Die Migrationsdebatte hat die Bundestagswahl bestimmt, und sie steht nun als Streitpunkt im Zentrum der Koalitionsverhandlungen. Die Erwartungen an Union und SPD sind groß, dass etwas Substantielles herauskommt, ein Signal Richtung Migrationswende – ohne dass Deutschland seine Werte verrät.
Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Hans-Eckhard Sommer, musste viel Kritik einstecken für seinen Vorschlag, Flüchtlinge künftig ausschließlich über humanitäre Aufnahmekontingente aufzunehmen.
Richtig an Sommers Vorstoß ist, dass die Politik die Gestaltungsmacht zurückerhalten muss, wie und in welchem Umfang Flüchtlingen geholfen wird. Hier ist eine Kurskorrektur nötig, nicht nur wegen des Aufstiegs der AfD. Die momentane Situation überfordert die Gesellschaft. Ist es jedoch richtig, deshalb gleich das individuelle Asylrecht abzuschaffen?
Plädoyer für Zuwanderung und gegen eine Abschottung vor Schutzsuchenden
Der bayerische Landesbischof Christian Kopp hat nun in seinem Bericht bei der Landessynode in Augsburg für einen differenzierten Umgang mit dem Thema geworben. Es war ein Plädoyer für Zuwanderung und gegen eine Abschottung vor Schutzsuchenden.
Aber Kopp machte auch klar: "Es gibt ein Zuviel an Aufnahme." Er erinnerte an eine Aussage von Altbundespräsident Joachim Gauck, der angesichts der Migrationsströme nach Deutschland erklärt hatte: "Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich."
Bei ihm ist angekommen, dass Landräte und Bürgermeister aufgrund der hohen Zahlen an Einwanderern von Überlastungen berichten. Er verwies außerdem auf das kürzlich vom Landeskirchenrat veröffentlichte Positionspapier zu dem Thema. Dort werden die Sorgen vieler Menschen um die innere Sicherheit thematisiert, und es wird die Frage nach dem Umgang mit verurteilten Straftätern mit Migrationshintergrund gestellt. Es sei nötig, diese Probleme zu benennen – "nicht, um Ängste zu schüren, sondern um Lösungen zu finden".
Migration soll nachvollziehbar gesteuert werden
Die bayerische Kirche hat Position bezogen – christlich fundiert, aber auch realitätsnah: Migration soll nachvollziehbar gesteuert werden, die europäischen Außengrenzen müssen geschützt werden, um die innere Ordnung zu bewahren, sie sollten aber gleichzeitig für Schutzbedürftige durchlässig bleiben.
Man kann nur hoffen, dass die bayerische Position die anderen evangelischen Landeskirchen inspiriert – und die Evangelische Kirche (EKD) insgesamt, denn vor allem dort ist eine realistischere Sicht auf die Migration wünschenswert.
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Ach. Statt der Politik zu…
Ach. Statt der Politik zu erklären wie sie außerhalb der Verantwortung und Möglichkeiten der Kirche zu agieren hat, sollte die Kirche vielleicht erst einmal in sich gehen und ihre eigene Haltung kritisch hinterfragen. Dieser Beitrag wirkt sehr nach Fahne im Wind genauso wie zuvor besonders laut gejubelt und moralisch über Skeptizismus geurteilt wurde. Es ist aber nicht Aufgabe der Kirche Politik zu machen sondern den Menschen Mut zu machen ihrem Gewissen zu folgen, auch schwierigen Situationen mit Hoffnung und Mut zu begegnen und sich dabei aber nicht in Traumwelten zu flüchten oder Dogmatismus zu verrennen. Da der Skeptizismus nun mainstream wird, ist es gerade jetzt wichtig weiter auf die individuellen Menschen zu sehen. Gerade jetzt geht es oft um die Familien derer, die zu uns unter Gefahr und Einsatz gekommen sind und die im hier etwas Fuß gefasst haben. Wenn wir die aussperren, machen wir nichts besser, sondern bringen die Leute in Distanz zur Gesellschaft und verschlechtern ihre ohnehin noch schwierige Situation. Wenn heute über Ausweisung und Abschiebung gesprochen wird, so erwischt es oft arme Teufel, die hier eigentlich nur sehr bemüht sind ein normales Leben zu führen, während die Gangster, die wir loswerden wollen zu schlau sind einfach zu gehen und sich brav bei der Meldebehörde einzutragen. Wenn wir hier billige Arbeitskräfte wollen, so nehmen wir sie anderen Ländern weg, die sie vielleicht zum Landesaufbau brauchen. Durch Flucht und Krieg gezeichnete junge Leute in Unsicherheit und zum Nichtstun verpflichtet in Warteschleifen aus temporärer Duldung-Anhörung-Ablehnung-Duldung hängen zu lassen, beschäftigt nicht nur Behörden unnötig, es destabilisiert auch diese Leute und macht sie anfällig für Drogen und Gewalt. Statt dem zu Applaudieren, was eh "alle" denken, könnte die Kirche auch aufgrund ihrer Begegnungen in der Flüchtlingsarbeit aus Fällen Menschen, aus diffusen Ängsten Begegnungen und realistische Betrachtungen und Möglichkeiten der Problemlösung machen. Anders als es gestern und heute kommuniziert wird, war das Glas nämlich immer halb voll oder leer je nach Blick. Es geht jetzt nicht darum es auszukippen sondern das Erreichte zu würdigen und aus Fehlern zu lernen - in der Kirche wie außerhalb. Dazu braucht es sowohl Selbstkritik als auch etwas Stolz und Mut für das, was kommt. Die Politische Debatte fokussiert sich auf Extreme und Emotionen. Das kann nicht die Welt der Kirche sein, die eine weitere Perspektive hat auf das Ewige wie das Leidende, die nicht gefallen muss sondern etwas ärgern und nerven darf und doch liebevoll sein soll gegenüber jedermann und jederfrau.