Mit rund 27 Prozent liegt die Wahlbeteiligung bei den diesjährigen Kirchenvorstandswahlen der bayerischen Protestanten so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. Dank der zum ersten Mal flächendeckend angebotenen Briefwahl gaben rund ein Drittel der Wähler mehr ihre Stimme ab als bei der letzten Wahl vor sechs Jahren (19,9 Prozent), teilte die Landeskirche am Dienstag auf Anfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) mit. Drei Viertel aller Wähler nutzten diese Möglichkeit (Stand: Dienstagnachmittag, etwa 90 Prozent ausgezählte Kirchengemeinden).

Die Präsidentin der Landessynode, Annekathrin Preidel, gratulierte den Gewählten. Ohne Kirchenvorstände "gehe nichts", betonte sie. Denn Kirchenvorsteher bestimmten "den Kurs der Kirchengemeinde" und übernähmen Verantwortung vor Ort und in der Landeskirche. Auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm freute sich über die hohe Wahlbeteiligung. Er dankte allen für ihre Bereitschaft, ihre Zeit und Energie in den Dienst der Kirche zu stellen.

Mehr als ein Drittel der Gewählten wird in der kommenden Periode zum ersten Mal im Kirchenvorstand sitzen. Die meisten Gewählten (60,7 Prozent) sind zwischen 40 und 60 Jahre alt, es folgen die Über-60-Jährigen (21,4 Prozent) und die 20- bis 40-Jährigen (16,3 Prozent). Etwa 1,6 Prozent sind zwischen 16 und 20 Jahre alt. Die neuen Kirchenvorstände sind zu beinahe gleichen Teilen mit Männern (47 Prozent) und Frauen (53 Prozent) besetzt. Die Frauen konnten ihren Anteil seit der letzten Wahl um vier Prozentpunkte steigern.

14- bis 16-Jährige sehr aktiv, ebenso die Rentner

Die höchste Wahlbeteiligung gab es in der jüngsten und in der ältesten Altersgruppe: Mehr als jeder Dritte (35 Prozent) der 14- bis 16-jährigen Wahlberechtigten gab seine Stimme ab, bei den über 60-Jährigen waren es 34 Prozent. Die meisten Wahlmuffel gab es in der Gruppe der 20- bis 40-Jährigen: Hier gingen nur 15 Prozent wählen. Wahlbeteiligungssieger der Kirchenkreise war Ansbach-Würzburg (34 Prozent), gefolgt von Bayreuth (33 Prozent) und Nürnberg (28 Prozent). Die wenigsten Wähler beteiligten sich in München-Oberbayern (19 Prozent), Regensburg (21 Prozent) und Augsburg (22 Prozent).

Auch diesmal zeichnet sich wieder ein teils deutliches Stadt-Land-Gefälle ab. So lag die Beteiligung in den Städten wie Regensburg (16 Prozent), München (17 Prozent), Augsburg (19 Prozent) und Nürnberg (20 Prozent) unter dem Durchschnitt, während in kleinen, ländlichen Dekanaten wie Heidenheim und Wassertrüdingen (Ansbach-Würzburg) oder Thurnau (Oberfranken) mehr als jeder zweite Wahlberechtigte auch sein Kreuzchen machte.

Die Kirchengemeinde mit der vermutlich höchsten Wahlbeteiligung in Bayern ist das mittelfränkische Dühren (Dekanat Dinkelsbühl): Hier waren 96 Prozent zur Wahl gegangen - also 24 von 25 Evangelischen. Auch Ruppmannsburg im Dekanat Weißenburg meldet eine Rekordwahlbeteiligung von beinahe 90 Prozent - hier machten 80 der 89 Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch.

Wahlmuffel leben in den Städten

Die meisten Wahlmuffel dagegen gehören zum Beispiel zur Münchner City-Gemeinde St. Markus: Nur 12,2 Prozent der Wahlberechtigten gaben hier ihre Stimme ab; immerhin aber doppelt so viele wie bei der letzten Wahl. Auch in den fünf Nürnberger Dekanaten ist die Wahlbeteiligung eher niedriger (zwischen 14 und 22 Prozent). Je weiter die Gemeinden vom Stadtkern entfernt liege, umso höher die Wahlbeteiligung, stellte der Dekan im Nürnberger Norden, Christopher Krieghoff, fest: "In der Stadt sind die Leute nicht so sehr mit ihren Gemeinden verbunden".

Wie sie formal richtig wählen, das haben die Menschen diesmal aber gut verstanden: Mit 0,6 Prozent ungültiger und 3,6 Prozent nichtiger Stimmen, also Briefwahlunterlagen ohne Wahlschein, lag die Fehlerquote laut Landeskirche erheblich niedriger als noch beim ersten Briefwahlversuch vor sechs Jahren (20,6 Prozent nichtiger Stimmen).

Insgesamt hatten 2,1 Millionen wahlberechtigte Protestanten in Bayern die Möglichkeit, ihre Kirchenvorstände neu zu wählen. In rund 1.530 evangelischen Kirchengemeinden mussten rund 9.000 Kirchenvorsteher neu gewählt werden. Etwa 2.000 werden nach den Wahlen noch in die Gremien berufen. 17.000 Kirchenmitglieder stellten sich zur Wahl. Wahlberechtigt waren alle Evangelischen ab 16 Jahren. Jugendliche, die konfirmiert sind, konnten bereits mit 14 Jahren zur Wahl gehen. Je nach Größe der Gemeinde sind drei bis zwölf Mitglieder im Kirchenvorstand. Die Amtszeit der neu gewählten Kirchenvorstände dauert sechs Jahre und beginnt offiziell am ersten Advent.