Die Angelegenheit habe ihm schon "einige schlaflose Nächte" bereitet, sagt der Wassertrüdinger evangelische Dekan Hermann Rummel. Schließlich geht es um eine Menge Geld. Und um einen kleinen Verein, der im schlimmsten Fall bald Insolvenz anmelden müsste - und dessen erster Vorsitzender Rummel ist.

Am Mittwoch steht der Dekan mit Anwalt und Mitstreitern im Sitzungssaal 1 des Ansbacher Verwaltungsgerichts. Rund 1,23 Millionen Euro will der Freistaat vom Diakonieverein Wassertrüdingen zurück, weil dieser ein 1987 gebautes Schulhaus nicht mehr als Förderschule nutzt.

Regierung von Mittelfranken fordert Teil der gezahlten Fördermittel zurück

Die Sachlage ist verzwickt: Gut 30 Jahre wurde die Förderschule "Zum guten Hirten" in Wassertrüdingen für Kinder mit geistiger Behinderung betrieben. 1987 wurde die Schule eröffnet und 2017 wegen Schülermangels geschlossen.

Der Freistaat hat den Kauf des Grundstücks und den Bau der Schule zu 100 Prozent bezahlt. Nun will die Regierung von Mittelfranken für den Freistaat einen Teil der damals gezahlten Mittel wegen "nicht mehr förderfähiger Nutzung" zurück. Der Haken daran: Der Diakonieverein ist zwar Eigentümer der Immobilie, hat sonst aber keinerlei Vermögen.

Trägerwechsel der Schule sieht das Gericht kritisch

Und weil das nicht schon kompliziert genug ist, kommt noch hinzu, dass es zwischendurch einen Trägerwechsel der Schule gab - vom kleinen Diakonieverein hin zum größeren Diakonischen Werk Dinkelsbühl-Wassertrüdingen.

Vermutlich, damit das Werk die aufwendige Schulverwaltung vom Verein übernimmt. Nichts Genaues weiß man aber nicht, denn Verantwortliche von damals sind nicht mehr greifbar. Das Gericht sieht es kritisch, dass schon drei Jahre nach Beginn des Schulbetriebs der Träger wechselte, Grund und Gebäude aber weiter dem kleinen Verein gehörten.

Regierung Mittelfrankens fordert einen Wertausgleich 

Die Regierung von Mittelfranken verteidigt sich damit, dass sie verpflichtet sei, den sogenannten Wertausgleich einzufordern. Es gebe da keinerlei Spielräume, sagte ein Vertreter vor Gericht und verwies auf Artikel 34 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG).

Anders als etwa bei staatlich geförderten Neubauten von Kitas gibt es bei Schulen offenbar keine "Verjährungsfristen" für die Rückforderung ausbezahlter Fördermittel. Die "vorläufige Rechtsauffassung" der zweiten Kammer des Verwaltungsgerichts lautet daher: Für den Verein sieht es "nicht so gut aus".

Letzten Endes wird es - sollte es zu einer Entscheidung durch das Gericht kommen - also nicht darum gehen, ob eine Ablöse bezahlt werden muss, sondern nur in welcher Höhe.

Schwierigkeiten bei Suche nach einer einvernehmlichen Lösung 

Die zweite Kammer jedenfalls vertagte das Verfahren am Mittwoch nach zwei Stunden erst einmal und kündigte für "zeitnah nach Ostern" einen Termin zur Besichtigung der Schul-Immobilie an.

Zugleich riet das Gericht dem Diakonieverein, der gegen die Rückforderung der Behörde geklagt hat, sich noch einmal mit der Regierung an einen Tisch zu setzen und nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen.

Dekan Rummel und sein Anwalt sehen das wiederum kritisch. So sei der Regierung von Mittelfranken bereits im November 2020 ein Konzept zur Nachnutzung des Schulgebäudes vorgelegt worden.

Die Ablöse wollte die Regierung allerdings trotzdem, weil es sich bei dem Konzept nicht um eine rein sonderpädagogische Nachnutzung handeln würde. Diese jedoch sei in Wassertrüdingen unrealistisch - schließlich sei der Schulbetrieb ja mangels Schülern eingestellt worden. Die Regierung müsse sich bewegen, sonst sei der Verein am Ende, lautet das Fazit des Diakonievereins.

Bis zur endgültigen Entscheidungsfindung besteht großer Diskussionsbedarf

Für den Fall, dass der Verein zahlen muss, geht es vor allem um die Höhe. Selbst für den vom Verein veranschlagten Restwert des Schulgebäudes von 139.000 Euro müsse man Kredite aufnehmen, hieß es. Doch diesen Wert hält das Gericht ohnehin schon jetzt für unrealistisch niedrig. Aber auch mit dem Millionenbetrag haderte es.

Es besteht also noch etlicher Diskussionsbedarf, das Verfahren wird nicht schnell enden. Und es bringt womöglich unabsehbare Konsequenzen mit sich. Im alten Schulhaus betreibt der Verein fünf Kita-Gruppen. Ginge er pleite, müssten diese schließen.