Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat 2003 die Sterbehilfe als "Bankrotterklärung der Menschlichkeit" eingestuft. Herr Anselm, nach Ihrem Zeitungsbeitrag wird jetzt um den Assistierten Suizid debattiert. Warum sind Sie vorgeprescht und haben den Stein wieder ins Rollen gebracht.
Anselm: Um gleich ein Missverständnis aufzulösen, das vielleicht im Eifer der Diskussion entstanden ist: Wir wollten mit unserem Zeitungsbeitrag nicht über Sterbehilfe debattieren, sondern ausschließlich um den Assistierten Suizid. Das muss ganz klar getrennt und eingegrenzt werden. Außerdem haben nicht wir mit den Stein ins Rollen gebracht. Sondern das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil, das das Recht, selbst über sein Sterben zu bestimmen und dazu auch die Hilfe von anderen, etwa Sterbehilfeorganisationen in Anspruch zu nehmen, festgehalten hat. Dadurch wurden auch innerhalb der EKD Verständigungsprozesse angeregt, wie sich die Kirche beispielsweise zu einer möglichen Gesetzesinitiative des Bundesgesundheitsministers insbesondere zum Lebensschutz stellen werde.
Denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil ausdrücklich auf die Möglichkeit eines begleitenden Schutzkonzeptes verwiesen. Danach wurde aber in der EKD das Thema für einige Zeit wieder aus den Augen verloren, was wohl an der Corona-Pandemie lag. Mit unserem Positionspapier wollten wir wieder die Diskussion anstoßen welche Folgen dieses Urteils für Kirche und vor allem die Einrichtungen von Kirche und Diakonie hat. Auch vor dem Hintergrund immer drängenderen Anfragen aus kirchlichen Pflegeheimen kommt es jetzt also darauf an, wie diese Problematik weiter gedreht wird. Angesichts der zu Ende gehenden Legislaturperiode wird immer bedeutsamer, wie sich die Politik positionieren wird.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil eine ganze Reihe von Vorgaben gemacht. Herr Dabrock, darf sich die Kirche dem widersetzen?
Dabrock: Jetzt ist wichtig, dass wir nicht primär zurück, sondern nach Vorne blicken. Allerdings müssen wir erst einmal bei den Positionen unterschiedlicher Art identifizieren, was es an Gemeinsamkeiten gibt – sowohl inhaltlich wie prozedural. Wenn das mit der Frage anfängt, als ob es ganz generell im Rahmen der Sterbehilfe um die ethische Legitimität von Suizidassistenz geht, dann hätten wir eine Scheindiskussion, dann wäre die Messe gelesen. Selbstverständlich haben die Kirchen insbesondere in der religiös-verfassungsrechtlichen Konstellation in Deutschland den Status von Körperschaften des Öffentlichen Rechts, andererseits gibt es vielfältige Arrangements über Diakonie und Caritas im Rahmen des deutschen Wohlfahrtspluralismus, weil sie die größten Träger von Wohlfahrtseinrichtungen sind. Natürlich ist das Urteil rechtlich zu respektieren. Die Frage bleibt, wie wir damit umgehen wollen.
Dafür ist die Voraussetzung, die unterschiedlichen Ebenen abzuschichten in diverse Fragestellungen – nämlich die ganz konkrete Not suizidwilliger Menschen, den Impakt auf kirchliche Einrichtungen, die binnenkirchliche Pluralität für das Zusammenwirken mit der katholischen Kirche. Vor allem muss man das Ganze einordnen in die gegenwärtig wieder anhebenden gesellschaftlichen und politischen Diskussionsprozesse zum Thema Assistierter Suizid. Denn darin eingebettet kommt es zu Weichenstellungen in der Wahrnehmung des Assistierten Suizids und der dahinter liegenden Konzepte von Selbstbestimmung, Fürsorge und Lebensschutz. Das steht alles auf dem Spiel. Wir müssen sehen, wie wir in der evangelischen Kirche und in der Gesellschaft diese Fragestellungen zwar auf Würde und Selbstbestimmung optimiert aber auch im Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt debattieren können.
Da war die Diskussion jedoch schon weiter. Denn es liegen Vorschläge auf dem Tisch, wie das in kirchlichen Einrichtungen umgesetzt werden kann, etwa als neue Kasualie oder Sterbehilferitual.
Anselm: Zuerst ist mir die Feststellung ganz, ganz wichtig, dass noch keine konkreten Vorschläge vorliegen. Wir stehen nicht am Ende, sondern erst am Anfang einer Diskussion, die zum Teil kontrovers, aber auf der Grundlage von vielen Gemeinsamkeiten geführt wird. Wie das konkret aussehen kann, haben wir vielleicht aus der Rezeptionsperspektive zu tentativ in unserem Artikel formuliert, gleichzeitig aber doch auch sehr tastend. Es ist ein weites Spektrum von Aspekten des Anbietens und Zulassens, die mit dabei sind.
