"Dekan Thomas Guba am Telefon, Dekanat Bayreuth-Bad…, ach warten Sie, nein Dekanat Weiden…, also eigentlich Dekanat Cham, Sulzbach-Rosenberg und Weiden", fast bekommt Thomas Guba den Dekanatsnamen gar nicht ausgesprochen, so sehr lacht er über seine kurze Verwirrung: "Bei so einem langen Namen muss man sich richtig konzentrieren."
Seit 1. Juli 2024 sind die drei Dekanate zu einem verschmolzen. Bis 2032 sollen aus 64 bayerischen Dekanaten nur noch 44 werden. Eine Zahl, für die es im Moment noch keine Rechtsgrundlage gibt, sondern lediglich eine Anregung des Landeskirchenrats. Es ist eine Maßnahme, um die schrumpfende Anzahl der Kirchenmitglieder und den damit einhergehenden Stellenabbau aufzufangen. Thomas Guba hält dies wie auch viele seiner Kollegen für einen notwendigen Prozess mit vielen Vorteilen. Ob das Hauptziel der Stelleneinsparung dadurch überhaupt erreicht wird, ist jedoch unklar.
Synergieeffekte durch Fusionen?
Thomas Guba spricht von der sinnvolleren Platzierung von Personen und davon, Stellen spezifischer besetzen zu können. Der Synergieeffekt und die damit verbundenen besseren Organisationsstrukturen könnten zum Beispiel zu der Verbesserung der Kirchenmusik und der Klinikseelsorge führen, da mehr Menschen mit Expertise zusammenarbeiten.
Durch die Zusammenlegungen sei die Last auch besser verteilbar, bestätigt Dekan Christian Aschoff, dessen Dekanat Gunzenhausen in Mittelfranken nun mit Heidenheim fusionieren wird. Außerdem begrüßt er, dass durch diese Maßnahme nicht nur auf der Ebene der Gemeindepfarrer Personal eingespart, sondern auch auf der Ebene der Dekanate Stellen abgebaut würden.
Dennoch ist nicht klar. Wie kommt man zu dem Punkt, an dem diese Synergieeffekte eintreten? Wie sollen die Hauptamtlichen sich über die neuen weiten Strecken gut genug kennen, um zusammenzuarbeiten?
Sonst gehe die Vor-Ort-Präsenz verloren und, so Dekan Aschoff, "das kollegiale Miteinander" bleibe auf der Strecke. Dekan Reiner Redlingshöfer, dessen Dekanat Gräfenberg, sich in der Fusion mit Forchheim befindet und Dekan Armin Diener, aus dem neu zusammengelegten Dekanat Donau-Ries, müssen sich über den möglichen Verlust von Nähe jedoch keine Sorgen machen. Auch nach der Fusion handelt es sich bei ihnen nicht um allzu große Dekanate.
Dekanate: Herausforderung der Gemeindearbeit
Nicht nur im räumlichen Sinn solle ein Dekan nicht allzu weit entfernt sein, auch solle er den Bezug zur Gemeindearbeit nicht verlieren, meinen Volker Pröbstl und Peter Bauer. Sie sind Dekane in Selb und Wunsiedel und damit potenzielle Fusionspartner.
Dekan Guba kann bei diesem Thema aus Erfahrung sprechen. Er habe nach der Fusion fast nur noch Leitungsaufgaben und bemühe sich trotzdem noch in der Gemeinde zu sein, also mindestens einen Gottesdienst im Monat zu halten. Ob das genügt?
Für die einzelnen Gemeinden hingegen, beziehungsweise deren Mitgliedern soll die Veränderung kaum spürbar sein und wenn, dann positiv durch kompetentere Strukturen. Außer bei Gemeinden, die ihren Dekanatssitz verlieren. Diese werden sich an einen neuen Gemeindepfarrer gewöhnen müssen. Auch die Ehrenamtlichen sind betroffen, auch sie haben dann weitere Strecken zu bewältigen. Peter Bauer stellt sich besorgt die Frage, was sie alles auf sich nehmen werden.
Identitätsverlust und Traditionen
Ebenso schwer fällt es manchen, das Dekanat aufzugeben, da eine lange Geschichte und deren Identität verloren zu gehen droht. So berichtet Dekan Diener, dass Oettingen, Nördlingen und Donauwörth alle eine große Tradition beherbergen. Oettingen war früher Landeskirche und ist jetzt kein eigenes Dekanat mehr.
