Die bayerische evangelische Landeskirche steckt mitten im Strukturprozess. Dekanate werden zusammengelegt, Kirchenkreise neu geformt. Am 1. Januar ist es in Schwaben offiziell so weit: Aus den drei Dekanaten Oettingen, Nördlingen und Donauwörth wird das Donau-Ries-Dekanat. Dekan wird Frank Wagner, der bislang in Donauwörth den Hut aufhatte. Er erzählt, warum er die Zusammenlegung für genau richtig hält, welchen Rekord-Titel Oettingen durch die Fusion nun los ist und welch hoher Besuch sich zur Gründungsfeier am 12. Januar 2025 angekündigt hat.
Herr Wagner, wie läuft denn so eine Dekanatsgründung formal eigentlich ab?
Frank Wagner: Eigentlich recht unspektakulär. Die Landeskirche hat beim Kultusministerium einen Antrag gestellt, aus drei Körperschaften des öffentlichen Rechts, was Dekanate ja rein rechtlich sind, eine zu machen. Wir bekommen dann offiziell eine Urkunde und ein Siegel. Noch habe ich beides nicht in Händen gehalten. Ich hoffe, das kann ich dann am 12. Januar tun. Trotzdem steht der Neugründung von dieser Seite nichts entgegen.
Da wird die Gründung des Dekanats Donau-Ries gefeiert und Sie als erster Dekan eingeführt.
Wagner: Ich freue mich sehr, dass wir den Prozess zu einem guten Ende gebracht haben. Die Pläne, die drei kleinen Dekanate Oettingen, Donauwörth und Nördlingen zusammenzuführen, gab es ja schon länger. Wir wussten, dass wir auf Dauer in so kleinen Einheiten nicht weiter machen konnten. Das war einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Diakonie-Einrichtungen, evangelischen Bildungswerke oder Kirchenchöre haben ja schon längst dekanatsübergreifend zusammengearbeitet. Irgendwann musste es so kommen: aus 3 mach 1. Was gut und sinnvoll ist und unsere Arbeit auch effizienter macht. Und: Unser Dekanat ist bis auf zwei Gemeinden nun fast deckungsgleich mit dem Landkreis Donau-Ries.
Sie liegen damit voll im Trend: Landeskirchenweit werden Dekanate zusammengelegt, selbst bei den drei südlichen Kirchenkreisen Augsburg-Schwaben, München-Oberbayern und Regensburg heißt es neuerdings: aus 3 mach 1 - nämlich den großen Kirchenkreis Schwaben-Altbayern...
Wagner: Die Landeskirche befindet sich mitten im Strukturprozess. Die Zahl der Kirchenmitglieder geht zurück, genauso wie die Kirchensteuereinnahmen, Pfarrernachwuchs fehlt. Auch wenn bei uns im Ries die Menschen noch gut mit der Kirche verbunden sind, geht auch an uns diese Entwicklung nicht spurlos vorüber. Darauf muss man auch in der Struktur reagieren. Wir waren mit unseren Fusionsplänen etwas früher dran und konnten sie selbst von der Basis aus gestalten. Das hat den Vorteil, dass alle Beteiligten hinter der Dekanatsgründung stehen, auch die meisten Gemeindeglieder stehen dem Ganzen sehr positiv gegenüber.
Welche Einwände hat der Rest?
Wagner: Es gibt immer Menschen, die Veränderungen kritisch sehen. In der Region haben einige bemängelt, dass jetzt der "Kuschelfaktor" verloren geht. Oettingen war ja bislang mit seinen etwas mehr als 5.000 Gemeindegliedern das kleinste Dekanat Bayerns. Da ging es in der Tat sehr familiär zu, wie in einer Kirchengemeinde. Den Titel ist Oettingen zwar jetzt los. Aber seien wir ehrlich: Räumlich sind wir immer noch überschaubar. Dafür hat das neue Donau-Ries-Dekanat nun personell gesehen mit 30.000 Gemeindegliedern in 51 Gemeinden eine ordentliche Größe. Damit rangieren wir bei den bayernweit rund 60 Dekanaten im oberen Drittel.
Sitz des Donau-Ries-Dekanats soll Nördlingen sein. Sie waren bislang Dekan in Donauwörth. Zwischen den zwei Städten gibt es ja durchaus Rivalität...
