Die "Klienten" sitzen in einem kleinen Holzhaus in einer Linie vor aufgereihten Kästen. Jede Box beherbergt einen Bienenstock mit über 60.000 Bienen. Aus dem Stock führt über eine Regleranlage ein milchiger Plastikschlauch zu einer blau umrandeten Atemmaske. Die Klienten ziehen die Luft aus dem Bienenstock tief in ihre Lungen - und kurieren damit Heuschnupfen, Asthma und chronische Bronchitis. "Es funktioniert in 95 Prozent der Fälle", sagt Imkermeister Hans Musch aus Ochsenhausen bei Biberach. Er hat die alternative Heilmethode entdeckt.

Ein Husten verschwinde meistens nach zehn Sitzungen, Heuschnupfen und Bronchitis nach 15, Asthma nach 30, erläutert er. Beim Kampf gegen den Heuschnupfen würden durch die Bienenluft nicht nur die Symptome gemildert - die Allergie verschwinde völlig. "Ich sehe meine Gäste oft nie wieder - sie sind einfach gesund", sagt Hans Musch und lacht. Immerhin schicken viele noch einen Dankesgruß. Briefe und bunte Zeichnungen von Kindern zieren das Innere des Bienenhauses und dokumentieren die Erfolge.

Mediziner beginnen Interesse zu zeigen

Hans Musch spricht dennoch nicht von Therapie, sondern von Wellness. Die Schulmedizin zeigt sich dem 73-Jährigen und seiner Methode gegenüber eher verschlossen. Doch es bricht auf. Eine 65-Jährige, die Jahrzehnte in der Altenpflege gearbeitet hat, berichtet, ihr Lungenfacharzt habe sie mit ihrer Autoimmunerkrankung an den Bienenstock geschickt. Und sie spüre nach wenigen Sitzungen schon eine deutliche Besserung in ihren Atemwegen.

Der 42-jährige Versicherungsmakler Heiko Bürger leidet seit seiner Kindheit unter Asthma. Vor Kurzem hat er mit den Anwendungen der Bienenluft begonnen, schon nach der dritten Sitzung habe er beim Joggen sehr viel mehr Luft in den Lungen verspürt. "Es ist phänomenal", sagt er. Inzwischen befassen sich laut Musch über 50 Mediziner in Deutschland mit seiner Methode, darunter Koryphäen wie der Kölner Internist Gerd Herold, Herausgeber des Lehrbuchs "Innere Medizin".

Dem therapeutischen Nutzen der pollengeschwängerten Luft kam Hans Musch Mitte der 60er Jahre auf die Spur. Nach einem Motorradunfall und kurz darauf einem Sieben-Meter-Sturz auf eine Betonplatte litt er permanent unter fürchterlichen Kopfschmerzen. Doch immer, wenn der Imkermeister zu seinen Bienen ging, spürte er Besserung. Er lud Verwandte und Freunde, die unter Allergien und Krankheiten litten, ebenfalls ein, sich bei den Bienen aufzuhalten - und viele berichteten von Linderung ihrer Leiden oder sogar von Heilung.

Vom Zufall zum Geschäft

Aus der Zufallsentdeckung entwickelte sich ein kleiner Geschäftszweig. Mit einem Neffen entwickelte er eine Anlage, die den Luftstrom durch den Bienenstock reguliert. Bei Regen rauscht die Luft langsamer an den Insekten vorbei, bei Hitze schneller. Diese Regelung ist für Musch entscheidend, denn ohne sie schade man den Tieren. "Ich bin zuallererst Bienenschützer. Und es ist schlimm, dass Leute meine Idee jetzt kopieren und mit ungeregelten Anlagen die Bienen quälen. Das tut mir richtig weh", sagt Musch in einem Ton, als handele es sich um seine Kinder.

Seine Anlagen sind inzwischen in rund 15 Ländern in Betrieb. Großes Interesse zeigen etwa die smoggeplagten Chinesen. Dorthin reist Musch im September zum zweiten Mal, um vor Ort sein Wellness-Konzept für die Atemwege zu erläutern. Das chinesische Fernsehen habe ihm bereits eine einstündige Sendung gewidmet, erzählt er nicht ohne Stolz.

Für den oberschwäbischen Imker war Bienen-Wellness die meiste Zeit nur eine Nebentätigkeit. 30 Jahre lang arbeitete er für das katholische Bistum Augsburg als Regionalsekretär in Neu-Ulm. Seit dem Ruhestand haben ihn die Bienen aber in Unruhe gehalten. Deren heilsame Produkte wie Honig, Wachs oder das antibiotische Propolis hält er für ein Geschenk des Himmels. Über seinem Bienenhaus prangt der Spruch "Willst du Gottes Wunder sehen, musst du zu den Bienen gehen".