Zu erst einmal ist mir besonders wichtig, dass wir die Sterbenden und die Menschen, die sterben wollen, nicht alleine lassen – völlig unabhängig, wie sie ihren Tod gestalten wollen.
Da hat es am Anfang in der Debatte gewisse Verwerfungen und Überschärfungen gegeben, dass Menschen, die den Assistierten Suizid begehen wollen, keinen kirchlichen Segen empfangen dürfen. Das ist im Eifer des Gefechts passiert. Wir sind uns jedenfalls völlig einig, dass diese Menschen begleitet werden sollen.
Die offene Frage, auf die sich der ganze Diskussionsprozess zuspitzt, scheint mir zu sein, wie wir uns selbst positionieren wollen, damit die Werte und Interessen, die der evangelischen Kirche wichtig sind, optimal gewahrt bleiben. In dieser Frage gibt es aus meiner Perspektive zwei Konkurrenzen. Oberste Priorität muss sein, mit den Menschen am Ende ihres Lebens ins Gespräch zu kommen, und sie auf bestmögliche Weise abzusichern, wenn sie tatsächlich Suizid wirklich freiverantwortlich begehen wollen und dazu wirklich freiverantwortlich eine medikamentöse Verschreibung in Anspruch nehmen wollen – wirklich freiverantwortlich, ohne gesellschaftlichen Druck und vor allem ohne Druck aus dem Nahbereich wie der Familie, der ja der größte sein dürfte. Hier ist die Überlegung zu sagen, wir trauen in unseren Einrichtungen unserem Personal zu, solche Gespräche besonders intensiv, gut geschult und im Blick auf die gesellschaftlichen Folgewirkungen zu führen.
Dazu gehört auch die Frage, was es heißt, einen Assistierten Suizid zu organisieren. Mir schwebt vor, dass im Zweifelsfall das Pflegepersonal Kontakt herstellt zu Ärzten, die bereit sind, das zu tun. Es muss jedoch immer vorausgesetzt sein, dass sie dazu bereit sind, der Assistierte Suizid entsprechend besprochen und in manchen Fällen auch abgelehnt wird.
Das Problem ist jedoch, dass man tatsächlich ein Teil des Geschehens wird. Die Alternative wäre, man sagt Nein und macht von vornherein klar, dass der Assistierte Suizid nicht in unserem Kontext, nicht in unseren Häusern praktiziert wird, weil wir dadurch eine Ausstrahlung in die Gesellschaft befürchten.
Wir müssen über die konkrete Ausgestaltungsfrage reden. Dabei respektieren wir die Überlegungen einzelner diakonischer Träger, die sagen, sie wollen lieber (am Lebensschutz) deklatorisch festhaltend, dabei wohl wissend, dass sie den Assistierten Suizid in Einzelfällen zulassen müssen und werden. Ich selbst neige mehr dazu, intensiv mit den Sterbewilligen ins Gespräch zu kommen, was dann auch beinhaltet, dass man sich an bestimmten Punkten zum Teil eines solchen Prozesses macht.
Gibt es angesichts der Personalsituation auch in diakonischen Einrichtungen, angesichts der Überlastung von Pflegekräften, Ärzten und Seelsorgern überhaupt die Möglichkeit für solche Gespräche und eine intensive Begleitung?
Anselm: Wir sind uns sicherlich alle einig, dass es noch Verbesserungspotential gibt. Selbstkritisch müssen wir sagen, dass wir als evangelische Kirche schnell bei der Hand sind, zu fordern, dass die Möglichkeiten in den Heimen verbessert werden müssen, aber nur wenig Möglichkeiten haben, auch nur kleine Verbesserungen in den Stellenkontingenten zu realisieren. Das ist ein beklagenswerter Umstand, den ich gar nicht in Abrede stellen oder schönreden will. Ich denke aber, dass trotz allem die Begleitung und Beratung, die die Mitarbeitenden auch vor dem Hintergrund ihrer Qualifikationen und ihres Weltbildes leisten können, besser ist als in den Sterbehilfevereinen, die ich gerne verhindern möchte.
Denn ich bin selbstbewusst genug, im Blick auf eine möglichst präzise Austarierung von Eigen- und Kollektivinteresse besser beraten und eine Situation auflösen können als ein Sterbehilfeverein. Ein wesentlicher Aspekt in dieser Perspektive ist, die Gemeindepfarrer mitzubeteiligen. Denn sie kennen das familiale Umfeld, sie können eingebettet in die Beratungen und Entscheidungen unterstützen. Das ist etwas ganz anderes, als einfach zu sagen: "Du musst in die Schweiz fahren". Der Knackpunkt bei dem Assistierten Suizid ist, dass der Sterbewillige Hilfe bekommt, wohl wissend, dass das nicht ohne Schattenseiten einhergeht. Ich gestehe sofort zu, dass diese Hilfestellung nicht möglich ist ohne in den Verdacht zu geraten, Teil des Systems zu werden.
