Die Aktion Mensch fordert Unternehmen auf, mehr Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. Viele Arbeitgeber scheuten die Einstellung von Arbeitskräften mit Handicap, sagte Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, am Dienstag in Bonn.
Trotz Fachkräftemangel: 160.000 Schwerbehinderte arbeitslos
Ende Juni seien trotz Fachkräftemangels mehr als 160.000 schwerbehinderte Menschen in Deutschland arbeitslos gemeldet gewesen, teilte die Aktion Mensch mit. Fast die Hälfte dieser Menschen habe eine abgeschlossene Berufs- oder akademische Ausbildung.
"Das sind potenzielle Fachkräfte, die dem ersten Arbeitsmarkt verloren gehen."
Zwar seien Betriebe ab 20 Angestellten verpflichtet, auch Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, aber viele zahlten lieber stattdessen eine Ausgleichsabgabe. "Gerade kleinere Unternehmen wissen zu wenig über Fördermöglichkeiten", sagte Marx.
Keine Unterschiede zwischen Angestellten mit und ohne Behinderung
Sie verwies auf das Inklusionsbarometer der Aktion Mensch, wonach Betriebe, die Schwerbehinderte beschäftigen, keine Unterschiede in Motivation, Leistungsfähigkeit Einarbeitung, Fehlzeiten, sozialer Einbindung oder Belastbarkeit zwischen Angestellten mit und ohne Behinderung sehen.
Fast jeder Zehnte weist schwere Behinderung auf
Fast jeder zehnte Mensch in Deutschland weist eine schwere Behinderung auf. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, lebten zum Jahresende 2021 rund 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland. Das entsprach einem Anteil von 9,4 Prozent in der gesamten Bevölkerung.
Als schwerbehindert gelten Personen, denen die Versorgungsämter einen Behinderungsgrad von mindestens 50 zuerkannt sowie einen entsprechenden Ausweis ausgestellt haben. Behinderungen bestehen dem Bundesamt zufolge selten seit der Geburt oder dem Kindesalter, sondern entstehen meist erst im fortgeschrittenen Alter. So war rund ein Drittel (34 Prozent) der schwerbehinderten Menschen zum Ende des vergangenen Jahres 75 Jahre oder älter. Etwas weniger als die Hälfte (45 Prozent) der Schwerbehinderten gehörte der Altersgruppe von 55 bis 74 Jahren an. Nur knapp drei Prozent waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Meist durch Krankheit verursacht
90 Prozent der schweren Behinderungen wurden der Statistik zufolge durch eine Krankheit verursacht. Körperliche Behinderungen hatten 58 Prozent der schwerbehinderten Menschen, geistige oder seelische Behinderungen insgesamt 14 Prozent. Zerebrale Störungen, also Schäden am Gehirn, lagen in neun Prozent der Fälle vor. Bei den übrigen Personen (19 Prozent) war die Art der schwersten Behinderung nicht ausgewiesen.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, sank die Zahl der Menschen mit einer schweren Behinderung der Statistik zufolge im Vergleich zu 2019 um rund 108.000. Dieser Rückgang gehe allerdings auf eine Bereinigung der Verwaltungsdaten in Niedersachsen zurück, wodurch die Zahl der dort erfassten schwerbehinderten Menschen um 121.000 sank.