Das Kunstwerk im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ist wohl die älteste vollständig erhaltene bildhauerische Passionsdarstellung im deutschsprachigen Raum, wie der Kurator der Ausstellung "Adam Kraft. Kreuzweg", Frank Matthias Kammel, bei der Vorstellung der neuen Sonderschau sagte.

Er datierte das Werk auf die Zeit zwischen 1487 bis 1490. Bisher war man von einer Entstehungszeit zwischen 1505 bis 1508 ausgegangen. Bisher galt der Bamberger Kreuzweg als das älteste Kunstwerk dieser Art. Die Wissenschaftler machen ihre Ergebnisse unter anderem an einem Bronzerelief vom Johannisfriedhof aus dem Jahr 1490 fest. Dort stand die letzte der sieben Stationen. Indizien auf die Entstehungszeit lieferte auch der Briefwechsel der Gebrüder Hans und Endress Tucher aus dieser Zeit, erläuterte Kammel.

Adam Krafts Beweinung Christi, der siebten Kreuzwegstation.
Adam Krafts Beweinung Christi, der siebten Kreuzwegstation.

Diese Schriftstücke brachten die Experten auch auf die Spur einer weiteren neuen Erkenntnis. Die erste Station des Kreuzwegs stand nicht wie bisher angenommen am sogenannten Pilatushaus am Tiergärtner Tor, sondern am Neutor. Das verrät auch der Abstand zwischen den Stationen, die an der Straße zum Friedhof nach den Schrittzahlen platziert wurden, die Jerusalempilger zu den Originalschauplätzen der Passion Jesu benötigt hatten.

Mit der Sanierung sei die besondere Kunstfertigkeit Adam Krafts zutage getreten, erläuterte Kammel an Details. Der Meister schaffe in den Stationen mit mehreren Schichten räumliche Tiefe, bringe mithilfe von Mimik und Mündern die Akustik ins Spiel, mache Stoff oder Metall plastisch und zeige enormes anatomisches Wissen.

Ein Blick in die Kartäuserkirche, in der sich die Reliefs seit 1921 befinden.
Ein Blick in die Kartäuserkirche, in der sich die Reliefs seit 1921 befinden.

Nicht abschließend klären konnten die wissenschaftlichen Untersuchungen, wie die Steinreliefs von Kraft farblich gefasst waren. Weil der Bildhauer den Augen sämtlicher Figuren plastisch keine Richtung vorgab, nehme man an, dass zumindest die Augen bemalt waren. Wenige Farbreste fanden sich in den Gesichtern. Bei der ersten Kreuzwegstation könnte ein weiterer Hinweis auf frühere Farbe ein Folterwerkzeug zu Jesu Füßen sein. Ohne Bemalung sei das für den Betrachter schwer zu erkennen gewesen, erläuterte der Leiter des Instituts Kunsttechnik und Konservierung, Oliver Mack.

Sechs Stationen brachte man Ende des 19. Jahrhunderts in geschützte Räume, damit sie nicht weiter verwitterten. 1921 wurden sie in die Wände der Kartäuserkirche eingemauert, die Teil des Germanischen Nationalmuseums ist. Die vierte Station "Christus begegnet Veronika mit dem Schweißtuch" kam erst 1954 in das Museum, das im Krieg schwer zerstört worden war.