Wagner: Natürlich wurde ein wenig geschmunzelt, dass ausgerechnet der Donauwörther Dekan nach Nördlingen kommt. Zwischen den Städten herrscht eine kleine Rivalität, weil im Zuge der Gebietsreform in Bayern Nördlingen und Donauwörth in den 1970er Jahren zum Landkreis Donau-Ries zusammengelegt wurden und unter anderem das Landratsamt nach Donauwörth gelegt wurde.
Es war aber recht schnell klar, dass Nördlingen der zentrale Sitz des Dekanats wird. Es waren schon immer viele kirchliche Behörden hier. Auch die Kirche St. Georg mit ihrem Turm "Daniel" ist weit über die Grenzen Nördlingens hinaus bekannt und ein evangelisches Wahrzeichen.
Sie freuen sich also auf Ihre neue Aufgabe?
Wagner: Ja sehr. Mein persönliches Highlight ist, dass ich jetzt zu 100 Prozent Dekan bin. Vorher war ich auf einer halben Stelle Dekan und auf der anderen halben Stelle geschäftsführender Pfarrer. Das war ein Balanceakt, der einen irgendwann zerreißt. Jetzt habe ich einen klaren Zuschnitt und einen klaren Dienstauftrag. Mein Schwerpunkt wird zunächst natürlich auch sein, die neuen Strukturen zu festigen und den neuen Verwaltungsapparat aufzubauen. Das wird spannend.
Ansonsten freue ich schon sehr darauf, alle Gemeinden und Menschen kennenzulernen. Ich möchte, wie schon bisher, in den Gemeinden und Kirchenvorständen präsent sein, vorbeischauen, mal einen Gottesdienst halten.
Sind Sie eigentlich traurig, dass kein Augsburger Regionalbischof bei der Dekanatsgründung dabei sein wird? Axel Piper hat sich ja 2024 in den Ruhestand verabschiedet, die Stelle wurde erst mal nicht nachbesetzt. Stattdessen hat die Landessynode beschlossen, einen großen Kirchenkreis Schwaben-Altbayern zu erproben, mit dem Münchner und dem Regensburger Regionalbischof als Doppelspitze.
Wagner: Ein bisschen traurig sind wir hier schon. Natürlich ist der große Kirchenkreis sinnvoll, und wir Schwaben lassen uns auf den neuen Prozess ein. Aber dass Augsburg als Stadt der Reformation keinen evangelischen Regionalbischof mehr als Gegenüber zum katholischen Bischof hat, ist schon schade. Aber: Das Ganze hat den Vorteil, dass wir hohen Besuch bekommen bei unserer Dekanatsgründungsfeier.
Von wem?
Wagner: Nachdem kein Augsburger Regionalbischof mehr zum Einladen da war, haben wir eben gleich bei Landesbischof Christian Kopp angefragt. Und er kommt. Das ist für unser Dekanat schon etwas Besonderes.
Stimmen aus dem neuen Dekanatsbezirk
Reinhold Bittner, Präside der Dekanatssynode Oettingen, seit 36 Jahren Mitglied im Kirchenvorstand:
"Wir sind so gut aufgestellt für die zukünftigen, aber auch veränderten Aufgaben im Dekanat. Den immer weniger werdenden Pfarrern, aber auch Gottesdienstbesuchern, einschließlich der geringeren Finanzmittel können wir so besser begegnen."
Kathrin Benning-Lill, Präsidin der Dekanatssynode Nördlingen:
"Ich komme aus der sehr kleinen Gemeinde Forheim. Wir pflegten mit bisher sieben weiteren Gemeinden schon seit über 20 Jahren die Kooperation "Südries". Dort wurde schon lange in der Konfirmandenarbeit, der Gottesdienstplanung, bei Veranstaltungen und beim Gemeindebrief eng zusammengearbeitet. Solche Kooperationen bringen Entlastung und können jetzt auch in den Regionen gedacht werden. Zudem können soziale Verbindungen über ehemalige Grenzen hinweg genutzt werden."
Pfarrerin Katharina Seeburg, Kleinsorheim und Großsorheim, Dekanatsbezirk Donauwörth:
"Ich hoffe, dass so manche Grenze im Kopf verschwindet. Und da meine ich nicht nur die alten Dekanatsgrenzen. Sondern auch die zwischen einer Gemeinde und der Nachbargemeinde. So dass mehr Bewegung stattfinden kann. Zum einen bei der Verteilung von Aufgaben und Planung von Gottesdiensten und Veranstaltungen durch uns Hauptamtliche. Zum anderen durch die Gemeindeglieder, die sich vielleicht mehr und mehr auch mal nach nebenan zum Familiengottesdienst, Konzert oder Gesprächsabend einladen lassen."
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