"Verzeih mir" steht in großen Buchstaben auf dem Rücken des Nürnberger Dekans Jonas Schiller. Er steht im Talar am Rathenauplatz in Nürnberg und hält ein paar Tonscherben in der Hand. Einige Passanten bleiben mit etwas Abstand stehen, gucken neugierig und gehen dann weiter. Andere kommen mit dem Pfarrer und seinen Kolleginnen aus dem Nürnberger Norden ins Gespräch.

"Der Buß- und Bettag ist kein gesetzlicher Feiertag mehr. Wenn wir also wollen, dass er zur Geltung kommt, müssen wir rausgehen zu den Leuten", findet Schiller.

 Vergebung und zwar unkompliziert

Das Thema Vergebung, um das es am Buß- und Bettag geht, soll ganz unkompliziert an die Menschen herangebracht werden über die Frage: Bei wem sollte ich mich eigentlich mal entschuldigen? "Die Scherben stehen für das, was vielleicht zerbrochen ist. Für Personen, mit denen ich Streit habe" sagt der Pfarrer. Auf die Scherben können Passanten Namen schreiben und sie neben Kerzen auf dem Boden ablegen. Nach kurzer Zeit sind schon einige zusammengekommen. Auf einer Scherbe steht "Opa", auf einer anderen "Elisabeth". Auch einige kyrillische Buchstaben sind zu erkennen.

 "Ich finde das eine gute Aktion", sagt eine junge Frau, die sich eine Weile mit einer Pfarrerin unterhalten und dann eine Scherbe beschriftet und abgelegt hat. "Beim Buß- und Bettag ist einem nicht so bewusst, worum es eigentlich geht." Sie sei zwar Christin, sagt die Frau, aber nicht sehr aktiv. Die Aktion habe sie zum Nachdenken gebracht, "weil man schlägt sich immer mit dem Gedanken rum, dass man sich bei jemandem entschuldigen könnte, es aber nie dazu kommt."

PopUp Church ist da, wo die Menschen sind

Dieses Innehalten und Nachdenken ist das, was Pfarrerin Tia Pelz von der Melanchtonkirche sich von der Aktion erhofft, die sie zusammen mit anderen unter dem Namen "PopUp Church" während ihres Vikariats in Hamburg entwickelt hat:

"Das Ziel war, die tolle Botschaft der Kirche da hinzubringen, wo die Menschen sind. Wir wollen zuhören, gute Fragen stellen und mit kleinen Symbolhandlungen Menschen helfen."

Das könne bei jeder "PopUp Church" etwas anderes sein. Wichtig sei nur, außerhalb des kirchlichen Raums ansprechbar und streitbar zu sein. Das sei auch die Idee hinter dem "Verzeih mir"-Schild gewesen. "Das ist natürlich doppeldeutig", sagt Schiller. "Es gibt auch Vieles, für das sich die Kirche entschuldigen muss. Ich finde, das tun wir in der Evangelischen Kirche auf eine gute Art und Weise. Hier nutzen wir die Chance, zu erklären, wie wir das, was falsch lief und läuft, anders machen wollen." In Zukunft kann sich der Dekan noch mehr solcher Aktionen vorstellen, zum Beispiel an Weihnachten.

Positive Öffentlichkeitsarbeit

Tia Pelz unterhält sich mit manchen Leuten nur kurz, mit anderen führt sie längere Gespräche. Zwei Schüler, ungefähr zwölf Jahre alt, fragt sie, ob sie denn wüssten, warum sie an diesem Tag frei haben. "Ich hatte auch ein längeres Gespräch mit einem jungen Mann, der ganz offen von Verletzungen erzählt hat, die er schon vor einer Weile erlebt hat. Ich glaube, das saß bei ihm ziemlich tief." Für Pelz ist die "PopUp Church" nicht nur die Möglichkeit, unkompliziert auf Menschen zuzugehen, sondern bei bleibend hohen Austrittszahlen auch eine positive Art der Öffentlichkeitsarbeit. "Die Kirchensteuer bezahlt eben nicht nur Gebäude, sondern auch Menschen, das vergessen die Leute glaube ich oft. Und wir sind für sie da, wenn sie uns brauchen."