Dabrock: Wichtig ist der Blick nach Vorne. Wir müssen nicht nur das Urteil respektieren, sondern alle müssen für den Diskurs voraussetzen, dass niemand mehr wegen eines Suizids verteufelt wird, dass das Suizid-Ansinnen keine Sünde ist.
Es ist gar keine Frage, dass jeder Mensch bis zu seinem Ende seelsorgerlich begleitet wird.
In diesem Punkt stimme ich mit Reiner Anselm überein. Deshalb müssen wir das Suizidthema aus der Tabuzone herausnehmen undSeelsorgenden und Ärztinnen wie Ärzte Mut machen, offen darüber zu sprechen. Aber festzuhalten ist auch, dass Begleitung sterbender Menschen nicht unbedingt Suizidassistenz ist. Der gemeinsame Grund ist der vulnerable Mensch, der unterstützt werden muss. In der Diskussion darüber müssen wir ringen, wie diese Begleitung durch Seelsorger und professionellen Teams durchgeführt werden soll, ob der Assistierte Suizid als Regelangebot oder vor dem Hintergrund der gegebenen Kompetenzen als Ausnahme begriffen wird. Selbstverständlich gehört es zur Seelsorgeausbildung, Menschen in Extremsituationen zu begleiten. Im Kontext der Suizidassistenz stellt sich die Frage, ob sie regelmäßig und professionell mit Guidelines in evangelischen Häusern durchgeführt werden soll. Im Verhältnis von Regelangebot und Ausnahme liegt der Punkt, an dem sich evangelische Häuser und die Gesellschaft Rechenschaft ablegen müssen, ob wir wollen, dass jede Einrichtung die Möglichkeit des Assistierten Suizids vorhalten muss. Dabei geht es nicht nur um den Respekt vor der individuellen Selbstbestimmung, sondern um die Pluralismusfähigkeit unserer Gesellschaft, ob es also auch Räume der Sicherheit gibt, wenn Häuser bestimmte Dinge nicht regelmäßig vorhalten müssen, also Respekt vor dem Individuum, aber unterschiedliche Selbstbestimmungsbegriffe und die Kultivierung eines aktiven Pluralismus. Meine These lautet: Evangelische Häuser garantieren den Menschen, dass sie selbstbestimmt und in Würde sterben können, dass in den evangelischen Heimen diese Angebote nicht regelhaft vorgehalten werden müssen. Eine Woche nach der Veröffentlichung (des Beitrags von Reiner Anselm, Ulrich Lilie und Isolde Karle) sind Gesetzesentwürfe zur Suidzidassistenz von zwei Gruppen vorgebracht worden. Diese zeigen, dass es selbst im säkularen Bereich den Sterbehilfevereinen durch eine Tendenz zur Beratung auch die Grenzen gesetzt wurden, so dass man, glaube ich, nicht sagen muss, dass sich evangelische Häuser regelhaft auf dem Markt der Suizidassistenz beteiligen müssen. Denn selbstbestimmtes Sterben ist auch mit anderen Mitteln möglich, die wir in sicheren Räumen anbieten können.
Herr Anselm, Sie empfehlen Kirche und Theologie keine vorschnelle Parteinahme, sondern Neutralität. Was sagt denn aber die Bibel zum Suizid, welche Rolle spielen in dieser Frage biblische Bezüge und nicht nur das Urteil eines Gerichtes?
Anselm: Nochmals ein Nachsatz gegen Missverständnisse. Wir haben in unserem Beitrag nicht von Regelhaftigkeit gesprochen, es kann keine Rede sein, dass wir meinen, der Assistierte Suizid gehöre zum Normalangebot. Wir wollen dem Normalfall entgegentreten. Es ist wichtig, dass wir in der Semantik abrüsten. Die Bibel ist in der Frage des Suizids uneindeutig, es gibt darüber nur wenige Belege, an fünf Stellen kommt das Suizid-Thema vor, dabei wird der Suizid nirgends explizit verurteilt. Durch den Suizid des Christus-Mörders Judas wird der Suizid jedoch als unrühmliche Form des Todes im Christentum weiter tradiert. Zu dieser negativen Tradition kamen auch noch bevölkerungs- und militärpolitische Aspekte. Zur Wahrheit und Offenheit im Diskurs gehört auch, dass wir als evangelische Kirche irritiert zur Kenntnis nehmen müssen, dass die katholische Kirche mit Samaritanus Bonus wieder Positionen einnimmt, die wir glaubten überwunden zu haben, nämlich den Suizid moralisch zu ächten.
