Für meinen letzten Artikel in meinem Freiwilligenblog habe ich euch über unseren Newsletter gefragt, wie ihr eigentlich zu den klassischen Sonntagsgottesdiensten steht. Vielen Dank für eure zahlreichen und spannenden Antworten – hier findet ihr eine Auswahl:
"Mir ist es wichtig, dass Gottesdienste an Sonntagen angeboten werden. Ich würde mir aber mehr verschiedene Gottesdienstformen mit weniger traditioneller Liturgie und fröhlicheren Liedern wünschen! Gottesdienste, die keine Vortragsgottesdienste sind, sondern in denen auch die Gemeinde mit einbezogen ist. Sei es beispielsweise durch Fragen zum Nachdenken, Bildbetrachtung zu biblischen Inhalten, Fürbitten aus der Gemeinde, ein Thema stellen und die Gemeinde gruppenweise darüber sprechen lassen, vielleicht ein Fazit am Ende des Gruppengesprächs ziehen lassen. Gerne weiterhin singen. Ich freue mich auch über verschiedene Angebote unter der Woche zum Beispiel Bibelkreis, Singkreis." (Christa Knoblauch)
"Der klassische Sonntagsgottesdienst spricht SeniorInnen an. Die Jugend nicht. Man sollte die Kirchen aufmachen und Gespräche anbieten. Das starre Format der Gottesdienste passt nicht mehr in die Zeit – so sehe ich das. Wenn Gottesdienst, dann immer am Samstagabend. Familien möchten Sonntag früh nicht unbedingt mehr Gottesdienste besuchen, sondern in Ruhe zusammen frühstücken. Oder später einen Ausflug machen, nicht still sitzen in der Kirche.
Der optimale Gottesdienst für mich wäre, wenn man da wirklich Menschen treffen würde, die mit mir ihren Glauben teilen. Aber ich treffe hier meist dieselben Menschen, mit denen ich im Alltag nichts zu tun habe. Leider. Glaubensgespräche führen wir als Ehepaar, aber das kann ich auch zu Hause, ohne langweilige Gottesdienste. Meist werden auch noch Lieder gesungen, die nicht singbar sind." (Ingrid Müller)
"Am Gottesdienst muss sich grundlegend etwas ändern. In der Katholischen Kirche gibt es eine Reformbewegung, die ich nur begrüßen kann. In der These 5 wird das christliche Heilen angesprochen und ich sehe es auch so. Wir müssen anfangen tiefer und freier zu denken, sonst folgen wir Christus nicht." (Herbert Sauer)
"Fast jeden Sonntag bin ich in meiner oder einer umliegenden Gemeinde im Gottesdienst. Und auch im Urlaub gehört der Gottesdienstbesuch dazu. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich es seit meiner Kindheit so gewöhnt bin (mittlerweile bin ich 64). Aber vor allem liebe ich die Gemeinschaft mit meinen Mitchristen. Ich kann nicht allein oder vor dem Fernseher Gemeinde sein. Für mich war an Corona am schlimmsten, dass eine Zeit lang die Gottesdienste verboten waren.
Ich liebe es, gemeinsam unserem Gott zu singen und zu ihm zu beten. Es ist wunderbar, einer Predigt zu folgen und sich von der predigenden Person direkt angesprochen zu fühlen. Mir ist klar, dass wir Gottes Wort auch außerhalb des Gottesdienstes verbreiten müssen, weil immer weniger Menschen den Gottesdienst besuchen. Aber für mich ist jeder Gottesdienst ein Geschenk, auf das ich mich jede Woche freue!" (Inge Schiele)
"Es ist für mich vor allem seit der Konfirmation meines Sohnes vor circa fünf Jahren noch viel mehr sonntägliches Ritual geworden hinzugehen und so hoffe ich, dass diese Möglichkeit weiterhin bestehen bleibt. Ich freue mich den einen/die andere zu sehen und zu sprechen, auch wenn man sonst nicht unbedingt privat etwas zusammen macht. Gottesdienst mit seiner Liturgie war für mich auch einmal ein starkes Heimaterlebnis nach einem dienstlich bedingten Umzug in die Ferne. Das hat mir gutgetan.
