Mit einem bewegenden Gedenkakt hat der bayerische Landtag zusammen mit der Stiftung Bayerische Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) sagte am Montag in Würzburg, dieses Gedenken gehe "mit einer Kampfansage" an alle Feinde und Gegner der Demokratie einher.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, berichtete aus seiner eigenen Familiengeschichte. Sein Vater und sein Großvater wurden zuerst nach Dachau und später nach Buchenwald deportiert - ehe man sie 1938 ausreisen ließ.

Gedenkakt in Würzburg

Aigner sagte, mit Blick auf die 1.700-jährige Geschichte des Judentums auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands sei es wichtig, sich allen, die die "Demokratie bekämpfen, die Misstrauen schüren gegenüber demokratischen Institutionen und unserem Rechtsstaat", entgegenzustellen. Die Demokraten müssten sich fragen, ob die heutige Gesellschaft schon so sei, wie man sich das wünsche: "Fakt ist: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist nicht überwunden." Im Gegenteil würden die Aufwiegler wieder lauter und fühlten sich bestärkt, Tabus und Dämme zu brechen.

Zentralratspräsident Schuster sagte, Gedenkfeiern an die Opfer des Nationalsozialismus begleiteten ihn schon sein ganzes Leben. Als sechsjähriger Bub sei er erstmals von seinen Eltern mit zur Gedenkfeier anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau mitgenommen worden. "Die Schoa war - so traurig es ist - immer auch Teil unserer jüdischen Identität", betonte Schuster.

Die Aufarbeitung der NS-Zeit müsse weiter "in jeder Generation stattfinden", Deutschland könne vor seiner Vergangenheit "nicht davonlaufen und in der Gegenwart nicht wegschauen".

Landtags-Vizepräsident und Stiftungspräsident Karl Freller (CSU) sagte, angesichts der bösartigen Vergleiche der Verfolgungen in der NS-Zeit mit heutigen Pandemie-Maßnahmen durch Corona-Leugner sei eine gelebte Gedenkkultur wichtig. Ohne diese werde Geschichte - ob nun bewusst oder unbewusst - irreführend oder falsch ausgelegt.

Anfang der 1940er Jahre seien Frauen, Kinder und Männer mit Zügen weggeschafft, in Lager gesperrt und dort ermordet worden. Gerade mal 63 der mehr als 2.000 Deportierten aus ganz Mainfranken überlebten dies, erläuterte Freller.

Opfer des Nationalsozialismus

Aigner betonte, man dürfe "keine antidemokratischen Tendenzen dulden", egal wie "klein oder unbedeutend" sie auch scheinen mögen. Sie erinnerte daran, dass die Deportation der mehr als 2.000 jüdischen Frauen, Kinder und Männer aus Unterfranken von 1941 bis 1944 offen geschah, für jeden sichtbar: "bürokratisch organisiert, barbarisch ausgeführt."

Nur drei Prozent der damals Deportierten überlebten die Vernichtungslager des NS-Regimes: "Die Menschen sollten ausgelöscht werden aus der Bevölkerung, aus der Kultur, aus dem kollektiven Gedächtnis."

Der Gedenkakt fand am Denkort Deportationen vor dem Würzburger Hauptbahnhof statt, der 2020 eröffnet wurde - ein dezentrales Mahnmal, das aus symbolischen Gepäckstücken der Deportierten besteht. Von jedem Koffer, Rucksack oder Bündel gibt es zwei Exemplare - eines steht vor dem Hauptbahnhof, eines im letzten selbst gewählten Wohnort der Deportierten. Das Gedenken am Montag musste heuer wegen der Corona-Pandemie ohne Gäste stattfinden. Nur die Handelnden selbst nahmen teil. Es wurde live im Bayerischen Fernsehen übertragen.