Steigende Mieten, steigende Lebensmittelpreise, steigende Energiekosten – das Thema Armut betrifft in Deutschland immer mehr Menschen. Laut dem Ende Juni vom Paritätischen Wohlfahrtverband veröffentlichten Armutsbericht gibt es derzeit 13,8 Millionen arme Menschen in Deutschland, Tendenz steigend.

Für die Betroffenen hat das ganz konkrete, existenzielle Folgen: Armut hat einen negativen Einfluss auf die psychische und körperliche Gesundheit. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) haben von Armut betroffene Menschen ein höheres Risiko für Herzkreislauferkrankungen und eine geringere Lebenserwartung.

Armut kommt von Faulheit?

Trotz dieser Entwicklungen wird das Thema oft gemieden. Das Narrativ, Armut sei das Ergebnis von Faulheit oder hätte gar etwas mit kultureller Herkunft zu tun, ist wirkmächtig. Armutsbetroffene schämen sich oft, über ihre Situation zu reden, machen sich selbst verantwortlich, anstatt systematische Ungerechtigkeiten zu kritisieren. 

Doch langsam wird das Problem in Deutschland sichtbarer. In sozialen Netzwerken wurde kürzlich dazu eine gesellschaftliche Debatte angestoßen. Unter dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen erzählen Menschen auf Twitter ihre Geschichten. 

Satirikerin: Ich bin die Armut

Auch die Satirikerin Sarah Bosetti hat sich des Themas angenommen. Und zwar auf ungewöhnliche Weise: In der ZDF-Sendung "Die Anstalt" vom 19. Juli 2022 nimmt sie selbst die Perspektive der Armut an, spricht also aus deren Sicht.

"Ich bin die Armut", stellt sie sich vor, um gleich darauf klarzustellen: "Kein Grund, so mitleidig zu gucken." Denn: 

"Wisst ihr, wie viele Menschen mir gehören?"

Selbst Liebe ("dieses Ding, das euch manchmal verrücktes Zeug tun lässt), sei nichts gegen sie, fährt sie in ihrer Rolle als die Armut fort. Denn diese sei viel zu selektiv: "Ich bin die Armut, ich nehme sie alle."

Hier das ganze Video von Sarah Bosetti sehen:

Kreislauf der Armut

Bosetti beschreibt den Kreislauf sehr anschaulich: Millionen von Menschen würden ihr, der Armut, täglich geschenkt, einfach, weil sie in armen Familien geboren würden. Natürlich gebe sie diese nicht mehr her, wo sie sie schon mal habe:

"Ich will mich nicht beschweren, aber ihr macht es mir fast schon zu leicht."

Auch auf den Gender-Aspekt geht Bosetti ein: Sie besitze so viele Frauen, dass sie über eine Männerquote nachdenke, ätzt sie. Sarkastisch bedankt sie sich beim Publikum dafür, dass es Schwarze, Migrierte und andere Marginalisierte ausgrenze, diskriminiere, ausbeute. 

Kurz habe sie befürchtet, die globale Pandemie würde zu mehr Solidarität führen. Doch die Realität habe sie schnell eines Besseren belehrt. 

Persönlicher Dank an Putin

Ganz persönlich bedankt sich Bosetti alias die Armut dann noch beim russischen Präsidenten Vladimir Putin:

"Ist ja schön, dass ihr eure Klamotten bei Primemarkt kauft, aber so ein Krieg bringt mir persönlich mehr."

Zum Abschluss legt sie den Finger direkt in die Wunde, betont, dass es alles ganz anders laufen könne. Es gebe ja genug Geld für alle, genug zu essen. 

"Ihr müsstet es nur ein ganz klein bisschen gerechter aufteilen."