Manche mögen ihn, andere nicht. Aber ignorieren kann Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) niemand. Seien es seine Bilder, Grafiken oder seine Häuser - sie alle tragen seine besondere Handschrift. Er war nicht nur Maler, sondern auch experimentierfreudiger Grafiker, serbsternannter Architekturdoktor, Umweltaktivist und Zukunftsvisionär. Besonders in der Architektur zielten seine Ideen immer auf eine natur- und menschengerechte organische Bauweise ab.
In der Ausstellung "Traumfänger einer schöneren Welt" werden im Kunstmuseum am Inselbahnhof in Lindau bis 06. Oktober 2019 rund 60 Bilder, Grafiken, Fotos, sowie ein Teppich gezeigt, die die ganze Bandbreite von Hundertwasser beleuchten. Damit handelt es sich um die erste Ausstellung seit fast 40 Jahren im Südwesten Deutschlands, die so viele Originale präsentiert.
Ob zu Hause, in der Natur oder auf Reisen, Hundertwasser hatte immer seinen Malkoffer dabei. Der Künstler bezeichnete seine lineare und sorgfältige Malweise als "vegetative Malerei", weil er sie mit dem langsamen Entstehen von Sedimentschichten in der Natur verglich. Viele seiner Farben stellte er selbst her, mit Vorliebe verwendete er gebrauchtes Packpapier und häufig fügte er gefundene Materialien wie Sperrholzstücke Ausgedientem oder Weggeworfenem hinzu. Damit wollte er Wertloses wieder wertvoll machen.
"Wenn ich male, träume ich. Wenn der Traum zu Ende ist, erinnere ich mich nicht mehr an das, was ich geträumt habe. Das Bild aber bleibt. Das Bild ist die Ernte des Traumes" (1972)
Bei den Drucktechniken experimentierte Hundertwasser. Lithografie, Siebdruck, Radierung, Farbholzschnitt und Mixed Media beherrschte er. Aber er entwickelte auch neue Techniken und setzte neue Materialien ein. Er verwendete zum Beispiel Metallfolienprägungen und fluoreszierende Farben. Man könnte sagen, Hundertwasser brachte den Glitter in die Kunst. Dabei achtete er sehr darauf, auch bei Reproduktionen seiner Werke verschiedene Farbversionen und Varianten herzustellen, die durch die gesamte Auflage durchnummeriert wurden. Sein Ziel war es hier, entsprechend der Vielfalt der Natur Unikate herzustellen und damit die Maschine zu überlisten.
Dachbewaldung, Baummieter und begrünte Tankstelle
Seit den 1950er Jahren setzte sich Hundertwasser mit Architektur auseinander. Er war ein Vordenker für Öko-Wohnbau, forderte lebenswerten Wohnraum, der für die Menschen und die Umwelt gleichermaßen gut sein sollte. Er schrieb Manifeste, Essays und veranstaltete Demonstrationen, denn er lehnte die funktionelle Architektur der Zeit ab, die auf schnelles Bauen, Fertigteile und gerade Linien setzte.
In den 1970er Jahren ließ er erste Architekturmodelle anfertigen. Darin bildete er seine Ideen der Dachbewaldung, der Baummieter und des Fensterrechts ab. Dabei entwickelte er neue architektonische Formen, wie etwa das Spiralhaus, das Augenschlitzhaus, das Terrassenhaus und das Hochwiesenhaus. Bald entwickelte er auch die Idee der begrünten Tankstelle und damit auch sein Konzept der grünen, unsichtbaren und unhörbaren Autobahn. Die Gebäude, die nach Hundertwassers Plänen gebaut oder umgestaltet wurden, sind heute beliebte Attraktionen - sei es das Hundertwasserhaus in Wien oder die von ihm ungestaltete Fabrik Rosenthal in Selb.