Dabrock: Mir liegt daran, dass wir keine falschen Fronten aufbauen. Wenn ich von regelmäßigem Angebot gesprochen habe, will ich nicht sagen, dass Suizidassistenz-Teams durch kirchliche Häuser gehen. Wenn allerdings in eurem Text von erweiterter Kasualpraxis gesprochen wird, dann ist das ein Modell, das mit Guide-Lines standardisiert werden soll, das besser sein soll als andere Qualitätsstandards. Wenn Standards gesetzt werden, kommt es zwangsläufig zu einer Geschäftsmäßigkeit. Zudem: Der Rückbezug, wie die Bibel mit dem Suizid umgeht, ist ungefähr so zielführend wie die Frage, wie die Biebel mit Homosexualität umgeht. Da werden Gegenwartsphänomene genommen und gefragt, was die Bibel dazu sagt. Mir wäre viel wichtiger, dass es im Sinne eines kulturellen Standards überhaupt nicht strittig ist, dass man Suizidenten nicht verurteilt, sondern begleitet und den Angehörigen beisteht. Denn ein Suizid ist hochgradig komplex und mit viel Leid und Vulnerabilität verbunden, was jede moralische Verurteilung verbietet. In Bezug auf die Bibel ist es mir wichtiger, zu schauen, welche Perspektive entwickelt die Bibel zu Selbstbestimmung und Begrenztheit, Scheitern und Verletzlichkeit und wie werden diese Begriffe in eine Balance gebracht werden.
Unsere Gespräche sollen dazu beitragen, Akzentunterschiede deutlich zu machen. Ich finde es deshalb schade, dass ihr in euren Text quasi das Bibelwort "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet" zugrunde gelegt habt. Dem kann ich zwar vollständig zustimmen. Für mich wäre aber Thessalonicher 5,11 ("Darum tröstet euch untereinander und einer erbau den anderen") auch relevant gewesen, eben dass man einander aufbauen und trösten soll. Denn als Kirche sollten wir diesen Gesichtspunkt der Begleitung und des Trostes zuerst als Frame starkmachen. Zudem: Ich will hinterfragen: Kann es Freiverantwortlichkeit wirklich geben, oder müssen wir ehrlicherweise sagen, dass wir immer geprägt sind von unserem ferneren und näheren Umfeld. Für den Assistierte Suizid bedeutet das, dass wir schauen, wie die sterbewilligen Menschen durch diese Prägungen hindurch zu einem möglichst selbstbestimmten Urteil kommen, und wir gleichzeitig bei den Menschen bleiben. Das halte ich für wichtiger, als zu zählen, wie viele Menschen in der Bibel Suizid begangen haben und ob sie dafür verurteilt wurden.
Anselm: Im weiteren Verlauf unseres Gesprächs würde ich gerne über die Sache der Kasualpraxis nochmals sprechen. Denn aus der Redaktion von Peter Dabrock wird eine mögliche Assoziation deutlich, die in meiner Perspektive gar nicht gemeint war.
Dabrock: Ich würde gerne über die Visionen sprechen, wie es weitergehen könnte in der Problematik des Assistierten Suizids. Dass Reiner Anselm keine Vorschläge gemacht hat, sehe ich ein bisschen anderes. Ich würde das gerne in den weiteren gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen und politischen Diskurs zum Thema Suidzidassistenz einbetten.
Anselm: In der Diskussion um eine neue Kasualpraxis schicke ich voraus, dass es nicht entsprechend einer breiten Rezeption um einen biblischen Richtungssinn geht, diesen Vorwurf ziehe ich mir sofort an, das hätte man mitsagen können, und das trifft auch eine Formulierung, die echt unglücklich ist. In unserem Artikel war "Neutralität" der Beratung unglücklich formuliert, das würde ich heute so nicht mehr schreiben. Gemeint war Unvoreingenommenheit, also Neutralität nicht im Blick auf das Ergebnis. Das bedeutet für mich, wie auch Peter Dabrock sagt, dass Trost und Ermutigung als Ziel im Zentrum stehen müssen.
Dabrock: Zustimmung! Von jedem von euch habe ich gehört, dass ihr den Begriff "Neutralität" so nicht mehr schreiben würdet, das wird von mir wahrgenommen und im positiven Sinne respektiert. Ich höre von Ulrich Lilie und von Reiner Anselm - zwar nicht explizit in dem ursprünglichen Text, aber in diesem Gespräch - , dass sie eine hohe Sensibilität für Lebensschutzfragen mitbringen. Das ist für den Diskurs und den weiteren Gang nach Vorne extrem wichtig, weil wir auch andere Rezeptionen des Textes gelesen haben. Das wollte ich als Bestätigung festhalten: Wir ringen im weiteren Diskurs um die Verhältnisbestimmung der Punkte Selbstbestimmung und Lebensschutz. Wenn wir auf dieser Grundlage nach Vorne schauen, kommen wir alle weiter.
Sind für Sie, Herr Anselm, Lebensschutz und Assistierter Suizid wirklich gleichrangige Optionen?
