Gefüllte Krapfen zu Fasching, der Einstand der neuen Kollegin, die Woche drauf Geburtstagsparty eines Freundes, dann WG-Dinner und schon ist Ostern. Der Kalender ist eigentlich das ganze Jahr über voll mit Terminen, zu denen gegessen wird. Viel gegessen wird. Oft ist das toll. Wer aber mehrere Tage fasten will, hat es ganz schön schwer, den passenden Moment dafür zu finden. Wer will sich schon den Geburtstagskuchen entgehen lassen?!

Essen hat eine ganz starke soziale Komponente, bei der wir Gemeinschaft erleben, mit anderen zusammenkommen. Wer es trotz dieser sozialen Zwänge schafft, sich einen Zeitslot freizuschaufeln, wird am Ende des Fastens sicherlich kreative Lösungen gefunden haben, wie man sich abseits vom "Sich auf einen Kaffee-Treffen und "Zusammen kochen" verabreden kann.

Den Körper von innen reinigen

Vor ein paar Jahren habe ich mich etwas eingehender mit dem Fasten auseinandergesetzt, einige Dokus geguckt und war fasziniert davon, welche Selbstreinigungskräfte dadurch im Körper in Gang gesetzt werden. Sogar Krankheiten soll dadurch vorgebeugt werden. Dieser gesundheitliche Aspekt hat mich motiviert, meinem Körper durch Fasten was Gutes zu tun. Ihm mal eine Pause zu gönnen, damit er innerlich aufräumen und Unbrauchbares loswerden kann.

Daneben wollte ich auch ganz praktisch ausprobieren, wie ein "weniger ist mehr" aussehen kann und wie sich das anfühlt. Denn wenn wir mal ehrlich sind, leben wir in Deutschland doch im Schlaraffenland - Essen an jeder Straßenecke, rund um die Uhr verfügbar. Mangel muss kaum jemand leiden, Überfluss ist Normalität. Da besteht die Kunst eher darin, dem "zu viel" auszuweichen, mal nein zum Snack zwischendurch zu sagen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was man täglich konsumiert. 

Entlasten, dann Fasten

Als Begleitung habe ich ein Fastenbuch genutzt, um zu wissen, wie so eine Fastenwoche abläuft, was mich erwartet und auf was ich achten sollte. Beim Heilfasten verzichtet man nämlich mehrere Tage ganz auf Essen.

Los ging es mit einem Entlastungstag. Das bedeutet, ich habe weniger gegessen als sonst, damit der Umstieg auf gar-kein-Essen nicht zu abrupt ist. Dann starten die Fastentage. Und die werden mit einer Darmentleerung eingeläutet. Klingt nicht gerade sexy und es ist im ersten Moment auch ungewohnt, komplett abzuführen (Glaubersalz oder Einlauf). Aber es hilft beim Fasten, weil der Darm wirklich leer ist und sich kein gemeines Hungergefühl einschleicht.

Während der Fastentage habe ich nichts zu mir genommen, außer reichlich Tee und Wasser. Ja, auch auf Kaffee wird verzichtet. Mittags und abends habe ich entweder verdünnten Obst- oder Gemüsesaft gelöffelt, um Mineralien und Vitamine aufzunehmen. Natürlich entscheidet jeder selbst, wie lange er oder sie fastet. In meinem Fall waren es fünf Tage.

Aufbauen

Danach folgen dann die sogenannten Aufbautage, die mindestens genauso wichtig sind wie die Fastentage selbst. Denn in den Tagen danach muss sich der Körper erst wieder an die Nahrungsaufnahme gewöhnen - also nichts überstürzen. Mit dem Biss in einen Apfel habe ich das Fasten gebrochen und dann allmählich angefangen wieder zu essen. Kleine Portionen Gemüsesuppe, Knäckebrot, Joghurt und Leinsamen standen auf dem Speiseplan.

Tipps

  • Für die Fastenzeit Urlaub nehmen - so hat man genügend Freiraum sich Ruhe zu gönnen. Grundsätzlich kann man aber auch arbeiten. Eine Zwischenlösung kann sein, das Fasten über ein Wochenende zu legen. 
  • Hört auf euren Körper: Fühlt ihr euch schlapp, dann schont euch. Fühlt ihr euch fit, dann könnt ihr auch aktiv sein Sport machen.
  • Sich mit Gleichgesinnten zusammentun. In einer Gruppe fällt es einem eine Fastenwoche möglicherweise leichter.  
  • Achtung - die Nachsorge ist enorm wichtig! Wer direkt nach dem Fasten Süßes, Fettiges und Alkohol isst, dessen Körper wird kann mit Magenverstimmungen und Brechen rebellieren. Seid deshalb auch ein paar Wochen danach gut zu eurem Magen und Darm, esst nicht alles durcheinander.
  • Wer Vorerkrankungen hat sollte vorsichtshalber das Fastenvorhaben mit dem Hausarzt absprechen. 

Sich befreit fühlen

Für mich war das Fasten keine Quälerei, bei der ich todunglücklich war, weil ich nichts mehr durfte und nur durchgehalten habe, um mir etwas zu beweisen. Nicht der Verzicht per se stand im Vordergrund, sondern die Erfahrung, dass ich sehr frei sein kann und vieles gar nicht zwingend brauche (Süßes, Kaffee etc.).

Gleichzeitig fand ich es eine tolle Erfahrung, eine Zeit lang Verzicht zu üben und am Ende der fünf Fastentage war ich schon stolz, dass ich es geschafft habe. Klar, neben dem gesundheitlichen Kram purzeln durch das Heilfasten auch ein paar Kilos. Ein schöner Nebeneffekt - die Haut wird reiner.

Bewusst neu ausrichten

Das Tolle beim Fasten - man fühlt sich ganz leicht! Heilfasten ist wie eine Art Reset für den Körper und kann helfen, sich neu auf eine gesunde Ernährung auszurichten. Als ich wieder angefangen habe zu essen, habe ich das, was ich esse, viel bewusster wahrgenommen. Das Fasten ist ein gutes Training, sich wirklich Zeit fürs Essen, Kauen und Genießen zu nehmen.

Geschenkte Zeit

Beim Fasten habe ich bemerkt, wie viel Zeit ich plötzlich hatte, weil Einkaufen, Kochen, Essen und Abspülen wegfallen. Deshalb macht es durchaus Sinn, sich für die zusätzlich gewonnene Zeit was Schönes vorzunehmen, ein Buch zu lesen oder Musik zu machen.

Trotzdem halte ich es für einen guten Rat, den Terminkalender nicht mit Dingen vollzustopfen, die sonst liegenbleiben. Die Fastenzeit dient der Entschleunigung, dem Zu-sich-finden und sollte nicht für Effizienz und Produktivität missbraucht werden.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden