Wissenschafts- und Kulturjournalisten haben sich dagegen ausgesprochen, dass das Fernsehen einen höheren Bildungsauftrag zu erfüllen habe als bisher. Das deutsche Fernsehen sei eine "Bildungsoase" in einer "europäischen Bildungswüste", sagte der ZDF-Moderator und Astrophysiker Harald Lesch bei einer Podiumsdiskussion zum Abschluss der Tutzinger Medientage 2009 in der Evangelischen Akademie Tutzing. Die Medienfachtagung befasste sich schwerpunktmäßig mit Wissensmagazinen im Fernsehen.

Politiker könnten nicht ernsthaft glauben, dass Fernsehen den Menschen Bildung aufzwingen könne, wies Lesch Kritik vom Medienbeauftragten der CSU im Bayerischen Landtag, Eberhard Sinner, zurück. Sinner hatte zuvor an Fernsehmacher appelliert, ihren Auftrag als "Bildungsmotor" wahrzunehmen.

Das Fernsehen könne nur Angebote machen, bilden müsse sich jeder selbst, so Lesch weiter. Es sei absurd zu denken, "dass allein das Fernsehen aus einer blöden Nation eine schlaue machen kann". Die deutsche Fernsehlandschaft sei mit Bildungsangeboten gut gefüllt, stimmten auch der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust und Gert Scobel, Redaktionsleiter von 3sat, mit Lesch überein.

Fernsehen und Internet sollen sich ergänzen

Die Qualität des deutschen Fernsehens beim Bildungsangebot werde auch in Zukunft klar vor dem Internet liegen, ist der Leiter des Bildungskanals BR-alpha, Werner Reuß, überzeugt. Das Leitmedium in Sachen Bildung erlebe gerade seinen "zweiten Frühling". Der TV-Konsum bei den 14- bis 29-Jährigen sei seit 1995 wieder angestiegen – "auch bei Wissenssendungen und nicht nur bei Formaten wie >Deutschland sucht den Superstar< oder >Dschungelcamp<", unterstrich Reuß weiter.

98 Prozent der deutschen Haushalte besitzen seinen Angaben zufolge mindestens einen Fernseher. Die Zahl der Haushalte mit Internetzugang sei mit 66 Prozent in den letzten Jahren hingegen konstant geblieben. Jeder dritte verweigere sich bewusst dem Internet. Reuß wies darauf hin, dass das weltweite Datennetz mit rund 25 Milliarden websites den Nutzern oft zu viele Informationen und zu wenig Orientierung biete.

Es sei sinnvoll, wenn Internet und Fernsehen sich im Bildungsbereich ergänzten. Sei das Interesse bei den Zuschauern geweckt, könnten sie gezielt im Internet nach weiteren Informationen suchen, sagte Reuß bei den Tutzinger Medientagen.