Auf der Herbsttagung der bayerischen Landessynode in Amberg steht das Thema Missbrauch und sexualisierte Gewalt nicht ganz oben. Das ist der Tatsache geschuldet, dass im Herbst traditionell der Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet wird. Zudem hat man sich innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) darauf verständigt, dass alle Gliedkirchen gemeinsam handeln.
Dennoch fand das Thema auch im Bericht des Landesbischofs prominente Erwähnung. Christian Kopp erklärte, nach der Veröffentlichung der ForuM-Studie habe man "intensiv weitergearbeitet an unserem Ziel, ein noch sicherer Ort für alle zu sein". Er betonte, die Evangelische Kirche habe die Studie in Auftrag gegeben, um besser zu werden – das werde in der öffentlichen Wahrnehmung mitunter vernachlässigt.
Landesbischof Kopp: Prävention und Aufarbeitung
Er erläuterte, man habe investiert, in Prävention, in Schutzkonzepte, in die Schulungen aller Mitarbeitenden. Präventionsfachpersonen hätten 2024 bisher 136 Schulungen mit 3.200 Teilnehmenden durchgeführt, sagte Kopp.
An die Fachstelle seien bisher bereits 45 erarbeitete Schutzkonzepte übergeben worden. Die eigenen Fachpersonen seien selbst an 300 Schutzkonzepterstellungen beteiligt:
"Viele Kirchengemeinden und Dekanatsbezirke sind aber eigenständig unterwegs und suchen sich auch externe Fachleute."
Auch die Aufarbeitung solle nicht zu kurz kommen: Gemeinsam mit der Diakonie Bayern arbeite die Landeskirche zudem an der Vorbereitung der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission Verbund Bayern, die im Frühjahr 2025 ihre Arbeit aufnehmen soll. Im Jahr 2024 habe es zudem zwei öffentliche Treffen mit betroffenen Personen gegeben.
EKD-Maßnahmenpaket für alle Landeskirchen
Kopp nahm auch Bezug auf das bei der EKD-Synodentagung in Würzburg vorgestellte und beschlossene Maßnahmenpaket des Beteiligungsforums von Kirche und Diakonie. Mit diesem Maßnahmenpaket verpflichten sich die Landeskirchen und die diakonischen Landesverbände zu bundesweit verbindlichen Standards. Das sei ein Meilenstein für betroffene Personen, sagte Kopp:
"Wir werden auf EKD-Ebene und auch in Bayern alle Maßnahmen sorgfältig in unsere tägliche Arbeit übernehmen und umsetzen."
Besagtes Maßnahmenpaket umfasst insgesamt zwölf Punkte.
Die wichtigsten Maßnahmen:
- Von Missbrauch betroffene Menschen sollen in der evangelischen Kirche ein Recht auf Aufarbeitung bekommen.
- Es soll eine zentrale Ombudsstelle (also eine Beschwerde- bzw. Schlichtungsstelle) eingerichtet werden.
- Die Gewaltschutzrichtlinie der EKD soll mit dem Ziel einheitlicher Standards in der Prävention sexualisierter Gewalt novelliert werden.
- Die Landeskirchen sollen ihre Personalakten systematisch nach möglichen Fällen sexualisierter Gewalt untersuchen.
- Betroffene sexualisierter Gewalt haben bei kirchlichen Disziplinarverfahren künftig Anspruch auf Akteneinsicht, müssen über den Stand des Verfahrens informiert werden und haben das Recht, einen Beistand oder eine Vertrauensperson hinzuzuziehen.
- Die evangelische Kirche will ihr Sexualverständnis mithilfe von Expert*innen kritisch reflektieren lassen und plant eine Publikation dazu.
Landesbischof Kopp versicherte in seinem Bericht schließlich, dass die Landeskirche sich im Rahmen der Landesstellenplanung in 2025 und 2026 darum bemühe, die Projektstellen in der Fachstelle für den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Landeskirche zu "verstetigen".
Aktuell seien sämtliche Stellen bis auf drei Stellen als Projektstellen bis Ende 2027 befristet. Die Fachstelle soll für die Zukunft so aufgestellt werden, "dass wir dauerhaft in allen Bereichen wirksam arbeiten können", sagte er.
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