Wie ein selbstbestimmtes Lebensende aussehen kann und welche ethischen Fragen der assistierte Suizid aufwirft, haben am Mittwoch Vertreterinnen und Vertreter kirchlicher und diakonischer Einrichtungen bei einer digitalen Konferenz diskutiert. Einig war man sich, dass sehr aufmerksam und einfühlsam gehandelt werden müsse, wenn ein alter Mensch den Wunsch äußert, sterben zu wollen.

Verschiedene Arten der Sterbehilfe werden häufig verwechselt

Helena Armbrecht, Geschäftsführerin des Fachverbands Altenhilfe der Diakonie, wies darauf hin, dass in der öffentlichen Wahrnehmung die verschiedenen Arten der Sterbehilfe immer wieder durcheinandergebracht würden. Der seit 2020 in Deutschland rechtlich mögliche assistierte Suizid sei nicht der Fall, in dem "jemand mit der Spritze kommt und ein tödliches Medikament verabreicht". Dies sei als aktive Sterbehilfe weiterhin in Deutschland verboten. Bezüglich des assistierten Suizids, bei dem ein entsprechendes Medikament durch Mediziner zur Verfügung gestellt und von den Betroffenen selbst eingenommen wird, fehle es bisher aber an konkreten Regelungen. So sei es kaum möglich, an die benötigten Medikamente zu kommen, Anträge würden in den meisten Fällen abgelehnt.

"Beim Thema Lebensende kochen viele Emotionen hoch", sagte die Fürther Pfarrerin Stefanie Schardien bei ihrem Vortrag über ethische Überlegungen zum assistierten Suizid. Oft würden die Argumentationen für Selbstbestimmung und für Lebensschutz als unvereinbar gegenübergestellt. Dabei sehe der christliche Blick auf den Menschen diese Gegenüberstellung "nicht so vor".

Der Mensch als Ebenbild Gottes "erlebt sein Leben als von Gott gegeben und geschützt und soll zugleich über sein Handeln selbst und frei bestimmen".

Doch was ist der freie Wille einer Person?

Schwierig werde es bei der Frage, was genau der freie Wille einer Person sei, sagte Schardien. So habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vernachlässigt, dass Menschen auch immer sozial und kommunikativ eingebunden seien. Wie alt Menschen sind, welchen Bildungsgrad sie haben oder wie Verwandte zu dem Thema stehen, habe Auswirkungen auf den Grad der Selbstbestimmung bei einer Entscheidung über das Lebensende.

Die Gerontopsychologin Eva-Marie Kessler von der Medical School Berlin erklärte in ihrem Vortrag, dass es wenig Forschung zum Thema Lebensüberdruss, Todeswunsch und Suizidalität im Alter gebe. Gesellschaftlich würden diese Themen oft normalisiert und stillschweigend akzeptiert. Dahinter stehe die kulturell tief verankerte Auffassung, "dass das Leben im Alter nicht gut ist". Für eine bessere Suizidprävention müsse sich das Bild vom Alter grundlegend ändern.

Und die Rolle kirchlicher und diakonischer Einrichtungen?

Für Stefanie Schardien sollte es die Aufgabe kirchlicher und diakonischer Einrichtungen sein, im Blick zu haben, welche die "vulnerablen und benachteiligten Gruppen" seien und sich für diese einzusetzen. Für die evangelische Kirche schlägt Schardien vor, "keine Passivhaltung einzunehmen, sondern mit dem evangelischen Verständnis von Freiheit und Selbstbestimmung in die Diskussion zu gehen" und in den eigenen Einrichtungen "einen Freiheitsraum zu schaffen, der den gesellschaftlichen und familiären Druck von den Menschen nimmt".

Bei der digitalen Landeskonferenz Altersarbeit des Amts für Gemeindedienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ging es um Perspektiven auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020. In diesem wurde festgelegt, dass jeder Mensch "ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben" hat, genauso wie "die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe in Anspruch zu nehmen". Als Folge des Urteils war auch das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe aufgehoben worden.

Hilfe bei Suizidgedanken

Sie denken an Suizid, machen sich um jemanden Sorgen oder haben einen Menschen aufgrund eines Suizidtodesfalls verloren? Hier finden Sie Erste-Hilfe-Tipps und Notfallkontakte sowie weiterführende Informationen zur Bewältigung dieser Notsituation

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