"In Dachau entzogen Menschen anderen Menschen systematisch das Menschsein", sagte der evangelische Landesbischof Christian Kopp am Sonntag laut Predigtmanuskript in der Klosterkirche des Karmel Heilig Blut. Viele von ihnen seien gestorben, "weil eine bestimmte Haltung, eine bestimmte Kultur ausgelöscht werden sollte", sagte der Theologe.

Seine Kirche habe damals laut geschwiegen. Nur wenige Protestanten wie der Theologe Dietrich Bonhoeffer, den die Nazis noch kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Flossenbürg ermordeten, seien gegen das NS-Regime aufgestanden. Bonhoeffer habe Trost nicht im Vertrösten gesucht, sondern in einem "aktiven, trotzigen Glauben an die Unantastbarkeit der Menschenwürde". Auch heute bedeute Trost daher, nicht stillzuhalten, "sondern dem Hass zu widersprechen" und ihn zu stoppen, bevor er zur Lawine werde.

Was im Konzentrationslager Dachau bis zur Befreiung am 29. April 1945 geschehen sei, gehöre zu den dunkelsten Kapiteln der Menschheitsgeschichte, betonte der Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Christoph Klingan laut Predigtmanuskript. Vom 2020 verstorbenen Holocaust-Überlebenden Eduard Kornfeld wisse er, dass ihm die Befreiung "die Hoffnung auf eine verloren geglaubte Zukunft außerhalb dieses Leids und Elends" zurückgegeben habe. Menschen Freiheit, Hoffnung und Zukunft zu ermöglichen sei "ein Auftrag auch an uns heute", so Klingan mit Blick auf die Weltlage.

Der Generalvikar vertrat Kardinal Reinhard Marx, der bereits zur Vorbereitung der am 7. Mai beginnenden Papstwahl nach Rom gereist war. Am Gedenkgottesdienst nahmen auch der griechisch-orthodoxe bischöfliche Vikar in Bayern, Archimandrit Petros Klitsch, sowie der evangelische Münchner Regionalbischof Thomas Prieto Peral teil. Der Gottesdienst fand im Rahmen der zentralen Gedenkfeierlichkeiten des Internationalen Dachau-Komitees und der Stiftung Bayerische Gedenkstätten statt.

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