Bei Bernhard von Clairvaux spielt das Wasser eine große Rolle. Er hat es nicht nur zur Nutzung im Kloster geschätzt, sondern es auch theologisch begründet. Schon bei der Wahl des Klosterorts in einem Tal mit fließendem Wasser schenkte er ihm besondere Aufmerksamkeit. Das Tal ist Ausdruck der Demut und Sammelpunkt geistlicher Gnade. Das Wasser hat eine wichtige spirituelle Bedeutung.

In den Zisterzienserklöstern hat man dem Wassersystem die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Frisch- und Brauchwasser hatten unter hohen technischen Standards im Kloster vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Dazu gehörten die Sauberkeit, die Küchenanlage, Waschräume und Brunnenhäuser, die Bewässerung von Gartenanlagen, Pflege der Fischteiche, das Antreiben von Mühlen und das Arbeiten in den Werkstätten.

Um Quell und Schale, Fluss und Kanäle geht es in Bernhards Text:

Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale, nicht als Kanal,
der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt,
während jene wartet, bis sie gefüllt ist.

Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter,
denn sie weiß,  dass der verflucht ist, der seinen Teil verringert ...

Wir haben heutzutage viele Kanäle, aber sehr wenige Schalen.
Diejenigen, durch die uns die himmlischen Ströme zufließen,
haben eine so große Liebe, dass sie lieber ausgießen wollen, als dass ihnen eingegossen wird, (...)

Die Schale ahmt die Quelle nach.
Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See. (...)
Du tue das Gleiche!

Zuerst anfüllen und dann ausgießen.
Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. (...)
Wenn du kannst, hilf mir aus der Fülle,
wenn nicht, schone dich.

Die Fülle des Wassers aus einer Quelle wird zum See. »Erweise dich als eine Schale, die gleichzeitig empfängt und weitergibt«: Dieses Bild stellt den Dreischalenbrunnen in vielen Zisterzienserklöstern vor Augen. Von der oberen Schale fließt das Wasser nach unten in die nächstgrößere und dann noch einmal. Die eine empfängt und gibt gleichzeitig ohne eigenen Schaden an die andere weiter.

Als Schale sollen wir wirken, die auffängt und weitergibt, nicht als Kanal, der das Wasser ohne Wirkung durchlässt. Wir haben heutzutage viele Kanäle – auch in der Kirche –, aber sehr wenige Schalen. Deshalb Bernhards Appell: Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss und wird zur See.

Du tue das Gleiche!

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