In Tel Aviv trifft sich die Welt. In der jungen, innovativen, urbanen und frechen Stadt vereinen sich viele Kulturen und Traditionen. "Dort passiert alles", erzählt Haya Molcho, "da gibt es Essen, tolle Clubs, tolles Nachtleben, wenn man dort um zwei Uhr nachts auf die Straße geht, dann ist Stau, im Gegensatz zu Europa. Das ist das Leben pur". Die lebhafte, charmante Frau mit den blonden Locken ist in Tel Aviv geboren und aufgewachsen. Jetzt lebt sie hauptsächlich in Wien, hat aber auch noch ein Wohnung in der Trendmetropole am Mittelmeer. Mit ihren vier Söhnen hat sie die "NENI" Restaurants gegründet. Mit der Eröffnung des ersten Lokals vor etwa zehn Jahren, brachte sie die israelische Küche zuerst nach Wien und dann nach ganz Europa: nach Berlin, Köln, Paris Mallorca und München. Der Name "NENI" besteht aus den Anfangsbuchstaben ihrer Söhne Nuriel, Eli, Nadiv und Ilan. Mit ihnen hat sie jetzt ein Koch- und Geschichtenbuch veröffentlicht, ein lebendiges Porträt der Stadt Tel Aviv.
Das erste Reise-Kochbuch zur Trendmetropole Tel Aviv
Haya und ihre Söhne vermitteln das Lebensgefühl der Stadt mit ausdrucksstarken Fotos und Geschichten zu den Rezepten. In der israelischen Küche spiegelt sich die Gesellschaft des kleinen Landes im Nahen Osten wieder. Die vielen Einwanderer aus der ganzen Welt, die nach der Staatsgründung vor 70 Jahren ins Land gekommen sind, haben alle ihre Familienrezepte mitgebracht: Menschen aus Osteuropa, dem Jemen, aus Marokko, Frankreich, Spanien oder aus Rumänien, woher auch Hayas Herkunftsfamilie stammt. "Ich bin mit einer Weltküche aufgewachsen. Die israelische Küche ist der Einfluss der Wurzeln der Eltern plus der Nahe Osten, der Mittelmeeraum, Israel, Jordanien, Palästina. Diese Kombination ist die Frechheit, die wir kochen können", so Haya.
Die Kombination von allem macht die israelische Küche aus. Die Spontanität, die Riskiofreude und Improvisationslust der jungen Generation aus Tel Aviv toppt das Ganze noch und deshalb ist die Kochszene in Tel Aviv hipper als im Rest des Landes. "Wir können alles kochen und es ist immer authentisch," so Haya. Die koscheren Speisegesetze der jüdischen Religion berücksichtigt sie nicht, so wie die meisten der Tel Aviver Gastronomen. Dennoch hat die Vorschrift, dass Milch und Fleisch nicht gemischt werden darf, Einfluss auf die Gerichte. Dadurch entstanden die vielen vegetarischen und veganen Rezepte. Die sind, laut Haya, auch mit ein Grund dafür, dass die israelische Küche in Europa so angesagt ist. Das Essen passt gut zum modernen und gesunden Lebensstil junger Menschen.
Taxifahrer und Foodblogger, Überlebenskünstler und Kneipenwirt
Zu den Rezepten im Buch gibt es Geschichten von neugierigen Köchen und Trendsettern, von einem Taxifahrer und Foodblogger und von "Nicht-Geschäftsfrauen". Oder die bewegende Geschichte einer Freundschaft zwischen einem palästinensischen Fischer aus Jaffa und einem israelischen Schriftsteller, die beide die Liebe zum Meer verbindet. Besonders berührend ist die Lebensgeschichte des fast 90-jährigen Holocaust-Überlebenden Mati Landstein, der bis heute der Wirt einer Bierkneipe ist und eine Institution im Levinsky Market Viertel in Tel Aviv.
"In Tel Aviv steckt hinter jeder Kneipe und hinter jeder Fassade, hinter jedem Rezept so eine interessante Geschichte", erzählt Haya Molcho, und das macht aus diesem Buch viel mehr als nur ein Kochbuch. Immer wenn die Menschen zusammen am Tisch sitzen, beginnen sie zu erzählen. Nicht nur das Essen wird geteilt, auch Meinungen, Ideen und Rezepte. Das war auch Hayas Konzept bei der Eröffnung ihres ersten Lokals in Wien 2009: "Wir waren die ersten, die gesagt haben, unser Restaurant soll wie ein Wohnzimmer sein, wie bei uns zuhause. Ich bin mit einem Künstler verheiratet und wir hatten immer viele Gäste aus der ganzen Welt." Diese Atmosphäre soll das NENI vermitteln. Der Künstler, mit dem Haya verheiratet ist, ist übrigens Sammy Molcho, der Pantomime, Buchautor und Experte für Körpersprache.
Die Familie Molcho ist sehr weltoffen und viel unterwegs. "Wir sind Nomaden", lacht Haya. Und München besuchen sie besonders gerne. Denn die Stadt ist auch ein bisschen ihre Heimat, weil ihr Vater hier bis zu seinem Tod gelebt hat.
Buch-Tipp
Haya Molcho & Söhne: NENI, Tel Aviv, Food.People.Stories.
Mit Fotografien von Nuriel Molcho
279 S., Brandstätter Verlag, Wien
ISBN 978-3-7106-0091-3
35,00 €