Hugo Makibi Enomiya-Lassalle (1898-1990) war nur einen Kilometer entfernt, als am 6. August 1945 die Atombombe über Hiroshima abgeworfen wurde. Die Stadt lag binnen weniger Sekunden in Schutt und Asche, mehr als 80.000 Menschen starben sofort, weitere 300.000 Menschen erlagen den Verletzungen durch Verbrennungen und Strahlungen.

Lassalle befand sich an diesem Tag nur anderthalb Kilometer entfernt vom Epizentrum der Explosion. Die Druckwelle zertrümmerte die Fenster und warf ihn zu Boden, er wurde bewusstlos - aber er überlebte, weil die Mauern des Hauses aus Stein gewesen waren. Ein Mitbruder zog die Holzsplitter heraus, die in seinen Rücken eingedrungen waren.

Lassalle begründete Friedenskirche für Hiroshima

Ab Herbst 1945 bemühte sich der Jesuit um den Bau einer "Weltfriedenskirche" im Zentrum von Hiroshima. In aller Welt sammelte er Geld, bis die Friedenskirche endlich am 6. August 1954 eingeweiht wurde.

Bei der Zen-Meditation geht es darum, die Ablenkungen des Geistes abzustellen und Gleichgewicht und Friede des Geistes wieder herzustellen.

Hugo Makibi Enomiya-Lassall

Lassalle gilt bis heute weltweit als Friedensbotschafter. Häufig vergessen wird dabei seine intensive Bemühung um eine Verbindung zwischen Christentum und Buddhismus.

Als Jesuit zur Mission nach Japan entsandt

Lassalle, der am 11. November 1898 im westfälischen Nieheim geboren wurde, war nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in den Jesuitenorden eingetreten. 1929 wurde er in die japanische Mission gesandt und beschäftigte sich nun intensiv mit dem Zen-Buddhismus, denn er war überzeugt: "Man kann ja nicht einfach das Christentum in der Form der europäischen Kultur predigen."

Lassalle studierte Werke von Meister Suzuki und nahm an mehrtägigen Zen-Exerzitien teil. "Was ich da machte, so sagte ich mir, das können auch wir Christen gut gebrauchen, denn Mission besteht ja nicht nur in einem einseitigen Geben: Die europäischen Christen geben den Japanern etwas. Nein, auch Christen können von den Japanern viel lernen", fand Lassalle.

Friedenskirche in Hiroshima, Japan.
Friedenskirche in Hiroshima, Japan.

Dossier

Spiritualität und Mystik

In unserem Dossier zum Thema "Spiritualität" finden Sie Artikel rund um die christliche Frömmigkeitspraxis. Dazu gehören Mystik, Pilgern und Meditation, spirituelle Impulse und neue Formen der Gottesbegegnung. Hier geht es zum Dossier.

Seine Erfahrungen mit dem Buddhismus fasste er in seinem ersten Buch 1958 mit dem Titel "Zen – Weg zur Erleuchtung" zusammen. Dessen Verbreitung wurde vom Orden untersagt. Erst fünf Jahre später wurde das Werk erneut geprüft und freigegeben. Aus den Tagebuchnotizen lässt sich ersehen, dass die Auseinandersetzung mit Christentum und Zen auch eine Zerreißprobe bedeutete: Immer wieder spielte er mit dem Gedanken, den Jesuitenorden zu verlassen.

Christliche Zen-Meditation in Japan

In Hiroshima und später in Tokio eröffnete Lassalle  die ersten christlichen Meditationshäuser. Der Zen-Lehrer Roshi Yamada bestätigte 1973 die "Erleuchtung" und beauftragte Lassalle, als Zen-Lehrer die Koan-Meditation zu lehren. Er wollte zeigen, dass sich christliche Frömmigkeit und die Übung des Zen nicht widersprechen, sondern befruchten. Er meditierte unter dem Kreuz und feierte täglich die Eucharistie.

Lassalle hielt Zen-Kurse in Europa

Bei einer Tagung im oberbayerischen Elmau im Jahr 1965 hielt er erstmals einen öffentlichen Vortrag. Ab 1968 gab er in ganz Europa die ersten Zen-Kurse - unter anderem in Niederaltaich und Maria Laach, aber auch in Holland, Spanien, Italien, Frankreich und sogar in der DDR. Auf seine Anregung wurde das Franziskaner-Konvent in Dietfurt im Altmühltal ein Meditationshaus, das erste christliche Zen-Zentrum in Europa.

Einfuehrung in die Zen-Meditation von Pater Enomiya-Lassalle SJ

Zen-Meditation: Still sitzen und an Nichts denken

Die strengen "Sesshins" in Dietfurt waren stets ausgebucht, wie sich der Mainzer Theologieprofessor Günter Stachel als einer der Teilnehmer erinnerte: "Es war unbeschreiblich eindrucksvoll, wie man durch seine Anwesenheit, seine Vorträge, das große Schweigen verändert wurde, ohne dass irgend etwas anderes gefordert war, als richtig zu sitzen, so gut Anfänger das eben konnten."

Lassalle blieb Zeit seines Lebens ein Suchender: "Was ich mit Hilfe des Zen für mein inneres geistliches Leben bekommen habe, ist mehr wert als all das oben Angedeutete, wenn es auch im Vergleich mit Teresa von Avila oder Johannes vom Kreuz nicht mehr ist als ein kleiner Hügel in Holland im Vergleich mit dem Mount Everest im Himalaya", notierte der große, hagere Mann in seinem Tagebuch.

Urne von Lassalle in der Friedenskirche Hiroshima beigesetzt

Am 7. Juli 1990 starb Lassalle im Altenheim der Jesuiten in Münster mit 92 Jahren. Die Urne mit seiner Asche wurde in der Friedenskirche von Hiroshima beigesetzt. Sein Meister Roshi Yamada erklärte: "Wenngleich Pater Lassalle mein Schüler im Zen ist, kann ich aus der Tiefe meines Herzens sagen, dass er für mich der Meister im Leben ist. Seine tiefe Demut, seine Großmut und seine Menschlichkeit sind Eigenschaften, die ich zutiefst bewundere und schätze".

Lassalle Haus

Im Lassalle-Haus in der Schweiz werden regelmäßig Veranstaltungen organisiert. Träger des Lassalle-Hauses ist der Jesuitenorden, 1540 von Ignatius von Loyola gegründet und mittlerweile grösster Männerorden der katholischen Kirche mit rund 17.000 Mitgliedern.