Bildhauer gibt es viele, doch nur wenige Bildhauerinnen. Die Zahl der Frauen, die diesen Beruf ergreifen, sich von Anfang an für die Selbstständigkeit entscheiden und damit Erfolg haben, lässt sich an einer Hand abzählen. Meide Büdel gehört dazu. Sie wusste schon im Alter von acht Jahren, dass sie Bildhauerin werden wollte. Diesen Weg hat sie konsequent verfolgt.

1961 in Bad Mergentheim geboren, absolvierte sie eine Lehre als Holzbildhauerin in Oberammergau. Dort lernte sie handwerkliche Techniken "von der Pike auf", z.B. Schreinern, Schnitzen, Drechseln, Vergolden und Versilbern. Anschließend studierte sie an der Akademie der Künste in Nürnberg Bildhauerei bei Wilhelm Uhlig, lernte Modellieren und Zeichnen. Schon während ihres Studiums gewann sie 1984 den ersten Preis bei der Projektstudie für die Neugestaltung des Sebalder Platzes in Nürnberg.

Meide Büdel arbeitete zunächst figürlich, seit Mitte der 1980er-Jahre abstrakt. Kunst im öffentlichen Raum wurde ihr Arbeitsschwerpunkt. 1993 gelang ihr der Durchbruch: Sie gewann den Kulturförderpreis der Stadt Nürnberg.

Was Bildhauerin Meide Büdel inspiriert

Zwei Schlüsselerlebnisse prägten ihre Entwicklung: Sie sah das Foto eines Schwimmers, der sich vom Beckenrand abstößt und mit seinen Armen weit nach hinten ausgreift. Diese Bewegung erinnerte sie an einen gespannten Bogen, der zu einem Grundelement ihres künstlerischen Schaffens wurde.

Die zweite wichtige Inspiration gewann sie Jahre zuvor in ihrem Atelier: Der Holzboden, in den Wasser eingedrungen war, quoll so stark auf, dass die Holzklötzchen sich ausdehnten. Diese Beobachtung regte sie 1987 zu einer Installation an: Sie legte zwei Reihen Holzklötze lose in einen Eisenrahmen. Bei steigender Luftfeuchtigkeit oder bei Regen dehnt sich das Holz aus, und die Klötze drücken sich durch das vergrößerte Volumen hoch. Wenn die Nässe wieder entweicht, sinkt sie "Holzbrücke" wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück.

Solche Naturphänomene verändern ihre auf den ersten Blick statisch erscheinenden Werke und geben ihnen etwas Zartes, Zerbrechliches und auch Vergängliches. Von 2002 bis 2007 hatte Meide Büdel einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg für Kunst im öffentlichen Raum. In den folgenden Jahren spielten Projekte und Gestaltungen in sakralen Räumen eine immer größere Rolle. Inzwischen hat Meide Büdel elf Projekte im kirchlichen Rahmen verwirklicht.

 

Ausstellung "Gott und die Welt" in der Kunsthalle Schweinfurt

Erste große kirchliche Arbeit

2006 entstand ihre erste große Arbeit in einer Kirche: der schwebende Altar in der Nürnberger Christuskirche. Die ungewöhnliche Idee, den zwei Tonnen schweren Altar aus Stahl von der Kirchendecke abzuhängen, um auf den Raum hinzuweisen, löste damals massive Proteste aus. Die künstlerische Lösung fiel dann so überzeugend aus, dass Meide Büdel vor allem auch wegen dieser Arbeit 2008 mit dem Kunstpreis der Landeskirche geehrt wurde.

Ihr Mahnmal für die Euthanasie-Opfer des Bezirkskrankenhauses Ansbach 2012 stellt einen weiteren Höhepunkt ihres Schaffens dar. Es besteht aus einer Stahlplatte mit Bleibeschichtung, in die in Fünfer-Strichen symbolisch die Zahl der Toten eingeritzt ist. Distanz, Kälte und Brutalität suggeriert diese Strichliste.

Doch auch ein gegenteiliger Eindruck entsteht: Meide Büdel baute den Schatten des Denkmals in den Boden ein, sodass der Betrachtende in das Ensemble mit einbezogen wird, Betroffenheit und Anteilnahme spürt. Diese Spannung zwischen Nähe und Distanz, Vergangenheit und Gegenwart löst starke Emotionen aus.

So sagte die Tochter eines der Opfer, berührt von der Wirkung des Mahnmals: "Hier finde ich meinen Vater wieder." Damit erfüllt sich Meide Büdels Wunsch: "Ich will mit meiner Kunst die Menschen unmittelbar, emotional erreichen."

Wer sich berühren lassen möchte, ist herzlich eingeladen zum Besuch in ihrem Atelier.

Über Meide Büdel

1961 in Bad Mergentheim geboren

1979-82 Fachschule für Holzbildhauerei in Oberammergau, Gesellenprüfung

1982-88 Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg

1993 Kulturförderpreis der Stadt Nürnberg

lebt und arbeitet in Nürnberg und Berlin