Die größte Ehre für einen Architekten: mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet zu werden. Die größte Niederlage: der Entzug eines Auftrags noch während der Bauphase. Beides, Ruhm und Schmach, hat Peter Zumthor erlebt, jener Schweizer Architekt, der wie kein zweiter dafür steht, mit äußerster Schlichtheit die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Und der einem Bauherren nie auch nur die leisesten Zugeständnisse macht.Denn er versteht sich als Schöpferarchitekt, der bestimmt, wie ein Bauwerk auszusehen hat, "bei dem alles passt". Er sei "ganz ungeeignet für Leute, die denken, Architektur sei eine Dienstleistung", sagte Zumthor einmal über sich.

Am 26. April wird er 80 Jahre alt. "Peter Zumthor ist der Architekt der Architekten", würdigt ihn der Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main, Peter Cachola Schmal. Er schuf die Therme im schweizerischen Vals, die mit grau-grünem Gestein und Muranoglas seine Liebe zum Handwerk und zum Material zeigt, das Museum Kolumba in Köln, das Kunsthaus in Bregenz.

Die Jury des Pritzker-Preises hob 2009 hervor: Er sei ein "Meisterarchitekt, der von seinen Kollegen in der ganzen Welt bewundert wird für ein Werk, das fokussiert, kompromisslos und außergewöhnlich entschlossen ist". Und weiter: "Alle Bauten Zumthors haben eine starke, zeitlose Präsenz. Er hat ein seltenes Talent, klares und rigoroses Denken mit einer poetischen Dimension zu kombinieren."

Lobessätze wie gemeißelt. Und das bei einem Mann, der zunächst das Handwerk seines Vaters, eines Möbelschreiners, erlernt hat und lange Zeit Denkmalpfleger war. In Basel besuchte er die Schule für Gestaltung, in New York studierte er Architektur und Innengestaltung am Pratt Institute. Erst spät, gegen Ende seines dritten Lebensjahrzehnts, öffnete er sein Architekturbüro in Haldenstein, einem Dorf bei Chur, wo er mit seiner Frau auch lebt.

Zumthor: Architekt der Superlative

Ab den 80er Jahren wurde Zumthors Arbeit, zu der die Kombination aus Handwerkskunst und Wissen über regional verankerte Baukunst gehört, zunehmend bekannt. Und bewundert, wie bei der abgeschiedenen hölzernen Kapelle Sogn Benedetg in Sumvitg in Graubünden, die steil am Hang über dem Dorf aufragt.

Genau deren Bauweise ist ihm dann in Berlin zum Verhängnis geworden: Weil er das Prinzip des Holztragwerks übertragen wollte in eine Konstruktion aus Beton, mit der er 1993 den Wettbewerb für eine umfassende Gedenkstätte ("Topographie des Terrors") auf dem Gelände der ehemaligen Gestapo- und SS-Zentrale gewonnen hatte, mitten in der Hauptstadt.

2004, nach unzähligen Auseinandersetzungen, beendete das Land Berlin dieses Projekt wegen enormer bautechnischer Hindernisse. Zwei Firmen gingen darüber in Konkurs. Als zu schwierig erwies es sich, die Wände im Rhythmus aus schmalen Sichtbetonstreben und rahmenlos eingefügten Glaslamellen zu errichten. Die Kosten galoppierten, keine dritte Firma wollte das Wagnis der komplizierten Konstruktion eingehen. Zumthor wiederum bestand auf seinem Konzept.

Seinem Ruf schadete das Berliner Debakel nicht. Denn große Teile der Architektenschaft standen hinter ihm. Sie verteidigten seinen Entwurf, der eine markante Figur vorsah, ähnlich wie es auch das Kunsthaus Bregenz (1997) ist, ein vierstöckiger Kubus mit Licht filternden Mattglaswänden.