Anselm: Ja, ich würde sagen, das sind gleichrangige Optionen. Denn wir müssen einfach sagen, dass der Schutz des Lebens nicht nur Schutz des bloßen vitalistischen Lebens ist, das haben wir ja intensiv in anderen Beratungskontexten durchgespielt. Sondern es geht immer um das Leben eines Menschen, darin müssen die Dinge mitbalanciert werden. Wir stehen, wenn man so will, für die überindividuelle Perspektive auch mit ein, die jemand, der gerade in Zwängen oder im Tunnel seiner persönlichen Situation steht, so nicht sehen kann. Das ist gerade der Link zur erweiterten Kausalpraxis. Wir haben inzwischen verstanden, dass man das auch entgegengesetzt, auch anders assoziieren kann.
Es bleibt aber das Problem, dass die Begleitung von Angehörigen eine extreme Herausforderung ist. Denn in der Gesellschaft ist der Suizid nach wie vor stigmatisiert, ist für die Angehörigen eine Riesenbelastung.
Das können wir nicht vollständig verhindern. Deshalb zielt die erweiterte Kasualpraxis auf die Angehörigen, so wie bei einer Bestattung die Trauerfamilie weiter betreut wird. In dieser Form verstehe ich die erweiterte Kasualpraxis bei dem Assistierten Suizid als Form, dass der Beratungsprozess dieses Element miteinbringt. Dabei muss man in Kauf nehmen, dass auch der Assistierte Suizid für die Angehörigen eine traumatische Erfahrung sein wird. Die erweiterte Kasualpraxis meint aber gerade keine Regelhaftigkeit, das wurde womöglich anders wahrgenommen. Es ist deshalb wichtig, darüber akzentuiert und konstruktiv miteinander zu sprechen.
Mich hat in diesem Zusammenhang ein Beispiel von Isolde Karle über eine paradoxe Intervention beeindruckt: Sie berichtet von einer Pfarrerin, die mit einer Dame, die sterben wollte, ins Gespräch gekommen ist. Bei der Beratung habe die Seelsorgerin gefragt, ob diese Dame denn den Terminkalender ihrer Tochter kenne, die ja an diesem Tag zum Abschiednehmen kommen müsse. Daraufhin habe die Dame gesagt: "Wenn das so ist, lasse ich das". In dieser Perspektive müssen wir beraten. Wenn das in dem Artikel missverstanden wurde, sei es hiermit gerade gerückt, ungeschehen machen kann ich es ja nicht mehr.
Dabrock: Diese Klarstellungen finde ich sehr wichtig. Ich will ohne Rechthaberei nach Vorne und im Sinne des Diskurses darauf hinweisen, warum ich Bauchschmerzen habe, wenn in dem Text von einer Kasualie gesprochen wird. Denn Kasualpraxis umfasst über seelsorgerliche Gespräche und Begleitung hinaus immer Elemente des Rituellen, sie ist an eine Passage gebunden, liturgisch aufgearbeitet und in einer standardisierten Agende festgehalten. Das unterscheidet die Kasualie grundlegend von einem Gesprächsangebot. Denn wenn es für den Assistierten Suizid eine in einer standardisierten Form festgehaltene Agende gäbe, würde aus einer dramatischen, traumatisch erlebten Situation ein Normalfall. Wir sind uns aber einig, dass es um Würde, um Selbstbestimmung, um Freiheit geht. Diese Werte sollten wir in einer Gesellschaft, in der es fast einen Wettlauf um beratungsbegleitende Formen des Assistierten Suizids gibt, noch viel stärker im Sinne von konstruktiven, kontrastgesellschaftlichen Formen anbieten, indem wir sagen: "Wir brauchen mehr Selbstbestimmung für noch mehr Menschen."
Angesichts eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens sollte die Kirche primär darauf achten, dass das Schutzkonzept hochgehalten wird, anstatt darüber nachzudenken, wie wir eine begleitende Suizidassistenz anbieten können. Dafür, also für das Einbringen von Schutzkonzepten, hätte ich den Zeitpunkt jetzt für richtig gefunden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat uns empfohlen, auch über Schutzkonzepte nachzudenken. Dazu sagen jedoch die bisherigen Gesetzesentwürfe quasi kein Wort. Die Kirchen sollten die Parlamentarier zuerst und vordringlich auffordern: "Denkt über Suizid-Präventionsprogramme nach! – mindestens genauso wie in dem irrsinnigen Konzept von Katrin Helling-Plahr, Karl Lauberbach und Petra Sitte, flächendeckend ortsnahe Beratungsstellen für Suizidassistenz aufzubauen, obwohl es weniger als 100 Fälle pro Jahr in Deutschland gibt. Dieses Geld sollte besser in Suizidprävention, den palliativen Bereich und die Hospize gesteckt werden. Und trotzdem sollten Beratungen für Suizidassistenz ermöglicht werden. Wir müssen diesen Blickwinkel in der Gesellschaft drehen und Suizidassisstenz so einbetten. Deshalb war es unglücklich, dass der Diakoniepräsident diese anderen Elemente nicht als erstes ingebracht hat. Man kann jetzt nach Vorne blicken und Missverständnisse ausräumen, wie uns das jetzt gut gelungen ist mit der erweiterten Kasulapraxis.
