Der Wahlkampf in den USA geht heute zu Ende. Wer dann immer noch nicht genug von US-Politik hat, kann sich die TV-Serie "The West Wing" ansehen: Diese wurde von 1999 bis 2006 ausgestrahlt und ist heute noch erstaunlich aktuell. Der Gaza-Konflikt, Attentate, die Besetzung des Obersten Gerichts, das Verbot von Schusswaffen oder die Erdbebengefahr im Umfeld von Atomkraftwerken in Kalifornien – alles Themen, die nach wie vor eine Rolle spielen.
Auch das Thema Glauben wird aufgegriffen. Im Zentrum der Handlung steht ein US-Präsident mit seinem Stab. Er gehört den Demokraten an, was möglicherweise der Grund war, warum Fundamentalisten in den USA die Serie von Anfang an ablehnten. Er klagt sogar Gott an – auf Latein.
Dabei ist der Präsident gläubig. Seine Haltung zur Abtreibung erklärt sein Stabschef direkt in der allerersten Folge: "Außerdem reiste er acht Monate lang durch das Land, um jungen Frauen von Abtreibungen abzuraten", um auf kritische Nachfrage zu erklären: "Er glaubt nicht, dass es Aufgabe der Regierung ist, dieses Thema gesetzlich zu regeln. Aber das hat ihn nicht daran gehindert, seine Rolle als moralischer Führer zu spielen. Etwas, das ihn im Wahlkampf teuer zu stehen kam."
Spannender Umgang mit Aberglauben
Spannend ist auch der Umgang mit dem Thema Aberglauben. So will die Sekretärin Bonnie zur Feier der erfolgreichen Bestätigung eines Obersten Richters für alle Champagner ausschenken, während im Fernsehen noch die Abstimmung im Senat übertragen wird. Kommunikationsdirektor Toby unterbricht sie barsch: "Runter damit! Legen Sie es hin! Legen Sie es hin!" Bonnie: "Wir machen uns gerade bereit, um..." Toby: "51 Ja-Stimmen ist das, was wir auf dem Bildschirm sehen, bevor ein Tropfen Wein geschluckt wird! Wir versuchen hier nicht das Schicksal."
Oder vor der Bekanntgabe der sicheren Wiederwahl des Präsidenten, als Toby seinen Stellvertreter Sam scharf angeht und zu ihm sagt: 'Ich habe eine Rede, falls er gewinnt, und ich habe eine Rede, falls er es nicht tut.' Sam fragt daraufhin: 'Du hast eine Niederlage-Rede geschrieben?' Toby: 'Natürlich habe ich eine Niederlage-Rede geschrieben. Willst du etwa den Zorn des Dings von ganz oben herausfordern?' Sam: 'Nein.' Toby: 'Dann geh raus, dreh dich dreimal im Kreis und spuck aus. Was ist los mit dir?' Sam: 'Es sind minus vier Grad draußen.' Toby: 'Geh.' Anschließend fordert der stellvertretende Stabschef Sam noch auf: 'Spuck und fluch.' Und so verlässt Sam den Raum, während es draußen in Washington eisig kalt ist.
Auch der Präsident scheint von Aberglauben nicht ganz frei zu sein. Als er versucht, eine Radioansprache aufzunehmen, klappt es nicht sofort. Auf seine Bemerkung 'Die 4 ist meine Glückszahl' erwidert die Assistentin Donna: 'Dies ist der fünfte Versuch, Sir.' Der Präsident antwortet daraufhin: 'Die 5 ist meine Glückszahl.' Doch das hilft wenig, genauso wenig wie die verzweifelte Donna, die mit gekreuzten Fingern an beiden Händen zu sehen ist.
Egal, wie die US-Wahl letztlich ausgeht – diese Serie ist sehr sehenswert und hat auch 25 Jahre nach ihrem Start kaum etwas von ihrer Aktualität eingebüßt.
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