An sich besuche ich aber auch gerne andere Gottesdienstformate. In meiner Nachbargemeinde gibt es zum Beispiel ab und an im Jahr einen 'Anderen Gottesdienst'. Da kommt man immer miteinander ins Gespräch; ab und an findet beispielsweise ein Bibliolog statt. Oder Schulgottesdienste der Schule, an der ich arbeite. Diese sind immer sehr lebendig und von einem größeren Team, unter anderem auch von Schüler*innen, zu einem bestimmten Thema gestaltet." (Kathrin Gunst)
"Es sollte auf jeden Fall an den Sonntagsgottesdiensten festgehalten werden, weil sonst eine weitere Aufweichung der Traditionen droht. Natürlich kann man weitere Gottesdienste unter der Woche anbieten, aber der erste Tag der Woche soll dem Gottesdienst vorbehalten bleiben." (anonym)
"Der Sonntagsgottesdienst bedeutet mir viel, vor allem die Predigt und das gemeinsame Singen in einem schönen Raum. Für eine gute Predigt fahre ich auch ein Stück Weg. Wenn das nicht geht, höre ich mir die Radiopredigt an. Ich freue mich über einen guten Gedanken, den ich in die Woche mitnehmen kann und den ich in mir bewege.
Das tut mir gut. Die Liturgie würde ich weglassen und mehr neue Lieder einbauen. So schön die alten sind, die Sprache ist oft schwer verständlich und überholt. Gottesdienste zu bestimmten Anlässen wie Familien-, Jugend-, Jubelgottesdienste oder Gottesdienste zu bestimmten Festen in den Gemeinden oder im Freien werden gut angenommen, das darf man nicht übersehen." (Barbara Baader)
Warnung vor Schnellschüssen
"Ich denke, dass der Sonntagsgottesdienst nach wie vor der zentrale Ort des Gemeindelebens ist und sein soll. An Orten mit mehreren Kirchen ist es sinnvoll, diese Gottesdienste zu unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlicher Prägung anzubieten. Die Zielgruppenabgebote unter der Wochen können den Sonntagsgottesdienst nicht ersetzen." (Ernst Schwab)
"Ich empfinde es als eine sehr traurige Angelegenheit, bei der Wertigkeit der Sonntagsgottesdienste derart einzuknicken – das betrifft eine Vielzahl meiner Kolleginnen und Kollegen. Zwar kann ich verstehen, dass es Frust gibt, wenn die Zahlen abnehmen. Aber dann gleich davon auszugehen, dass die Nachfrage diesbezüglich nicht mehr groß besteht, finde ich einen Schnellschuss.
Wir erfreuen uns einer guten Gottesdienstbesucherzahl zwischen 90 und 150 Besuchern in unseren sonntäglichen Gottesdiensten. Zwei der Sonntage sind dabei klassisch und die anderen mit Band gestaltet. An den Sonntagen, wenn morgens die Orgel spielt, ist abends ChurchNight, ein modern gestalteter Gottesdienst mit Tiefgang.
Ich glaube, dass die Predigt am Sonntag immer noch eine der wichtigsten Mittel ist, Gottes Menschen zum Glauben zu führen, im Glauben zu ermutigen und für den Weg in der Nachfolge Jesu zu stärken. Dazu müssen selbstverständlich kleine Gruppen unter der Woche kommen, in denen man mit anderen seinen Glauben besprechen und miteinander beten kann. Eine Gemeinde, und ihr voran die Pfarrperson mit Kirchenvorstand, muss schon an Gottes Wort glauben und die wegweisenden Inspirationen des Neuen Testaments für einen gesunden Gemeindeaufbau beherzigen. Ein Pfarrer muss wissen, dass er etwas zu sagen hat von Gott her.
