Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, hält das Schrumpfen der Kirche derzeit kaum für umkehrbar. Kirchliche Kampagnen wie "Wachsen gegen den Trend" ermüdeten Kirchenmitglieder, sagte Gohl im Interview mit dem württembergischen Kirchenfernsehen.
Der demografische Umstand, dass weniger junge Menschen nachkommen, sowie der Individualisierungstrend, der den Kirchen, Vereinen, Parteien, Gewerkschaften und anderen Institutionen die Arbeit schwer mache, lasse sich nicht einfach ändern, sagte Gohl.
Hoffnung und Zuversicht in den Mittelpunkt stellen
Der Bischof wirbt aber dafür, statt dem Blick auf Defizite und Probleme stärker die christliche Hoffnung und Zuversicht in den Mittelpunkt kirchlicher Arbeit zu stellen. Durch die Arbeit etwa in Ortsgemeinden, Altenheimen, Hospizen und bei der Telefon- und Notfallseelsorge zeige Kirche, dass sie bei den Menschen in Not sei.
Deshalb brauche es auch Strukturreformen, um beispielsweise Pfarrer vor Ort von Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Außerdem brächten niederschwellige Angebote wie öffentliche Tauffeste Menschen wieder in Kontakt mit Kirche.
Missbrauch: Kirche arbeitet an "transparenter Prävention"
Zum Umgang mit sexuellem Missbrauch sagte Gohl, die Landeskirche kehre hier nichts unter den Tisch. Bei Verdachtsfällen werde sofort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Mit Betroffenen sei man im Gespräch, es gebe auch Anerkennungsleistungen für das, was passiert sei. Zudem arbeite die Kirche an "guter, transparenter Prävention".
Gohl ist seit rund 100 Tagen im Amt. Er war am 24. Juli als Nachfolger von Frank Otfried July eingesetzt worden. Zuvor hatte der Theologe 16 Jahre als Dekan in Ulm gearbeitet.