Frau Frey-Scholz, wer hatte die Idee mit der Weidenkirche?

Die ist auf einer Klausur zum Thema Spiritualität der Mitarbeitenden des Amtes für Jugendarbeit entstanden. Eine Kollegin und ich hatten die Idee, mit Jugendlichen einen spirituellen Ort in der Natur zu gestalten. Dabei kam uns die Weidenkirche in Kaiserslautern in den Sinn, die auf der dortigen Landesgartenschau entstanden ist. Kaiserslautern stand übrigens für uns Pate und stellte uns alle Pläne zur Verfügung.

Bei den Ehrenamtlichen und Jugendlichen der Evangelischen Jugend (EJB) fand der Vorschlag schnell Anklang. Die Sehnsucht nach einer natürlichen und offenen Kirche war da. In Pappenheim konnten wir von einer Kollegin, die dort lebt, das Grundstück an der Altmühl günstig pachten. Das bot sich gut an, da Weiden am besten in der Nähe von Wasser gedeihen.

So bauten über 100 junge Menschen der Evangelischen Jugend in Bayern in den Osterferien 2007 eine Kirche ohne Steine und Mörtel, aber mit lebenden Wänden: natürlich, offen und sich mit den Jahreszeiten verändernd. Als Grundlage diente der Bibelvers

"Siehe ich will ein neues schaffen, jetzt wächst es auf" (Jes. 43,19).

Aus welchen Bestandteilen ist die Weidenkirche aufgebaut?

Sie ist wörtlich eine Kirche aus Weidenruten. An den Stahlrohren, die das Gerüst bilden, wurde Jute geschlungen. Über tausend Weidensetzlinge, die aus allen Regionen Bayerns beschafft wurden, wurden in die Erde gesteckt und um die Stahlrohre gewickelt. Sieben Rundbögen bilden das Kirchenschiff und zwölf Bögen die Kuppel. Die Kirche ist etwa 30 Meter lang und bietet Platz für rund 150 Personen.

In welchem Zeitraum werden Gottesdienste gefeiert?

Vor allem von April bis Oktober, in dieser Zeit findet einmal im Monat ein Gottesdienst statt. Aber auch an Pfingsten, Erntedank oder zu besonderen Anlässen. Es gibt Radlgottesdienste, Mundart-  oder Schöpfungsgottesdienste, angeboten von der Kirchengemeinde in Pappenheim, der  Evangelischen Landjugend und der EJB. Sehr beliebt sind auch Trauungen und Taufen. Hier kooperieren wir sehr eng mit dem Pfarramt in Pappenheim, da alle Kasualien in deren Büchern vermerkt werden.

Auch Tagungsgäste der nahegelegen Bildungsstätte kommen für Andachten in die Weidenkirche und Wanderer und Radfahrer nutzen die Sitzgelegenheiten, die zu jeder Jahreszeit zur Verfügung stehen, zur Rast, zum Innehalten und zum Gebet. Die Besucher spüren die Kraft und Besonderheit dieses Ortes und fühlen sich davon angezogen.

Wer hält die Weidenkirche in Schuss?

Immer im September wird zu einem "Pflegewochenende" eingeladen. Ehrenamtliche, Jugendliche und ehemalige Weidenkirchenbauer kommen zusammen, um die Kirche in Form zu bringen: Zweige werden zurückgeschnitten, Totholz entfernt und Auswüchse festgebunden. Für die Pflege steht ein erfahrender Landschaftsgärtner zur Verfügung, der schon beim Bau dabei war und sich jetzt ehrenamtlich für die Naturkirche engagiert.

Jugendliche bei der Pflege der Weidenkirche

Welche Kosten sind damit verbunden?

Die Weidenkirche wurde mit Hilfe von Spenden und Sponsoren finanziert. So wurden die Stahlrohre im Wert von rund 10.000 Euro gespendet. Der Bau selbst wurde vor allem durch ehrenamtliche Leistungen getragen. Kreuz, Altar und Bodenplatten waren ebenfalls Spenden. Dazu gab es eine Förderung durch die Landeskirche und den Bayerischen Jugendring.

Und wem "gehört" die Kirche dann?

Die Weidenkirche gehört der Evangelischen Jugend in Bayern. Wir kooperieren sehr eng mit der Landjugend in Bayern und dem Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrum in Pappenheim.

Was erwartet die Besucher zur Geburtstagsfeier am 9. und 10. Mai?

Am 9. Mai stehen vielfältige Angebote auf dem Programm: gemeinsames Kochen und Essen an einer langen Tafel,  Musik machen und Singen, verschiedene kreative Workshops und eine Mitternachtsandacht. Ab 22 Uhr kommt eine Band. Die Jugendlichen übernachten in Zelten und frühstücken am nächsten Tag zusammen. Dann wird aufgeräumt und die Kirche für den Festgottesdienst vorbereitet.

Den Gottesdienst an Christi Himmelfahrt hält Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm mit Jugendlichen der EJB. Was bisher in der Weidenkirche fehlte war ein Taufbecken. Der Künstler Clemens Hutter aus Wunsiedel, selbst engagierter Ehrenamtlicher der EJB, stellt dieses anlässlich der Feierlichkeiten in der Weidenkirche auf und der Landesbischof weiht es ein. Nach dem Gottesdienst laden wir zu Begegnung und Gespräch ein, während die Kirchengemeinde Pappenheim alle mit Bratwürsten und Kuchen versorgt. Und am Nachmittag beginnt dann der Landesjugendkonvent, das Delegiertentreffen der Ehrenamtlichen der EJB.

Was gefällt Ihnen persönlich am besten an der Naturkirche?

Wer einmal in der Weidenkirche steht, umgeben von Grün, und durch die Öffnung in der Kuppel in den Himmel blickt, der kann ihn spüren: Den Geist Gottes. Das ist für mich der schönste Blick.