Im Jupiter in der Hamburger Mönckebergstraße läuft seit dem 9. Juni die "Aktionswoche Alkohol". Im Mittelpunkt stehen eine Lesung, eine Filmreihe in den Zeise-Kinos und Angebote für Angehörige oder Betroffene. Die Aktionswoche wird von der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen veranstaltet. Drei Fragen dazu an Geschäftsführerin Sarah Kessler.

Was bringt eine "Aktionswoche"? Bedarf es bei Suchtfragen nicht vielmehr individueller Hilfe?

Sarah Kessler: Eine Aktionswoche dient dazu, die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Sucht und Abhängigkeitserkrankungen zu lenken. Zwar ist individuelle Hilfe unerlässlich, doch Aufklärung und Bewusstseinsbildung sind ebenso wichtig, um Vorurteile abzubauen und Betroffene aus der Isolation zu holen. Nur so können wir die Hemmschwelle für die Inanspruchnahme von Hilfsangeboten senken.

"Manche Filme können abschreckend wirken, andere verharmlosen oder verherrlichen den Konsum"

Welche Wirkung haben Filme über Alkoholkonsum oder Alkoholsucht - tragen sie zur "Abschreckung" bei?

Zunächst ist es nicht die primäre Aufgabe von Filmen abzuschrecken. Die Wirkung eines Films hängt stark davon ab, welcher Film betrachtet wird: Manche Filme können abschreckend wirken, andere verharmlosen oder verherrlichen den Konsum, während wieder andere bestenfalls auf das Thema aufmerksam machen, ohne dabei zu stigmatisieren.

Beispielsweise ist ein Film wie "Hangover" aus der Perspektive der Suchthilfe sicherlich kontraproduktiv. Es gibt jedoch auch sehr gute Filme wie "Der Rausch", "One for the Road" oder "Sterben", die sensibilisieren. Diese drei Filme werden im Rahmen der Aktionswoche im Zeise-Kino gezeigt - mit anschließendem Filmgespräch.

Alkohol ist gesellschaftlich akzeptiert. Wie schwer ist es Ihrer Ansicht nach, heutzutage "Nein" zum Alkohol zu sagen, ohne in eine Nische gestellt zu werden?

Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins. 15 Prozent der Deutschen haben einen gesundheitsgefährdenden Konsum. Dennoch ist Alkohol in unserer Gesellschaft tief verwurzelt und wird häufig als Genussmittel und Statussymbol gesehen. Daher fällt es vielen Menschen schwer, Nein zu sagen, ohne als Außenseiter wahrgenommen zu werden.

Gerade für junge Frauen scheint es nur zwei Möglichkeiten zu geben, Alkohol abzulehnen: Eine eigene Suchtgeschichte oder eine Schwangerschaft. Die Möglichkeit, einfach nicht trinken zu wollen, scheint in vielen Köpfen noch immer nicht zu existieren. Hier ist ein Umdenken erforderlich. Wir müssen den Konsum entmystifizieren und den Nicht-Konsum als selbstverständliche Option anerkennen. Nur so können wir einen respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Entscheidungen fördern.

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