Es sind die letzten Gelegenheiten. Die Zeitfenster, in denen junge Menschen noch jenen begegnen können, die als Kinder die Shoah überlebten, schließen sich. Eva Szepesi, 1932 in Budapest als Eva Diamant geboren, gehört zu dieser Generation von Überlebenden. Sie überstand Auschwitz.

Zeitzeugengespräch in Dachau

Am Montagabend, den 6. Oktober, ist sie gemeinsam mit ihrer Tochter Anita Schwarz in Dachau, um erstmals ein Zeitzeugengespräch in der KZ-Gedenkstätte zu führen und dabei ihr neues Buch vorzustellen: ein Bilderbuch, das ihre Lebensgeschichte für Leser:innen ab zwölf Jahren zugänglich macht.

Die Geschichte der ungarischen Häftlinge in Dachau ist kaum bekannt. Nach der Deportation 1944 aus Ungarn wurden viele zunächst wie Eva Szepesi in Auschwitz-Birkenau inhaftiert und anschließend in die Dachauer Außenlagerkomplexe Kaufering und Mühldorf zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie verschleppt. Von den rund 18.000 Häftlingen überlebten nur wenige. Eva Szepesi dagegen blieb im KZ Auschwitz-Birkenau, wo sie am 27. Januar 1945 befreit wurde.

Das Wunder von Kaufering

Ein besonderes Kapitel bildet das sogenannte "Wunder von Kaufering": Sieben schwangere Frauen aus Ungarn brachten im KZ-Außenlager Kaufering I im Winter 1944/45 ihre Kinder zur Welt – alle erlebten die Befreiung im KZ Dachau.

Vier dieser "Kaufering-Babys" stehen noch heute in Kontakt mit Kirchenrat Björn Mensing, Historiker an der Versöhnungskirche. Die freundschaftliche Verbundenheit beschreibt Mensing so:

"Bei allem, was den jüdischen Familien der ‚Babys‘ von Deutschen angetan wurde, und angesichts des Versagens der evangelischen Kirche während der Shoah, wäre es nachvollziehbar, dass diese Überlebenden mit einem deutschen evangelischen Pfarrer nichts zu tun haben wollten."

Bei seiner Arbeit in der KZ-Gedenkstätte sei es deshalb wichtig, die Schicksale der jüdischen Häftlinge bei Führungen für Schulklassen zu vermitteln, "um die Jugendlichen für aktuellen Antisemitismus zu sensibilisieren – und immer wieder auch bei Gedenkfeiern an die Mütter der 'Kaufering-Babys' zu erinnern".

Bilderbuch dokumentiert Lebensgeschichte

Auch Eva Szepesi trägt auf diese Weise zur Bewahrung der Erinnerung bei: Seit Jahrzehnten berichtet Szepesi über ihre Kindheit in Budapest, die Deportation und ihr Überleben. Im Januar 2024 hielt sie im Deutschen Bundestag die jährliche Ansprache zur Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus.

Mit dem Bilderbuch "Ich war Eva Diamant", entstanden in Zusammenarbeit mit der Illustratorin Stephanie Lunkewitz, wird ihre Lebensgeschichte für Jugendliche ab zwölf Jahren in Text und Bild dokumentiert. Das Buch versucht, die Erfahrungen von Deportation und Zwangsarbeit verständlich zu machen, ohne sie zu vereinfachen.

Zeitzeugnisse werden seltener

Damit werden solche Begegnungen, in denen junge Menschen den direkten Bericht von Überlebenden hören können, immer seltener – und das Buch dokumentiert diese Erinnerungen für die kommenden Generationen. Zugleich verweist die Geschichte der "Kaufering-Babys" auf die komplexen Verbindungen zwischen Shoah und Kirche – auf das Versagen der Institutionen damals und auf die Rolle, die Kirchen und Einzelne heute in der Erinnerungskultur spielen.

Zeitzeugengespräch und Buchvorstellung mit Eva Szepesi

Wann: Montag, 6. Oktober 2025

Wo: Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau

Teilnehmer:innen:

  • Eva Szepesi, Überlebende von Auschwitz 
  • Anita Schwarz, Tochter von Eva Szepesi
  • Stephanie Lunkewitz, Illustratorin

Moderation: Eberhard Schulz, Diakon i.R. und langjähriges Kuratoriumsmitglied der Versöhnungskirche; Initiator der Initiative "Nie wieder – Erinnerungstag im deutschen Fußball"

Begrüßung: Kirchenrat Dr. Björn Mensing, Pfarrer und Historiker an der Versöhnungskirche

Buch: "Ich war Eva Diamant" von Eva Szepesi finden Sie hier.