Materialien von Zumthor

Zumthor verwendet mit Vorliebe Stein und Holz, verbindet Tradition mit Moderne. Licht setzt er bewusst ein, oft in gedämpfter Form. Oder er sperrt es nahezu aus, wie bei der Bruder-Klaus-Kapelle in der Eifel, einem Monolith ohne Fenster, der zur Andacht gleichsam zwingt. Nur durch eine Öffnung im Dach fällt Tageslicht in den höhlenartigen Raum. Die Feldkapelle zu Ehren des Einsiedlers und Mystikers Nikolaus von der Flüe entwarf er auf Bitten einer Eifeler Landwirtsfamilie, auf Honorar verzichtete er.

In Deutschland wurde Zumthors 2007 eröffnetes Kolumba-Museum des Erzbistums Köln mehrfach ausgezeichnet. Es umfängt in schlichter Form Schichten der Vergangenheit - mit der im Krieg zerstörten Kirche St. Kolumba, mit einer Nachkriegskapelle sowie römischen Ausgrabungen - und verleiht der ausgestellten sakralen Kunst eine außergewöhnliche Aura, bestimmt von Stille und Poesie.

Menschen, so lässt sich Zumthors gebautes Credo lesen, sollen durch Architektur nicht überwältigt werden, sondern zu sich kommen. Bauen ist für ihn "eine Art Berührung mit dem Leben".

"Kaum jemand anderes genießt eine solche Hochachtung in unserer Szene", sagte Museumsdirektor Peter Cachola Schmal zu Zumthors 80. Geburtstag. "Die hat er sich redlich verdient, zeigt er uns doch, worum es eigentlich geht: um menschenwürdige, schöne und schön gemachte Architektur, die sehr lange halten und unseren Nachfolgenden noch viel von uns erzählen wird. Man wird den Besuch eines echten Zumthors nicht mehr vergessen."

Architekt Peter Zumthor
Architekt Peter Zumthor: Museum Kolumba in Köln.
Architekt Peter Zumthor
Architekt Peter Zumthor: Architekt Peter Zumthor: Die Bruder-Klaus-Feldkapelle ist eine privat gestiftete und 2005 bis 2007 erbaute römisch-katholische Kapelle oberhalb der Ortschaft Mechernich-Wachendorf, am Nordrand der Eifel.
Architekt Peter Zumthor
Architekt Peter Zumthor: Die Bruder-Klaus-Feldkapelle ist eine privat gestiftete und 2005 bis 2007 erbaute römisch-katholische Kapelle oberhalb der Ortschaft Mechernich-Wachendorf, am Nordrand der Eifel.

Spektakuläre Kapelle in der Eifel

Die Bruder-Klaus-Feldkapelle ist eine privat gestiftete und um 2007 erbaute katholische Kapelle oberhalb der Ortschaft Mechernich-Wachendorf, am Nordrand der Eifel.

Für den Bau wurde zunächst eine zeltförmige Konstruktion aus 112 Fichtenstämmen gebaut. Um diese Innenkonstruktion wurde Beton gelegt - als Stampfbeton, das in Lagen von 50 cm bis zu einer Höhe von 12 Metern geschichtet wurde. Anschließend wurde im Innern für drei Wochen ein Mottfeuer unterhalten, das die Baumstämme verkohlte und vom Beton ablöste. Der Fußboden besteht aus einer Legierung aus Zinn und Blei, die an Ort und Stelle erhitzt und verteilt wurde. 350 mundgeblasene Glaspfropfen verschließen die Bundöffnungen, die zur Verbindung der äußeren mit der inneren Holzschalung beim Einbringen des Betons notwendig waren.

Der minimalistische Turmbau hat einen dunklen Innenraum mit einer zeltartigen Form, er ist nach oben offen und lässt in den Himmel blicken.
An der Wand befindet sich ein Radzeichen aus Messingguss, entsprechend dem Meditationszeichen, das Bruder Klaus in seiner Einsiedelei hatte. Auf dem Boden steht eine Stele mit einer Halbfigur des Bruder Klaus aus Bronze, gestaltet von dem Schweizer Bildhauer Hans Josephsohn, in die eine Reliquie des Heiligen eingelassen ist.

Die Kapelle ist in der Sommerzeit von 10 bis 17 Uhr und in der Winterzeit von 10 bis 16 Uhr geöffnet, montags bleibt sie geschlossen – außer an Oster- und Pfingstmontag sowie an Weihnachten.

 

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