Im Sudan ist durch die herrschende Gewalt die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung gefährdet. Immer wieder würden Kliniken und Gesundheitsposten bei den Kämpfen zwischen der Armee und der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) angegriffen, erklärten Hilfsorganisationen und sudanesische Ärzte.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben 20 Krankenhäuser ihren Betrieb einstellen müssen, es habe elf bestätigte Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen gegeben. Die sudanesische Ärztegewerkschaft sprach gar von 55 geschlossenen Einrichtungen, 13 davon wegen direkten Angriffen, weitere hätten aus Sicherheitsgründen evakuiert werden müssen.

Sudan: Große Teile der Bevölkerung von Trinkwasser und Nahrung abgeschnitten

Auch sonst wird die Lage der Menschen immer verzweifelter. Große Teile der Bevölkerung seien durch die Kämpfe von einer Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln abgeschnitten, erklärte die Diakonie Katastrophenhilfe. Tausende Menschen verließen täglich die besonders umkämpfte Hauptstadt Khartum, um innerhalb der eigenen Landesgrenzen Schutz zu suchen.

Hilfsorganisationen hätten ihre Arbeit weitgehend einstellen müssen, da sie zu gefährlich geworden sei. Laut dem Auswärtigen Amt haben viele Menschen keinen Strom. Bereits vor der jüngsten Eskalation waren laut den UN rund 16 Millionen Menschen, ein Drittel der Bevölkerung, auf Hilfe zum Überleben angewiesen.

Seit Tagen wird im In- und Ausland eine humanitäre Feuerpause gefordert, damit die Menschen sich mit dem Nötigsten versorgen und Kranke und Verletzte behandelt werden können. Trotz wiederholter Versprechen durch die Konfliktparteien gehen die Kämpfe allerdings weiter.

Auch das Auswärtige Amt bemüht sich nach eigenen Angaben weiter um eine Feuerpause. Auch UN-Generalsekretär António Guterres hatte eine dreitägige Feuerpause gefordert.

Kämpfe gefährden auch internationale Helfende

Die Kämpfe gefährden immer wieder auch Helferinnen und Helfer, entweder, weil sie direkt angegriffen werden, oder weil sie zwischen die Fronten geraten. Zuletzt gab die Internationale Organisation für Migration (IOM) den Tod eines Beschäftigten am Freitagmorgen bekannt. Der Mann, der Vater eines neugeborenen Kindes sei, sei ins Kreuzfeuer geraten.

Auch WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus kritisierte die Angriffe auf Gesundheitspersonal und -einrichtungen. Sie gefährdeten nicht nur die Helferinnen und Helfer, sondern beraubten bedürftige Menschen einer medizinischen Grundversorgung. Das Welternährungsprogramm hatte am Sonntag seine Arbeit teilweise ausgesetzt, nachdem am Samstag drei Mitarbeiter getötet worden waren.

Hintergrund ist Machtkampf

Grund für die Gewalt ist ein eskalierter Machtkampf zwischen Armee-General Abdul Fattah Al-Burhan und dem Befehlshaber der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) Mohamed Hamdan Dagalo, genannt "Hemeti". Nach WHO-Angaben sind seit vergangenen Samstag 413 Menschen getötet und 3.551 weitere verletzt worden.

Die Armee und die RSF hatten die vorherige Regierung gemeinsam gestürzt, sind sich nun aber uneinig über die künftige Ausrichtung des Landes. Dabei geht es auch darum, ob Zivilisten regieren sollten. Selbst eine Vereinigung der beiden Einheiten ist ein Thema. 

Am 11. April 2019 wurde der langjährige sudanesische Präsident Omar al-Bashir, der das Land seit 1989 autoritär regiert hatte, durch einen Militärputsch gestürzt. Demonstranten hatten zuvor wochenlang für einen politischen Wandel im Land protestiert. Nach dem Sturz von al-Bashir wurde eine Übergangsregierung gebildet, die von einer Militär-Junta und der Oppositionsallianz Forces for Freedom and Change (FFC) gemeinsam geführt wurde.

In den Monaten nach dem Sturz von al-Bashir kam es jedoch immer wieder zu Konflikten und Protesten zwischen der Militär-Junta und der FFC. Die FFC forderte die Bildung einer zivilen Regierung und die Durchführung von freien Wahlen, während die Militär-Junta eine Beteiligung an der Regierung und die Aufrechterhaltung von Teilen der alten Regierungsstrukturen forderte.

Menschen organisieren sich selbst

Doch es gibt trotz all der Gewalt und des Leids gute Nachrichten. So berichtet der arabische Sender "Al Jazeera", dass Aktivisten aus allen Teilen des Landes Komitees von Medizinern, Krankenschwestern und Ingenieuren organisiert haben. Größtenteils stammen die Aktivisten demnach aus den "Widerstandskomitees". Diese Nachbarschaftsgruppen führen seit 2019 die pro-demokratische Bewegung im Sudan an.

"Jedes Koordinationskomitee hat die funktionierenden Krankenhäuser gescannt. Selbst die Krankenhäuser, die vor dem Krieg nicht funktionierten, haben wir in Betrieb genommen, indem wir ihnen Ärzte, Treibstoff und Strom gebracht haben", sagte Ahmed Ismat, der Sprecher einer der Gruppen aus dem Süden der Hauptstadt Khartum gegenüber "Al Jazeera". 

Was fehle, seien Hilfsgüter - von Medikamenten über Erste-Hilfe-Kästen bis hin zu Mullbinden. Über die medizinische Versorgung hinaus hätten die Aktivisten auch Evakuierungen für belagerte Zivilisten koordiniert und Antikriegsbotschaften verbreitet, wodurch sie in der Bevölkerung an Unterstützung gewonnen hätten, heißt es weiter.

(mit Material von epd, auf den "Al Jazeera"-Artikel sind wir durch den Newsletter "What happend last week?" aufmerksam geworden, in dem die Journalistin Sham Jaff seit 2014 wöchentlich Nachrichten aus dem globalen Süden zusammenfasst)

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