Anselm: Auch dem kann ich zustimmen. Wir haben unsere Initiative als Beitrag zu einem Schutzkonzept verstanden. Deshalb reden wir an dieser Stelle etwas aneinander vorbei. Dass man eine erweiterte Kasualpraxis der Kasualie Bestattung auch anders assoziieren kann, war mir nicht klar. Wir haben jedenfalls nie daran gedacht, eine eigene Kasualie Suizidbegleitung einzuführen. Das Verschreiben und jede Zurverfügungstellung eines Medikaments ist definitiv keine seelsorgerliche Aufgabe. Das wurde auch in keiner Weise so von uns gesagt, das kann man abräumen. Aber ich höre, dass man das anders wahrnehmen kann, auch durch die unglückliche Falschassoziation zur Neutralität. Zum Lebensschutzkonzept gehört für mich entscheidend, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. In diesem Sinn hat mich aus der Praxis sehr Friedemann Nau beeindruckt. Er hat den Assistierten Suizid in seiner Klinik noch nie praktiziert und will es auch nicht tun, will sich diesem Wunsch aber auch nicht vollständig wiedersetzen. Die Bedürfnisse dieser Menschen ließen sich aber auflösen, wenn er mit ihnen ins Gespräch gekommen ist. Das ist damit gemeint.
Ich teile das Entsetzen über die Einfallslosigkeit der Politik, die das Bundesverfassungsgericht in einer der stärksten Passagen des Urteils dem Gesetzgeber attestiert hat. Denn dem Gesetzgeber fiele nichts anderes ein, als immer nur nach dem Strafrecht zu schauen.
Bei dem ganzen Aspekt des Schutzes und der Regulierung wird man nicht um die schwierige Aufgabe herumkommen, jemanden, der in einer schwierigen Situation ist, gegebenenfalls ganz offen zu sagen: "wir halten es nicht für vertretbar, einen Suizid zu haben". Das sind alles Dinge, die überhaupt noch nicht geregelt sind. Ich finde es geradezu erschütternd, dass dazu noch keine Anstalten unternommen worden sind. Wenn diese Vorschläge bereits vor unserem Artikel publiziert gewesen wären, hätte man ganz anders darauf reagieren müssen. Das ist eine Bankrotterklärung unseres politischen Systems und höchst irritierend.
Dabrock: Wichtig ist für den weiteren Verlauf, dass wir von zwei unterschiedlichen Akzenten herkommen, aber trotzdem an dieser Stelle etwas Gemeinsames identifizieren, was vorher sehr abstrakt formuliert worden ist. Der innerevangelische Diskurs kann ein Beispiel dafür sein, dass differenziert und ohne Polemik gegen die jeweils andere Gruppe versucht wird, den Diskurs weiterzuführen. Spannend wird sein, den einen Punkt, der zwischen der Gruppe von Reiner Anselm und der Gruppe von Wolfgang Huber und mir strittig ist, nochmal anzugehen, nämlich die Frage in einem gesamtgesellschaftlichen Konzept, wie wir angesichts der erschreckenden Einfallslosigkeit der bisherigen vorgelegten Gesetzentwürfen mit einem aktiven Pluralismus umgehen können. Das mache ich erst mal gar nicht daran fest, ob alle diakonischen oder kirchlichen Häuser so etwas wie eine Schutzklausel vorhalten müssen. Aber grundsätzlich ist zu überlegen: "Bieten wir in einer Gesellschaft, in der es möglich sein wird, dass man Suizidassistenz nur nach Beratung erhält – auch bei den liberalen Entwürfen deutet sich an, dass der Assistierte Suizid nicht einfach mit Freifahrtschein durchläuft – Suizidassistenz an. Oder solle es nicht auch bestimmte Einrichtungen geben, in denen vulnerable Menschen, die keine Suizidwünsche haben, von vornherein nicht gefragt werden, warum sie noch da sind. Schließlich hat auch das Bundesverfassungsgericht festgehalten, dass niemand zum assistierten Suizid gezwungen wird: Aber gilt das nur für Individuen oder auch für Einrichtungen? Wenn es solche Einrichtungen gäbe, würde es dem Pluralismus in der Gesellschaft guttun. Mit diesem Vorschlag will ich mich auch unabhängig von Kirche und Diakonie für die Humanität in der Gesellschaft einsetzen.
Von dem Bundesverfassungsgericht wird dem Einzelnen das Recht zuerkannt, sich nicht an der Suizidassistenz beteiligen zu müssen, das muss auch Trägern und Häusern ermöglicht werden, sofern ein gesellschaftliches Angebot vorliegt. Denn die Entscheidung eines Einzelnen hat auch Auswirkungen auf andere Menschen, die in einem Heim leben.
