Pflegevereinigung lehnt Corona-Impflicht für Pflegekräfte ab

Mittwoch, 13. Januar, 08.47 Uhr: Eine mögliche Corona-Impflicht für Pflegekräfte sieht die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) kritisch. Man empfehle zwar den Pflegekräften, sich zu dem Thema möglichst umfassend, neutral und sachlich zu informieren, sagte VdPB-Sprecherin Anke Röver im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Von einer Impflicht halte man aber wenig, sondern appelliere vielmehr an die Verantwortung, die Pflegende gegenüber Patienten und Kollegen hätten.

"Eine Impfung mag vielleicht ein Risiko mit sich bringen, eine Covid-19-Erkrankung tut das ganz gewiss."

Man verweise dabei auch auf die Hepatitis-B-Impfung, die zwar formell für berufliche Pflegekräfte nicht verpflichtend sei, aber als zwingende Voraussetzung für eine pflegerische Tätigkeit in den Einrichtungen gilt, sagte Anke Röver weiter. Deren Sinn werde von niemandem in Zweifel gezogen.

Dass die Corona-Impfbereitschaft unter Pflegekräften derzeit zurückhaltend ist, habe nachvollziehbare Gründe, betonte VdPB-Sprecherin Anke Röver weiter. In erster Linie seien die Pflegekräfte unsicher, weil es noch kaum Erkenntnisse zu möglichen Langzeitfolgen gebe. Außerdem gebe es Fragen zur deutlich verkürzten Entwicklungszeit der Corona-Impfstoffe sowie deren schnellen Zulassung. Viele Pflegekräfte wollten ganz pragmatisch erst einmal abwarten. In einigen Fällen zeigten sich weibliche Pflegekräfte zurückhaltend, wegen des Hinweises, "eine Schwangerschaft nur mit größerem zeitlichen Abstand zur Impfung in Betracht zu ziehen."

"Wir sind überzeugt, dass die Impfbereitschaft bei den Pflegenden durch sachliche Information und gute Vorbilder in den Einrichtungen in der aktuellen Lage rasch und stetig steigen wird und so eine Impfpflicht nicht nötig sein wird", sagte Röver. Dennoch sei die Situation sehr differenziert: In manchen Einrichtungen gebe es bereits Wartelisten für Pflegepersonal, das sich impfen lassen wolle, in anderen wiederum sei von "einem hohen Prozentsatz" auszugehen, der eine Impfung derzeit noch ablehnt, räumte Röver ein. Generell beobachte man aber auch, dass die Impfbereitschaft der Pflegenden zunehme, je näher sie an Corona erkrankten Patienten dran sind, etwa auf Intensivstationen.

Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und eigenen Angaben zufolge ein unabhängiges Sprachrohr von und für professionelle Pflegekräfte in Bayern. Die VdPB wurde 2017 gegründet und hat unter anderem die Aufgabe, die Qualität der Pflege weiterzuentwickeln. Dazu wirkt die VdPB an Gesetzgebungsverfahren mit und vertritt die Pflegenden in Gremien wie beispielsweise dem Landespflegeausschuss.

Söder will ethische Debatte über Impfpflicht für Pflegekräfte

Dienstag, 12. Januar, 09.04 Uhr: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine Impfpflicht für Pflegekräfte zum Schutz vor dem Coronavirus ins Gespräch gebracht. "Der deutsche Ethikrat sollte sich damit beschäftigen", sagte Söder im "Morgenmagazin" des ZDF und begründete seine Forderung mit dem Bemühen um den Schutz der Bewohnerinnen und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen. "Eine allgemeine Impfpflicht wird und soll es nicht geben", sagte der CSU-Vorsitzende.

Der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag) hatte Söder zuvor gesagt, leider gebe es "unter Pflegekräften in Alten- und Pflegeheimen eine zu hohe Impfverweigerung". Es wäre deshalb "gut, wenn der deutsche Ethikrat Vorschläge machen würde, ob und für welche Gruppen eine Impfpflicht denkbar wäre". In den Pflegeheimen gehe es schließlich um Leben und Tod.

In den Krankenhäusern scheine die Situation deutlich besser zu sein, im Pflegebereich schwieriger, sagt Söder mit Verweis auf Erfahrungen in Bayern. "Ich glaube, das hat schon etwas mit diesen unglaublichen Fake News zu tun", sagte er. Deswegen brauche es auf der einen Seite Aufklärung, aber auch ein Gebot, wie wichtig eine Impfung ist. Insbesondere bei Pflegekräften gehe es nicht allein um den Eigenschutz, sondern um den Schutz des Nächsten.

Söder sagte, auch in anderen Bereichen gebe es eine Impfpflicht und verwies auf Impfungen gegen Masern. "Und wenn sie jetzt mal vergleichen, ist die Gefahr von Corona natürlich deutlich höher", sagte der bayerische Ministerpräsident. Derzeit ist etwa der Nachweis einer Masernimpfung notwendig, um ein Kind in der Kita anzumelden. Auch im Gesundheitssystem und für Reisen gibt es Vorschriften zu Impfungen.

Seit dem Start der Corona-Schutzimpfungen Ende vergangenen Jahres wird aus Einrichtungen über eine geringe Impfbereitschaft bei Pflegekräften berichtet. Genaue Zahlen dazu gibt es bislang aber noch nicht. So berichtete der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste vor einigen Tagen, ihm lägen noch keine eigenen Daten zur Impfbereitschaft von Fachkräften in der Altenpflege vor. Er verwies auf eine Umfrage der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, wonach sich rund die Hälfte der Pflegekräfte momentan nicht impfen lassen will.

Söder sagte, man brauche "eine große staatliche Kampagne zur Förderung der Impfbereitschaft, an der sich Vorbilder aus Kunst, Sport und Politik beteiligen". Man müsse den vielen Fake News, die verbreitet werden, etwas entgegensetzen. Sich impfen zu lassen sollte "als Bürgerpflicht angesehen" werden.

"Wenn die Alten- und Pflegeheime durchgeimpft sind, könnten sich auch die Spitzen des Staates als Vorbild impfen lassen", sagte Söder. Bisher gehe "das noch nicht, weil wir uns zu Recht zuerst um die besonders gefährdeten Mitbürger kümmern".