(...) Menschen haben immer noch geistlichen Hunger. Gott will seine Menschen finden, aber er braucht auch Leute, die ihm glauben. Wenn man natürlich nur auf eine Form des Gottesdienstes setzt, obgleich immer weniger kommen, ist es nötig, sich von Gott zeigen zu lassen, wie die Gemeinde wieder Fahrt aufnehmen kann und welche Möglichkeiten man gemeinsam für Gottesdienste sieht." (Pfarrer Thomas Bachmann)
"Ich bin Pfarrer und mit dem Sonntagsgottesdienst sehr verwachsen. Für mich ist es eine seltsame Vorstellung, wenn der Sonntag als Tag des Herrn nicht mehr als Gottesdienst-Tag gehalten würde. Es wäre aus meiner Sicht auch dumm: Ich bin Pfarrer in einer Dorfgemeinde. Der Sonntag ist reserviert für Kirche und für wenige größere Feste der Vereine, bei denen teilweise sogar um einen Gottesdienst gebeten wird. Warum also den Sonntag für Gottesdienst nicht nutzen, wobei die Uhrzeit variabel sein darf." (Pfarrer Stefan Reichenbacher)
"Mir ist der Sonntagsgottesdienst sehr wichtig, da ich Lektorin bei uns bin, ist das wohl auch logisch. Wir haben seit einigen Jahren im August eine Andachtsreihe während der Woche, die gut angenommen wird. Also ab und zu etwas Anderes finde ich schon gut." (Gerlinde Ziermann)
"Euer ganzes Leben sei ein Gottesdienst", schreibt Paulus uns Christen ins Stammbuch.
Ein Gottesdienst ist eine unverzichtbare Lebensäußerung der Gemeinde und nicht etwas, das man auch getrost lassen kann.
Ein Gottesdienst ist auch keinesfalls ein "Angebot"!
Wessen denn? Eines Funktions-Klerus oder eines (frömmeren?) harten Kerns, gegenüber wem denn? gasten, Kunden oder gar "Verbrauchern"? (Was für eine dreiste Beleidigung!): Nein, nichts von alledem! Die Gemeinde feiert ihren Gottesdienst und sucht und beruft sich dafür Begabte und ausgebildete Menschen, von denen sie sich das Evangelium zusprechen, sich taufen und das Abendmahl zubereiten lassen. Ebenso wie die Verkündigung der Einsetzungsworte konstituieren und bezeugen leibhaftig auch alle Mitfeiernden als Mit-Glieder die Abendmahls- Gemeinschaft des Leibes Christi an seinem Leib und Blut.
Das geht nicht alleine. Dies am Tag de Auferstehung zu feiern ist ein eindeutigeres Glaubenszeugnis als an jedem anderen Tag. Auch wenn der Sonntag kommerziell stark ausgehöhlt und die Ruhe zur Erbauung beeinträchtigt ist, dürften an keinem Wochentag mehr Menschen die Möglichkeit haben gemeinsam Gottesdienst zu feiern, denn das geht nie allein und sollte auch nicht immer nur in Neigungsprofilen Gleichgesinnter gefeiert werden. Ein möglichst breit kompatibles Format als Sammelbecken verhindert einseitige Ghettoisierung, ermöglicht aber zugleich kreative Vielfalt von Gottesdiensten an allen Wochentagen einschließlich Sonntag. Freilich wird es immer auch Menschen geben, die gerne mitfeiern würden, aber es aus verschiedensten Gründen nicht können. Für sie feiern alle Anwesenden stellvertretend und fürbittend mit. Denn er ist Gottes Dienst an der Gemeinde und ihr Dienst für Gott, an der ganzen Gemeinde, Kirche, Menschheit und Schöpfung. Dieser Aspekt darf in keinem GD-Format aus dem Blick geraten, sonst wird er zum Selbstzweck und zur Selbstbeweihräucherung in einer separieren Blase. Ohne gemeinsamen Gottesdienst für alle verliert die Gemeinde ihren Fokus, ihre Identität und so sich selbst Feiern wir also umso überzeugter Gottesdienst, an jedem Tag, aber unbedingt regelmäßig am Tag des Herrn dem Sonntag! (Pfarrer, Holger Müller)
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