Epimetheus, der Nach-Denker, genießt keinen guten Ruf. Der etwas einfältige Bruder des Prometheus, des Feuerbringers in der griechischen Mythologie, hatte trotz der Warnung seines Bruders Pandora, ein Geschenk des Göttervaters Zeus, geheiratet. Glück brachte die Verbindung ihm und den Menschen nicht: Als Pandora die nach ihr benannte Büchse öffnete, entwichen daraus alle Übel der Welt. Allein die Hoffnung blieb drin – buchstäblich gedeckelt.

Die fatalen Folgen des Nach-Denkens, der "Musterkoffer" des Epimetheus ist bis 27. Mai in der Kunsthalle Schweinfurt zu besichtigen – in der Ausstellung "Epimetheus’ Sample Kit" von Matthias Böhler und Christian ­Orendt.

Böhler & Orendt: Kunststipendiaten 2017 der ELKB

Die 1981 und 1980 geborenen Künstler sind auch im evangelischen Kontext gut bekannt: Sie haben 2017 im Parkgelände des Wildbads Rothenburg ob der Tauber die Landschaftsinstallation "Rest on the Escape from the Confrontation with the Fucked-up-ness of the Status Quo" geschaffen. Die für Böhler & Orendt typische Mischung aus Ironie, Sarkasmus und Gegenwartskritik bestimmte bereits 2015/2016 bei der Triennale "Gott und die Welt" die Arbeit "Beyond all the Cares of the World". Die neun Meter hohe Planetenlandefähre hatten die Künstler als "Kraftort, der am Beginn einer Reise in ein besseres Dasein steht", charakterisiert.

Mit dieser Installation, die auf die Arche Noah anspielt und die Rettung des Menschen im Anschluss an das Tier sieht, gewannen die Absolventen der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg die dritte fränkische Triennale und damit eine Einzelausstellung in der Kunsthalle und die Publikation eines begleitenden Katalogs.

Monumentale Installation geben Rätsel auf

"Innovative und kritische zeitgenössische künstlerische Praxis" waren die Kriterien, an denen sich die Jury 2016 unter dem Vorsitz des Schweinfurter Oberbürgermeisters Sebastian Remelé orientiert hatte. Und tatsächlich nähern sich die acht Arbeiten aus Werkkomplexen der letzten zehn Jahre kritisch dem Raubbau des Menschen an der Natur. Die Titel wirken auf den ersten Blick rätselhaft: "Give us, Dear", "A Mess Carol", "Die Verhältnisse", "Mehrung", "Akkoord" und "Der gute Wille" 1 bis 3.

An den Riesen aus Jonathan Swifts satirischem Roman "Gullivers Reisen" erinnert die monumentale Installation "Give us, Dear". Hunderte von zwergenhaften Arbeitern aus zehn durch die jeweilige Helmfarbe unterschiedenen Einsatztrupps beuten den Körper – Fell, Haut, Zähne und Körperflüssigkeiten – eines auf dem Boden liegenden, 6,50 Meter langen und an King Kong erinnernden Monstrums aus. Eine Besucherin, die Künstlerin Jannina Hector aus Hofheim in Unterfranken, bewundert den Detailreichtum der Arbeit: Das Fell besteht aus Tausenden kopierter und dann geschredderter Papierseiten. Noch schläft das Wesen, das für die hemmungslos ausgebeutete Natur steht. Doch was passiert, wenn es erwacht und sich gegen seine Ausbeutung wehrt?

Mittelpunkt der Ausstellung: Untergang und Sinnlosigkeit

Einen anderen Aspekt der Wachstumskritik veranschaulicht die Installation "Mehrung". Um eine zentrale Kurve, die Exponentialfunktion, stehen die verlassenen Arbeitstische, auf denen noch die Werkzeuge liegen. Die Ergebnisse vergangener Performances stehen fein säuberlich aufgereiht nebeneinander in einem Regal – eine schrill-bunte Ansammlung von Kurven. "Es ist der zwanghafte Versuch des Menschen, Ordnung in etwas hineinzubringen, aber es gelingt nicht", interpretiert Jannina Hector die Installation. "Heraus kommt das Chaos."

Mit menschenleeren Welten und apokalyptisch anmutenden Untergangsszenarien konfrontieren den Betrachter die drei Installationen "Der gute Wille". Buchstäblich an die Wand fahren die Lastwagen, die Bitumen aus einer trostlos-vergifteten Industrielandschaft mit hohen Fabrikschloten abtransportieren. Die zweite Installation der Serie zeigt die Sinnlosigkeit des industrialisierten Fischfangs: Eine endlose Karawane von Lastwagen transportiert das Fischmehl zu einer riesigen Katze, in deren Schlund es landet. "Der gute Wille 3" thematisiert die Auswüchse der Agrarindustrie: In einer Wüste wird Landwirtschaft getrieben, deren Produkte auf einer Straße in den Himmel transportiert werden. "Ein Horrorszenario", bemerkt Hector und fühlt sich an Science-Fiction-Filme erinnert. "Hoffentlich kommt es nicht so weit, und der Mensch bleibt Mensch."

Hoffnung macht die Ausstellung allerdings nicht.

Informationen zur Ausstellung "Untergang und Sinnlosigkeit"

Die Ausstellung "Epimetheus’ Sample Kit" ist bis 27. Mai 2018 in der Kunsthalle Schweinfurt zu sehen. Sie ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und donnerstags bis 21 Uhr geöffnet. Mehr Informationen zu Preisen und Begleitprogramm finden Sie auf der Website.