Dekan Aschoff gibt zu bedenken, dass es sehr viel Vertrauen benötigt, dem Fusionspartner gegenüber. "Oft gibt es Vorurteile über den anderen Partner und über die jeweiligen Motive", sagt er und deshalb sei klar: Alle müssen bei einer Fusion mitgenommen werden. Dennoch sei es wichtig eine Kenntnis für die lokalen Gegebenheiten zu behalten, gerade wenn es um Stellenplanung und Immobilienbesitz geht, so Dekan Pröbstl.
Evangelischer Dekanate: Keine Fusion um der Fusion willen
Alle Dekane betonen, wie wichtig es sei, dass alle Parteien hinter der Fusion stünden und sie guthießen. Die Menschen müssten davon überzeugt sein, damit solch eine große Veränderung gut strukturiert ablaufen könne.
Dekan Redlingshöfer betont deshalb, "wie wichtig es ist, viele, viele, viele Gespräche zu führen". Bei seinem Dekanat scheint es dabei kein Problem zu geben. Behutsam und über längere Zeit wurde die Zusammenlegung vorgestellt und diskutiert. Außerdem würden Gräfenberg und Forchheim ohnehin ähnlich ticken, weil sie politisch dem gleichen Landkreis angehören. Es handele sich hierbei also nicht um eine künstliche Zusammenlegung, sondern um den nächsten logischen Schritt.
Eine pure "Fusion der Fusions Willen", wie Peter Bauer es nennt, hätte im Gegensatz dazu keine geistige Begründung und wäre "organisatorischer Schwachsinn". Außerdem kritisiert er, dass Gemeinden nicht genug einbezogen würden. Es sei versprochen, aber nicht gut umgesetzt worden, dass Gemeinden selbst überlegen dürften zu welcher neuen Größe sie sich zugehörig fühlten.
Gemeinschaft neu schaffen
Nach einer Zusammenlegung muss das neue Gemeinschaftsgefühl erst aufgebaut werden. In Oettingen wird das alte Dekanat verabschiedet, mit einem Festakt zur Erinnerung, keinem Trauergottesdienst und der Zusammenschluss von "Donau-Ries" im Januar gesondert willkommen geheißen.
Dekan Diener ist es wichtig zu betonen, dass damit etwas ganz Neues anfängt, die alten Dekanate würden nicht zusammengestückelt. Dekan Guba erklärt: "Der Name Dekanat Cham, Sulzbach-Rosenberg und Weiden ist etwas sperrig", sie befänden sich gerade auf Namens- und Logosuche.
So schön es ist zu sehen, dass neue Gemeinschaften entstehen und sich etwas verändert, so drängend bleibt doch die Frage, ob die Aufbruchsrhetorik und der Wunsch, endlich etwas tun zu können, von Erfolg gekrönt sein wird.
Kommentare
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Wir haben ein Dekanat da…
Wir haben ein Dekanat da liegen die Ortschaften sehr weit auseinander.
Es geht über drei Landkreise.
Manche Ortschaften kennt man nicht.Eine Reform waere da auch sinnvoll,stattdessen plant man noch ein weiteres Dekanat dazuzunehmen.
Schon jetzt ist der Dekan überfordert und hat selten Zeit als Ortspfarrer da zu sein.
Das Unabwendbare soll man…
Das Unabwendbare soll man nicht aufschieben, aber man muss es auch nicht schön reden: Das Schrumpfen ist prinzipiell keine schöne Entwicklung. Zusammenarbeiten kann man auch ohne es. Ich finde hier die Jubelrhetorik die aus manchen kirchlichen Schreiben zu sprechen scheint etwas unangebracht. Verlust von Gemeinden, Pfarrern, Ehrenamtlichen und auch des Überbaus ist erst einmal traurig und da darf man auch ruhig traurig sein ohne den Glauben an die Zukunft und den Optimismus, den es im Leben wie im Glauben braucht grundsätzlich aufzugeben. Meine "Taufkirche" wurde "entwidmet". Es war schön, dass zum beinahe Covidende vor dem bereits geschlossenen Gebäude noch einmal ein Weihnachtsgottesdienst stattfand, der gar nicht schlecht besucht war. Für mich ein würdiger und tröstlicher Abschluß. Trotzdem wird etwas fehlen.