"Es ist wie in einer guten Beziehung: Ich bin nicht alleine mit meinem Leben, mein Leben geschieht mit anderen, es geschieht mit einem Gegenüber, ich lasse das Gegenüber Anteil nehmen an mir. Ich gebe mich meinem Gegenüber vertrauensvoll preis, mit all meinen Schwächen und Stärken, und es passiert durchaus das eine oder andere Mal, dass man nicht einer Meinung ist, klar. Aber dann geht es konstruktiv kritisch um die Sache -  die Basis bleibt erhalten: das Miteinander." So beschreibt Gerhardt Knodt die Leitgedanken, nach denen die Mitglieder der "Emmaus Lebensgemeinschaft e.V." in der mittelfränkischen Kleinstadt Hersbruck leben. Der 46-jährige evangelische Pfarrer ist Leiter dieser besonderen Familienkommunität, deren Vorgeschichte stolze 30 Jahre zurückreicht.

Emmaus Lebensgemeinschaft (Hersbruck, Landkreis Nürnberger Land)

"In den Siebzigern fand in Hersbruck eine kirchliche Jugendveranstaltung statt", erzählt Knodt. "Hieraus resultierte eine Gruppe junger Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren, die beschloss: ,Wir möchten uns für eine bestimmte Zeit für die Mitarbeit in unser Kirchengemeinde verpflichten. Wir möchten herausfinden: Wer ist Gott? Was will Gott? Wir möchten die Antworten auf diese Fragen leben.'" Die Mädchen nannten sich "Sonntagskreis" und zogen ihren Beschluss, sich für gemeindliche Mitarbeit zu verpflichten, nicht nur ein Jahr durch, sondern gleich mehrere hintereinander. 1978 stieß Gerhardt Knodt zu dem "Sonntagskreis" und ließ sich von dem Trend anstecken : "In unserem Kreis wurde es Stil, für eine gewisse Zeit so eine gemeindeorientierte Verbindlichkeit einzugehen, wie es die Älteren vormachten."

1982 regte ein weibliches Mitglied des "Sonntagskreises" eine Namensänderung an; "Sonntagskreis" klang ihr zu beliebig, sie wollte was Signifikanteres – wie wäre es mit "Emmaus-Kreis"? "Der Vorschlag stieß sofort auf allseitige Zustimmung", nickt Pfarrer Knodt lächelnd. "Emmaus" geht zurück auf das Lukasevangelium, 24. Kapitel, in welchem zwei Jünger nach der Kreuzigung Jesu völlig frustriert nach Hause gehen. Plötzlich stößt ein Unbekannter zu ihnen und fragt, warum sie so niedergeschlagen sind. Die Jünger berichten von der Kreuzigung ihres Herrn, an den sie geglaubt hätten, und der sie verlassen hätte. Da outet sich der Unbekannte als der auferstandene Jesus, der  nun mit den Jüngern gemeinsam ein Abendmahl feiert. Die Halt gebende Botschaft dieses Kapitels spiegelte nach Meinung von Knodt und den anderen Mitgliedern den Charakter ihres Zusammenwirkens am besten wieder.

1992 wurde aus dem "Emmaus-Kreis", der seinen Bestand von Jahr zu Jahr verlängerte, eine Gemeinschaft, die sich als "Berufung auf Lebenszeit" verstand, so Knodt. So gründete man die "Emmaus-Lebensgemeinschaft" als Familienkommunität, machte diese im Hersbrucker Dekanat und den Hersbrucker Pfarrern bekannt – und trug ihre Existenz auch an Hermann von Loewenich, den damaligen Regionalbischof von Nürnberg und späteren Landesbischof von Bayern, heran. Von Loewenich zeigte sich von dem Konzept überzeugt, und die "Emmaus"-Mitglieder wurden im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes eingesegnet – die "Emmaus-Lebensgemeinschaft" war nun ganz offiziell geboren.

Kein klassisches Klosterleben

Die Familienkommunität lebt dabei kein klassisches Klosterleben. Zurzeit besteht sie aus vier Ehepaaren und deren fünfzehn Kindern, die alle zusammen in Hersbruck leben und arbeiten, und deren Häuser sich relativ nah zueinander befinden. "Wir treffen uns mindestens dreimal pro Woche für Gebet und Austausch", erzählt Pfarrer Knodt. Dazu gibt es einmal im Monat eine Abendmahlsvesper und andere Gottesdienste für die Gemeinde in der Hersbrucker Spitalkirche.

Die kleine "Emmaus"-Gemeinschaft freut sich über jede gute Begegnung. "Wir sind  immer offen, auch für neue Mitglieder", unterstreicht Knodt. Die Lebensgemeinschaft wünscht sich dann eine ganz aktive Teilnahme, "neue Mitglieder sollten sich nach Möglichkeit unter der Woche mit der Bibel beschäftigen, in Hersbruck ansässig werden, sich trauen, sich selbst seelsorgerisch begleiten zu lassen und bereit sein, an unseren Treffen teilzunehmen" – also bereit sein, ein echtes Miteinander zu leben.

Wie in einer guten Beziehung eben.