Was mich zu dieser Überlegung bringt, ist u.a. die Entscheidung des Ersten Senats vom 5.2., mit der ein politisch motivierter Eilantrag eines Ehepaars zurückgewiesen wurde, und zwar schon mit der Maßgabe der jetzt gegebenen Gesetzeslage. Weil der § 217 schon seit einem Jahr nicht mehr gilt, kann sich jeder, der will, Hilfe holen. Wollen wir also nicht diesen aktiven Pluralismus in der Gesellschaft irgendwie mitberücksichtigen? Deshalb wünsche ich mir für die Ausgestaltung des Assistierten Suizid nicht nur in der Kirche, sondern in der ganzen Gesellschaft, dass Suizidprävention, der Palliativbereich und Hospiz viel intensiver sozialrechtlich abgefedert und eingebettet werden müssen und damit auch Einrichtungen diese Form des Sterbens nicht ermöglichen müssen.
Lässt bei aller nachvollziehbarer Logik die Vorstellung, die Kasualie der Bestattung um den Assistierten Suizid zu erweitern, nicht auch etwas schaudern?
Anselm: Nein. Denn es geht darum, die Begleitung der Hinterbliebenen so zu gestalten, dass bereits vorher mit ihnen und den Angehörigen gesprochen wird. Um es einmal ungeschützt zu formulieren: Wenn irgendeine Person in irgendeiner Weise sagt, "für Sie ist der Assistierte Suizid die bessere Möglichkeit", müsste dieser Person sofort gekündigt werden. Denn ganz grundsätzlich darf die Initiative niemals von einer kirchlichen Einrichtung ausgehen. Die Kirche muss sich auch nachhaltig dafür einsetzen, dass auch keine andere, staatliche Einrichtung das tut. Die knifflige Frage und der entscheidende Punkt dabei bleibt, dass der allergrößte Druck aus dem Nahbereich kommt, wie wir wissen. Wie kann also verhindert werden, dass die Angehörigen sagen: "Oma, jetzt ist gut!". Denn es muss klar sein, dass ein Schutzkonzept nicht möglich ist, wenn staatliche Stellen diesen Wunsch nach Assistiertem Suizid artikulieren.
Dabrock: Zu dem Schutzkonzept gehört eigentlich, auch alternative Frames anzubieten. Denn ich stimme überein, dass die Initiative nicht von einem Betreuenden ausgehen darf, Arzt, Pfleger oder Seelsorger, das wäre ein Tabubruch. Ich habe als Vision eines alternativen Frames die Geschichten, die ich von Menschen mitbekomme. Das sind auch – wie gerade unprätentiös im Wort zum Sonntag zu Suizidbegehren beschrieben – glückliche Geschichten. Aber Theologen arbeiten nun mal mit abstrahierenden Geschichten, um dann zu schauen, was sich auftun kann, wenn beziehungsorientierte Freiheit und Sterben zusammengedacht werden können. Das heißt nicht, dass tragische Geschichten zur Seite geschoben werden sollen. Aber zuerst einmal sollten wir die positive Vision in den Vordergrund rücken. Das sollten wir auch institutionell noch einmal befördern. Der § 215 ist tatsächlich etwas feigenblattmäßig. Aber die meisten haben vergessen, dass die Debatte um die Suizidassistenz, die dann im § 217 endete, von einer Initiative des damaligen Bundesgesundheitsministers Gröhe begleitet wurde – wenn auch nur unzureichend. Wenn wir eine positive Vision entwickeln und darüber reden, wie wir mit Situationen umgehen, die nicht in die Frames hineinpassen, haben wir eine ganz andere Diskussion als wenn wir sagen, wir sehen uns als Vorläufer von Lauterbach und Sitte.
Aus der Praxis berichten immer wieder Menschen, die beispielsweise als Pflegekräfte in der Diakonie beschäftigt sind, dass alte Menschen Suizid begehen – indem sie sich mit dem Rollator die Treppe hinunter stürzen, Tabletten sammeln, sich mit dem Brotmesser die Pulsader aufschneiden. Die Pflegekräfte müssen mit diesen Ankündigungen umgehen und auch mit den Folgen misslungener Suizide. Sie, Herr Dabrock, regen an, durch Schutzklauseln die Pluralität in der Gesellschaft zu erhalten. Die diakonischen Heime würden dann Inseln der Seligen, in denen sich aber auch niemand mehr traut zu sagen, dass er seines Lebens überdrüssig ist. Sie sprechen davon, wie diakonische Einrichtungen mit dem BVG-Urteil und dem kommenden Gesetz umgehen sollen. Wäre es nicht viel dringender zu klären, wie private Heime damit umgehen sollen. Wie soll die Kirche agieren, dass der Assistierte Suizid nicht in privaten Häusern zum Regelangebot wird, wenn der Lebensschutz an erster Stelle stehen soll? Wie kann die Kirche Einfluss nehmen auf die Gesetzgebung, die gerade erfolgt. Insgesamt scheint die Gefahr zu bestehen, dass die Diskussion zu theorielastig erfolgt. Wie soll denn die Diakonie mit dieser Frage konkret umgehen, den Sterbewunsch ignorieren und diese Leute vor die Tür setzen?
