Doppelter Abschied: Wenn Dekan Mathis Steinbauer am Sonntag (12. Januar) in den Ruhestand verabschiedet wird, beginnt nicht nur für ihn ein neuer Lebensabschnitt, sondern auch eine neue Zeit im Dekanat München. "Ich war der letzte Dekan mit Pfarramtsführung", sagt der Theologe. Nach der beschlossenen Strukturreform werden die drei Dekane-Tandems in München "nur" noch Leitungsaufgaben übernehmen. Um für die neue Struktur den nötigen Zeitpuffer zu schaffen, war Steinbauer extra ein Jahr länger im Amt geblieben.
Sein ganzes Berufsleben lang hat der Pfarrer im Spagat zwischen verschiedenen Anforderungen verbracht. Schon im Vikariat in Bad Wiessee und später wieder im Kleinwalsertal teilte er seine Kraft zwischen Urlaubern und Einheimischen auf. Als Referent im Landeskirchenamt war er elf Jahre lang sowohl für Kirche und Tourismus als auch für Gottesdienst und Verkündigung zuständig. Die letzten 17 Jahre in Ottobrunn schließlich leitete er die Geschicke der Ortsgemeinde und war zugleich für elf Gemeinden im Prodekanat Südost verantwortlich. Die Doppel-Aufgaben "waren immer vielfältig und haben sich gegenseitig befruchtet", bilanziert Steinbauer.
Besonders geschätzt habe er im Prodekanat die solidarische Zusammenarbeit. "Wir haben schon 2007 mit Arbeitsgemeinschaften zwischen Gemeinden begonnen", sagt der scheidende Dekan. Was jetzt mit den "Nachbarschaftsräumen" im Gesamtdekanat etabliert werden solle, sei also im Südosten schon gute Praxis.
Ein Highlight der Gemeindearbeit an der Michaelskirche Ottobrunn war für ihn der Bau des Foyers, den die Gemeinde mit einer Million Euro selbst finanziert hatte. Die Konzerte und Ausstellungen dort "sprechen ganz andere Zielgruppen an", sagt Steinbauer. Sein Geheimnis für ein aktives Gemeindeleben sei der erweiterte Kirchenvorstand. Zwar sei das Gremium mit über zwanzig Menschen groß, "aber zugleich habe ich alle Kompetenzen beieinander und viele, die mitarbeiten wollen", sagt Steinbauer.
Den Veränderungen in der Kirche sieht er gelassen entgegen. "Wir haben tolle Leute, die sollten wir nicht mit Gejammer verschrecken", findet der Pragmatiker. Gemeinden müssten ihre Stärken gut einsetzen, Doppelungen sein lassen und gut zusammenarbeiten. Sein Wunsch für die Zukunft der bayerischen Kirche beruht auf seinen Erfahrungen in Kanada, wo er nach dem Vikariat vier Jahre lang in einer lutherischen Gemeinde tätig war. "Das waren etwa 300 Mitglieder, und das Geld für den Pfarrer und die Gemeindearbeit war das, was am Sonntag in der Kollekte lag", erinnert sich Steinbauer. Eine solche Kirche strahle nicht nach außen, sondern sei "wie ein kleines Königreich" in erster Linie mit sich selbst beschäftigt.
Das ist keine Option für den überzeugten Volkskirchler: "Wir brauchen eine Kirche, die in die Gesellschaft hineinwirkt."
Mit dem Mitgliederschwund und den knapperen Geldern so umzugehen, dass Kirche "nicht kleinkariert oder vereinsmäßig" werde, sei die Herausforderung für die Zukunft. Vielleicht wird Mathis Steinbauer sie künftig von seinem neuen Wohnort im Münchner Westend mitgestalten - in der Doppelrolle als Ruhestandspfarrer und Ehrenamtlicher.
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