Es gibt ein so edles wie alltägliches Erzeugnis, das ziemlich gut die Region charakterisiert, die zum evangelischen Dekanat Selb gehört: Porzellan. Ob als Festtagsservice in der Vitrine im Wohnzimmer, als Porzellankreuz auf dem Altar oder, früher, als Porzellanpokal zur Konfirmation – die feine Keramik ist hier allgegenwärtig.

Dekanat Selb: Hier prägt Porzellan das Leben

Porzellan präge das Leben der Familien in Selb, so hat es Dekan Dr. Volker Pröbstl mal in einer kirchlichen Publikation beschrieben und damit auf die große Tradition der Porzellanproduktion in der oberfränkischen Region angespielt.

Trotz der Krise in der Porzellanindustrie spürten Pfarrer*innen dies noch immer, beim Geburtstagsbesuch, beim Traugespräch und in der Ausstattung der Kirchengemeinden sei dies häufig ebenfalls zu sehen, etwa in Form von Prinzipalstücken. "Vermutlich gibt es nur wenige Regionen, in denen eine spezifische Industriekultur in so intensiver Weise Einfluss auf die Lebensgestaltung gewonnen hat", so der Dekan.

Wahrzeichen in der Wikipedia

Dass dies stimmt, dafür gibt es heutzutage noch ein weiteres starkes Indiz: Wenn man es in die Online-Enzyklopädie Wikipedia geschafft hat. Bei Selb ist das so. Natürlich gibt es darin auch einen eigenen Eintrag über die "Große Kreisstadt im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge (Regierungsbezirk Oberfranken". Soweit nichts Besonderes. Doch ein besonderes Wahrzeichen der Stadt Selb taucht zudem ziemlich prominent in dem Wiki-Eintrag zu "Porzellan" auf: Ein Foto des Porzellanbrunnens in der Fußgängerzone von Selb. Als Beispiel dafür, was sich mit dem "Weißen Gold" so alles anstellen lässt. Und dazu findet sich in Selb, über all die Jahre angehäuft, geballtes Expertentum.

Die erste Porzellanfabrik in Selb wurde 1857 von Lorenz Hutschenreuther gebaut, erstmals wurde Porzellan industriell und in Serie gefertigt und damit erschwinglicher. Weitere Porzellanfamiliendynastien folgten Hutschenreuther und siedelten sich ebenfalls mit ihrer Produktion rund um Selb an. Philipp Rosenthal etwa etablierte 1879 die Porzellanmalerei auf Schloss Erkersreuth, wenige Jahre später, 1891 eröffnete er seine erste Porzellanfabrik. Selb am Rande des Fichtelgebirges entwickelte sich zur "Weltstadt des Porzellans".

Grenzland & Hochschulstandort

Zeitweise gab es hier über 20 Porzellanfabriken mit Tausenden Mitarbeiter*innen. Doch in den 1990er-Jahren ging die Branche durch eine Krise, Stadt und Region machten einen schmerzhaften Strukturwandel durch, zahlreiche Arbeitsplätze gingen verloren. Auch das hat die Stadt geprägt. Porzellan ist auch heute aus Selb nicht verschwunden, es spielt noch immer eine große Rolle in der "Porzellanstadt". Die Kulturgeschichte des Porzellans in Deutschland allgemein und in Selb im Besonderen, zeigt übrigens auf schönste Weise und mit erlesenem Anschauungsmaterial das sehenswerte Porzellanmuseum "Porzellanikon" in Selb.

Die Gegend rund um Selb ganz im Nordosten Bayerns war aber auch – und ist es immernoch: Grenzland. Bis zum Fall der Mauer 1989 lag das bayerische Selb im innerdeutschen Grenzgebiet, außerdem und noch immer an der Grenze zu Tschechien. Zu dem direkten Nachbarn führt ein Grenzübergang vor den Toren der Stadt.

Mit dieser Grenzland-Erfahrung spielen im Namen und in der Filmauswahl auch die inzwischen weit über Bayern hinaus bekannten "Internationalen Grenzlandland-Filmtage", die einen Schwerpunkt auf Filme aus dem osteuropäischen Raum legen.

Symbol an protestantischer Adresse

Neuerdings ist Selb auch Hochschulstandort: Seit 2021 gibt es hier eine Außenstelle der Hochschule Hof.

All dies prägt das evangelische Dekanat Selb und seine elf Kirchengemeinden. Auch dafür gibt es in der Stadt ein hübsches Symbol: Der weiße Porzellanbrunnen, der aus über 10.000 Porzellanplättchen gefertigt wurde, und dessen Foto den einschlägigen Wikipedia-Eintrag schmückt, ist seit 1977 unter einer ziemlich protestantischen Adresse zu finden: Vor der evangelischen Stadtkirche St. Andreas, mitten auf dem Martin-Luther-Platz.

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