Der Hauswegweiser am Eingang, der vom Hauptbahnhof kommend eigentlich nicht zu übersehen ist, scheint auf den ersten Blick auf ein "ganz normales" Ärztehaus hinzuweisen. Da stehen Namen von Ärztinnen und Ärzten der Neurologie, für Gefäßkrankheiten und Orthopädie, ein Zahnarzt . . . und dann stehen da plötzlich die Buchstaben und Ziffern, die spätestens seit dem Werbecoup mit kostenlosen Fan-Shirts zur Fußball-EM nahezu jeder kennt: CHECK24. Das aus München stammende Online-Vergleichsportal hat stolze zweieinhalb von insgesamt sechs Stockwerken für zehn Jahre angemietet und betreibt hier seine Büros.

Ein Zeichen, dass auch ein diakonisches Sozialunternehmen eben Geld verdienen muss. Blickt man auf die von 24 auf 28 Millionen Euro explodierten Baukosten in nur zwei Jahren für 4000 Quadratmeter Fläche, wundert das auch nicht. Für diako-Jens Colditz, Rektor passt die "Mischung" im Haus gut zusammen. "CHECK24 ist ein verlässlicher Mieter, und die Praxen und Kliniken bereichern die Gesundheitsversorgung in Augsburg, vor allem mit überregional bekannten Spezialisten", erklärt er. Im Erdgeschoss ist mit Drescher + Lung ein Sanitätshaus eingezogen, das seit rund 100 Jahren schon in der Stadt ist.

Tradition seit 1855

Dass ein Träger wie diako überhaupt ein Ärztehaus baut, begründet Colditz mit der seit 1855 währenden Tradition. "Wir reagieren auf die Bedürfnisse von Menschen. Das haben Diakonissen schon immer getan." Die Demografie ändere sich, die Medizin werde differenzierter, die Ansprüche größer, aber auch die Lebensqualität steige. "Das Zusammenspiel mit den Belegarztpraxen und unserer Stadtklinik wird bei den Patienten sehr geschätzt. Der individuelle Blick auf den Menschen gehört für mich zum gesundheitspolitischen Weg in die Zukunft."

Im sechsten Stock herrscht noch Baustelle – hier kommt ein ambulantes Operationszentrum rein. "Wir folgen damit dem Trend der Zeit", beschreibt Colditz dieses Projekt, das von den Ärzten des Orthopädie-Zentrums im ersten und zweiten Stock betrieben werden soll. Schon jetzt, zwischen Schutt, Baumaterialien und halbfertigen Installationen herrscht aber bereits ein angenehmes Raumklima, wie auch auf den anderen Ebenen. Akustikdecken sorgen für wenig Hall in den Räumen, die Praxen wirken durch viel Holz und warmfarbige Dekoration an den Wänden nicht steril. Das Architekturbüro Endres + Tiefenbacher, das überdies im benachbarten ersten diako-Ärztehaus sitzt, hat sich also Gedanken gemacht, die neuen Mieter ebenso bei der Wahl der Einrichtung.

Fünf Ebenen und 80 Parkplätze

"Die Zusammenarbeit mit den Planern, Firmen und Handwerkern lief reibungslos", betont Kaufmännischer Vorstand Claus Boldt. Fünf Jahre hätte die Planung gedauert. Noch vor der Corona-Krise war der Bau beschlossen worden. Auf fünf Ebenen sind im Untergrund Stellplätze für 80 Fahrzeuge in der neuen, öffentlichen Tiefgarage entstanden. Auch hier findet der Besucher, wie in allen anderen Stockwerken, ein Kreuz – ein Einzugsgeschenk des Eigentümers der Immobilie. "Ich habe niemanden dazu gezwungen, eines aufzuhängen, genommen hat es aber jeder gerne", freut sich Colditz.

Dass der Bau mit seiner Klinkerfassade in dem Ensemble direkt neben dem "Feierabend-Mutterhaus" der Diakonissen, dem Hotel und den Gebäuden der Diakonissenanstalt mit seiner Krankenhauskapelle, das Ende des 19. Jahrhunderts im neugotischen Stil entstand kaum auffällt, ist nicht nur dem wachsamen Auge der Architekten zu verdanken. Auch der Denkmalschutz hatte hier ein Wörtchen mitzureden. Wer von der Prinzregentenstraße hierher kommt, sieht also auch noch ein Stück Backsteinmauer, die schon bei der ersten Anlage des Gesamtanwesens als Umrandung gesetzt worden war. Nun wird es mit roten Steinen im Boden weitergeführt und zeigt die Linien an, wie sie mal gewesen sind.

diako-Rektor Jens Colditz vor dem Hauswegweiser
diako-Rektor Jens Colditz vor dem Hauswegweiser

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