laut Expertenschätzungen in sich, doch bei den meisten ist das Immunsystem stark genug, eine Erkrankung abzuwehren. Unter- oder Mangelernährung, extremer Stress wie etwa Kriege oder eine Schwächung durch andere Krankheiten lassen den Tuberkulose-Bakterien hingegen leichtes Spiel.

Jährlich sterben nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 1,5 Millionen Menschen an der Krankheit. Schätzungsweise zehn Millionen erkranken, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Besonders betroffen sind Bangladesch, China, Indien, Indonesien, Pakistan, Nigeria, die Philippinen und Südafrika. 

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