Dabrock: Es gibt unterschiedliche Sprachformen, was aber nicht heißt, dass die Diskussion bei Reiner Anselm und mir theorielastig ist. Denn wir haben unendlich viele Gespräche auf unterschiedlichen Ebenen geführt mit Pflegekräften bis hin zu politischen Entscheidungsträgern. Bei mir kommt noch die persönliche Betroffenheit als Angehöriger einer Mutter dazu, die weit von mir entfernt in einem Heim lebt, in dem Suizidassistenz ja dann auch angeboten werden könnte. Unsere Aufgabe ist die ethische Perspektive, und das ist nicht praxisfern, sondern alles ist auf diese Fragen, die Sie stellen, zugespitzt. Natürlich darf man Menschen nicht allein lassen. Allerdings würde ich es auf der individuellen wie auch auf der organisatorischen Ebene als dramatisches Zeichen erachten, wenn Menschen Suizidassistenz regelmäßig tun wollen.
Mich beschäftigt, welches Bild wir von der vierten Lebensphase haben – auch in der Diakonie mit ihren vielen Fortbildungen für Mitarbeitende – : also nicht mehr das Bild der jungen Alten, die mit dem Wohnmobil durch Europa fahren, sondern als eine Phase, in der es auf die finale Strecke zugeht. Darüber habe ich viele Gespräche mit Andreas Kruse geführt, den ich für einen führenden Gerontologen halte. Es mangelt in Theorie und Praxis an Hoffnungsbildern für diese vierte Lebensphase. Das baden die Angehörigen aus. Es bewegt mich deshalb ungemein, wie es gelingen kann, mit "Schuldgeschichten" umzugehen. Darüber hinaus: Wenn jemand in einer diakonischen Einrichtung freiverantwortlich einen Suizidwunsch hat, muss es Wege geben, die nicht das klassische Geschehen der Suizidassistenz haben, sondern bei denen der Zeitfaktor, der Reversibilitätsfaktor, palliative Sedierung und das Berufsethos der Begleitenden eine Rolle spielen.
Anselm: Davon kann ich vieles unterschreiben. Wichtig ist die Richtung des Impulses. Wir müssen uns noch mehr über den richtigen Weg verständigen, wie wir mit Sterbewünschen umgehen können. Das Thema ist und bleibt tabuisiert. Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir nicht neue Tabuisierungen aufbauen, und wir müssen uns deutlich verwahren gegen Tendenzen in der katholischen Kirche, dieses Thema wieder stärker zu tabuisieren. Das ist definitiv der falsche Weg.
In ausweglosen Situationen wird mehr Betreuung und mehr Begleitung wirklich helfen können, aber auch dadurch können diese Situationen nicht vollständig in den Hintergrund gerückt werden. Wie schwierig das ist, erleben wir durch die beschriebenen Suizide sterbewilliger Menschen in den Heimen. Wenn es wirklich nicht mehr anders geht, können wir vermitteln. Es ist und bleibt aber ein Dilemma, weil diese Sachen für das Personal fürchterlich sind. Wir sehen die Nöte und müssen darüber sprechen. Es gibt jedoch keine einfachen Lösungen, sondern alle Aspekte müssen ohne Vorverurteilungen ernst genommen werden - das Berufsethos der Pflegekräften, die Angehörigen und die sterbewilligen Menschen – und offen besprochen werden. In der Anfangsphase der Diskussion haben nicht alle Beiträge positiv und konstruktiv dazu beigetragen. Unser Gespräch trägt jedoch sehr viel dazu bei. Ich würde mir wünschen, dieses Gespräch mit den Pflegekräften weiterzuführen. Im Augenblick läuft das Gespräch viel zu sehr auf der Funktionärsebene. Ich habe aber das Gefühl, es kommt jetzt viel in Gang.
Dabrock: Gegenüber der katholischen Kirche sollten wir unbedingt unsere Gemeinsamkeit unterstreichen. Es wäre jedenfalls falsch, einen unnötigen Keil zwischen die Gruppe um Reiner Anselm als vermeintliches Team Selbstbestimmung und die Gruppe um Wolfgang Huber als vermeintliches Team Lebensschutz zu treiben. Was uns verbindet, sind primär Selbstbestimmung, Beziehungsorientierung sowie Sensibilität für Inklusion und Lebensschutz. Um die Gewichtung dieser Punkte müssen wir ringen. Aber sie alle sollen festgehalten werden in der Klammer der Selbstbestimmung. Ganz wichtig ist vor allem, dass wir durch dieses Gespräch eine gemeinsame Grundlage gegenüber den Zuschreibungen von außen gefunden haben und jetzt nach Vorne schauen, wie das in der Gesellschaft und in der Kirche umgesetzt wird.