Viola Kohlberger wollte das hohe Amt der Bundeskuratin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) übernehmen. Sie promoviert demnächst in katholischer Kirchengeschichte, ist bereits Kuratin auf Diözesanebene und seit 25 Jahren im Verband. Ideale Voraussetzungen eigentlich, um geistliche Leiterin der Pfadfinderschaft zu werden.
Vor der Wahl hätte die Kandidatur noch von der Bischofskonferenz, also dem Ständigen Rat der deutschen Katholiken, bestätigt werden müssen. Normalerweise ist das - bei ausreichender Qualifikation - nur eine Formsache. Diesmal nicht. Der Ständige Rat der deutschen Katholiken hat gegen sie gestimmt.
"Warum?", fragten sich zu Recht sowohl die 32-Jährige als auch die DPSG und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Sie alle hielten Viola für mehr als geeignet. Weil sie eine Frau ist? Weil sie sich schon öffentlich kritisch über einzelne Bischöfe und die Bischofskonferenz insgesamt geäußert hat? Vielleicht.
Katholische Pfadfinder*innen starten Petition
Eine befriedigende Antwort der Bischöfe auf ihre Fragen wird sie wohl nicht erhalten. Die Bischofskonferenz hat extra um eine anonyme Abstimmung gebeten, außerdem muss sie ihre Entscheidung nicht begründen. Die Pfadfinder*innen dagegen geben eine klare Antwort auf die Ablehnung: Sie haben eine Petition gestartet.
"Ich bin der Meinung, dass die Öffentlichkeit, die diese Petition bringt, wichtig und vielleicht auch ausschlaggebend sein kann dafür, dass sich tatsächlich etwas ändert. Denn das absolutistische System, die Struktur der römisch-katholischen Kirche lässt es nicht zu, als Nicht-Bischöf*innen internen Einfluss zu nehmen beziehungsweise interne Veränderungen anzustoßen",
sagt Viola Kohlberger gegenüber Sonntagsblatt selbst dazu.
Die Pfadfinder*innen verlangen mehr Vertrauen in die Empfehlungen der Jugendkommission der DBK und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Konkret ist damit mehr Transparenz in Entscheidungsprozessen, rechtzeitige Rückmeldung und Meinungsaustausch vor der endgültigen Abstimmung gemeint. Und ein wertschätzender Umgang mit Menschen, die sich in der Kirche engagieren und für Ämter kandidieren. Außerdem fordern sie in der Petition eine Überarbeitung der Verfahrensordnung für die Bestellung der geistlichen Verbandsleitungen inklusive einer Verlagerung von Entscheidungen in die Jugendkommission.
"Fehlende Kommunikation" der Bischöfe sorgt für "Verunsicherung und Wut"
In der Begründung für die Forderungen heißt es: "Durch diese Entscheidung der Bischöfe sehen wir die Art unserer Beziehung zur Kirche und unsere Rolle in der Kirche grundlegend infrage gestellt. Die Intransparenz der Entscheidung und die fehlende Kommunikation gerade der Bischöfe, die gegen die Kandidatur gestimmt haben, sorgen unter anderem für tiefe Verunsicherung und Wut. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum sich eine Mehrheit der Bischöfe über das qualifizierte Urteil der zuständigen Akteur*innen hinwegsetzt."
Auch in den sozialen Medien war das Echo groß, viele teilten das Entsetzen der DPSG. Viele christliche Jugendverbände veröffentlichten Statements, in denen sie den Ablauf des Bewerbungsverfahrens und den Umgang mit der Kandidatin scharf kritisierten.
"[Es braucht] die Aufmerksamkeit und vielleicht auch den damit einhergehenden Druck der Öffentlichkeit, damit sich Strukturen und Haltungen ändern. Die DPSG hat sich als konkret betroffener Verband positioniert und lädt mit der Petition nun alle dazu ein, sich solidarisch zu zeigen", appelliert Viola Kohlberger.
Mehr dazu findet ihr hier: Petition der DPSG
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