Stagflation – ein ökonomisches Horrorwort, das man eigentlich in die inzwischen schon ganz schön ferne Vergangenheit der 70er-Jahr gebannt wähnte: Die Wirtschaft stagniert, und trotzdem macht galoppierende Inflation besonders die Armen immer ärmer. Die Todesspirale aus steigenden Preisen und (nie ausreichend) steigenden Löhnen, die dennoch weiter steigende Preise und erneute Lohnforderungen nach sich ziehen, dreht sich immer schneller.

Wie der mit Rezession gepaarten Inflation trotzen? Die Löhne weiter niedrig halten? Das hieße, die Inflationskosten vor allem den kleinen Leuten aufzubürden. Menschen mit geringen Einkommen spüren die Inflation vier- bis fünfmal so stark wie Menschen mit hohen Einkommen. Ungerecht und unklug, weil die Kaufkraft schwindet, die Menschen sparen (müssen), was die Krise verstärkt. Aber auch die beschriebene Todesspirale sollte besser nicht in Gang kommen.

Inflation verstärkt die Umverteilung von unten nach oben

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz angestoßene "konzertierte Aktion" von Politik, Gewerkschaften und Arbeitgebern weist daher in die richtige Richtung. "In der Krise zusammenstehen" klingt nach einer Plattitüde – und ist trotzdem nicht falsch.

Inflation verstärkt die Umverteilung von unten nach oben. Wo die sozialen Differenzen wachsen, nehmen auch die Spannungen zu. Gut ist alles, was Spannungen aus der Gesellschaft, aber auch der Wirtschaft nimmt. Denn manche Wirtschaftsbranchen kommen besser durch die Krise. Oder verdienen sogar kräftig an ihr, wie die Mineralölkonzerne. Sie sollten stärker belastet werden und umgekehrt besonders belastete Branchen gezielt entlastet.

In der Sozialpolitik müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, die Mitte zu stärken, die kleinen Einkommen anzuheben und sehr große oder "unverdiente" Vermögen (zum Beispiel Erbschaften) stärker an den Lasten zu beteiligen.

Lösungen nach dem Gießkannenprinzip helfen nicht

Es braucht eine gezielte Umverteilung, die diesen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ausgleich im Blick hat. Lösungen nach dem Gießkannenprinzip helfen da meist nicht. In Regelungen über den Preis, wie sie Wirtschafts- oder Ökoliberale gern verfechten, steckt ebenfalls der Teufel der Gießkanne. Auch sie bedeuten faktisch eine Umverteilung von unten nach oben. Das Minus an Wärme, Mobilität und individueller Freiheit bei schmalerem Geldbeutel trifft vor allem die "kleinen Leute".

Nicht nur die Energiefrage, die spätestens ab dem Spätherbst Deutschland mit Macht beschäftigen wird, braucht strukturelle, nachhaltige politische Antworten. Moralorientierte Debatten über die individuelle Duschtemperatur und -dauer wie zuletzt sind da eher kontraproduktiv.