Trotz erheblicher Kritik von Seiten der Kirche und Politik wird ein umstrittener Motivwagen zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche im Kölner Rosenmontagszug präsentiert.

Darum geht es: Der Wagen zeigt einen Messdiener vor einem Beichtstuhl, aus dem sich der Arm eines Geistlichen mit der einladenden Aufschrift "Jesus liebt dich" erstreckt (siehe Artikelbild).

  • Kritiker*innen, darunter Vertreter des Erzbistums Köln, bemängeln, dass die Darstellung suggeriere, Jesus selbst sei in die Missbrauchsfälle involviert.
  • Zugleiter Marc Michelske dagegen verteidigt das Motiv und erklärt, dass die Botschaft "Jesus liebt dich" von Tätern missbraucht worden sei, was auch von Betroffenen bestätigt wurde.

Auch einige CDU-Politiker kritisierten die Darstellung als "geschmacklos" und vertraten die Ansicht, dass der Wagen "in der vorliegenden Form nicht in einen Kölner Rosenmontagszug" gehöre.

Kirchlicher Segen trotz Kritik

Trotz der Kontroverse erhielt der Wagen den traditionellen kirchlichen Segen, wobei Stadtdechant Robert Kleine klarstellte, dass der Segen den Menschen und nicht jedem Wagenmotiv gilt. 

Beim Wagenrichtfest segneten der Kölner Stadtdechant Robert Kleine und der evangelische Stadtsuperintendent Bernhard Seiger die Wagen, ihre Besatzung sowie Helfer*innen. Das Festund der kirchliche Segen der Karnevalswagen sind vergleichsweise junge Traditionen, die sich aus der engen historischen Verbindung von Karneval und Kirche entwickelt haben.

Auch das Festkomitee verteidigte den Wagen. Mit dem Motiv werde die Instrumentalisierung des Glaubens im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch angeprangert, sagte Sprecherin Tanja Holthaus. Das Festkomitee habe nach Veröffentlichung der Wagenskizze Zuschriften von Missbrauchsbetroffenen erhalten, die berichteten, dass sexualisierte Gewalt unter dem Vorwand göttlicher Liebe begangen worden sei.

Nicht die Darstellung des Missbrauchs sei "geschmacklos und peinlich", sondern der Missbrauch selbst und der Umgang damit, betonte Zugleiter Marc Michelske.

"'Jesus liebt Dich' ist ein starker Eckpfeiler auch unseres Glaubens. Wenn man diese Aussage leider doppeldeutig verstehen kann, ist es Aufgabe der Kirche, daran zu arbeiten und verspieltes Vertrauen zurückzugewinnen."

Mit den Persiflagen im Rosenmontagszug wolle man den Finger in die Wunde legen, satirisch zuspitzen und zum Nachdenken anregen. Insgesamt werden bei dem Zug am kommenden Montag 19 Persiflagewagen und viele weitere Festwagen durch die Kölner Innenstadt fahren. 

(om/mit Material von epd)

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