Sie sprechen häufig über Demokratie – weshalb liegt Ihnen das Thema so am Herzen?
Kopp: Wir erleben Demokratie in unserer Kirche. In der evangelischen Kirche ist es nicht so, dass eine Person, zum Beispiel ein Landesbischof, etwas bestimmen kann, sondern wir machen das in Gemeinschaft. Das ist ein wichtiger Aushandlungsprozess, in dem wir um Meinungen ringen. Aber anders geht es nicht. Die Welt ist zu divers. Ich möchte nicht allein leben – und dann muss ich mit anderen in Verbindung treten.
Die Demokratie ist mit Abstand die beste Staatsform für diesen Aushandlungsprozess verschiedener Meinungen.
Sie haben in Ihrer Rede vor der Landessynode gesagt, dass Christen Verantwortung übernehmen und sich für den Erhalt von sozialen, demokratischen Strukturen einsetzen sollen. Was genau meinen Sie damit?
Protestantinnen und Protestanten sollten sich darum kümmern, dass der Austausch, den wir zwischen den sehr Reichen und den sehr Armen benötigen, gut läuft. Ich bin ein großer Freund der sozialen Marktwirtschaft, die wir hier in Deutschland haben. Wir müssen unseren Beitrag leisten und diejenigen, die sehr viel haben, daran erinnern, dass es auch diejenigen gibt, die oft das Gefühl haben, zu kurz zu kommen. Und hier können Kirchengemeinden die ideale Plattform sein für Gespräche, die für diesen Austausch notwendig sind.
Die Landeskirche unterstützt den halbjährig tagenden Runden Tisch gegen Rechtsextremismus und das Bündnis für Toleranz: Reicht das aus oder braucht es mehr Initiativen, um die Demokratie zu stützen?
Ich glaube: Mehr geht immer. Ich bin ein großer Freund der neuen Initiative von Kirche und Diakonie mit dem Titel „VerständigungsOrte“. Wir haben in den letzten Jahren nach Corona gemerkt: Wir sprechen miteinander zu wenig über kontroverse Themen.
Kirche und Diakonie können ein sehr guter Ort sein, um verschiedene Meinungen zu hören. Denn das brauchen wir dringend.
Was können Gemeinden tun, um die Menschen dazu zu bringen, bei der Bundestagswahl eine Stimme abzugeben?
Sie sollten dafür werben. Die Demokratie ist die beste Staatsform. Sie ist aber nur dann gut, wenn wir uns beteiligen. Und die Wahl ist die beste Form, die eigene Meinung und das, was wir gerne auch unterstützen möchten, selbst einzubringen. Also geht wählen!
Initiative #Verständigungsorte
Was will die Initiative #Verständigungsorte?
Mit der Aktion wollen sich Kirche und Diakonie verstärkt für gesellschaftlichen Dialog öffnen und das anbieten, woran es häufig fehlt: Räume, in denen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zusammenkommen und sich über gesellschaftliche Probleme austauschen können. Kirchengemeinden, diakonische Einrichtungen und andere kirchliche Institutionen sollen "dritten Orte" etablieren, zusammen mit zivilgesellschaftlichen Partner*innen und an den Fragen orientiert, die in Dorf, Stadtteil, Quartier und Region obenauf liegen. Die Themen können von Klima, Krieg, Corona, Migration und sozialer Ungerechtigkeit bis zu lokalen Infrastrukturproblemen, dem Müll im Park oder der geplanten Straßenumgestaltung reichen.
Alle Infos zum Projekt unter #Verständigungsorte.
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