Augsburger Allgemeine: "Schlimmstenfalls tun sich nun unheilvolle Gräben auf"

"Auch nach sechs Wahlgängen konnten sich die evangelischen Synodalen nicht auf einen Nachfolger für Heinrich Bedford-Strohm einigen. Dabei bräuchte es gerade jetzt Einigkeit. […] Zwar ist es nicht so, dass die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern jetzt ohne Führung dastünde. Dennoch geht vom Montag ein Zeichen der Uneinigkeit aus. Dabei war vieles richtig gemacht worden.

Ein Ausschuss hatte ein anspruchsvolles Profil erarbeitet und vier Kandidierende gefunden, die für unterschiedliche innerkirchliche Richtungen stehen und durchaus zu überzeugen wussten. […] Um die Kirche in die Zukunft zu führen, bedarf es aber einer Person, die einen breiten Rückhalt hat. Stattdessen lagen zwei – progressive – Kandidierende, die sich in ihren Ansichten sehr ähneln, gleichauf. Charmant wäre eine Doppelspitze, kirchenrechtlich möglich ist das nicht. 

Schlimmstenfalls könnten sich nun unheilvolle Gräben auftun; neue und lähmende Diskussionen über das Profil eines Kandidierenden und die Richtung, die er einschlagen sollte, entstehen. Eines hat sich klar gezeigt: Das Austarieren zwischen Innovation und Tradition ist ein gewichtigerer Punkt, als es bisweilen scheint."

Kommentiert von Daniel Wirsching.

Bayerischer Rundfunk: "Das jetzt als Sternstunde zu beschreiben, halte ich für zu kurz gegriffen"

"Es ist mir noch nicht so richtig klar, wie es dazu kam. […] Man muss sich das so erklären, dass es tatsächlich viel auch taktisches Wählen gab. Es gab bestimmt Synodale, die gesagt haben, jetzt muss zum ersten Mal in der Geschichte der bayerischen Landeskirche eine Frau gewählt werden. […] Ich kann mir schon vorstellen, dass das dazu geführt hat, dass am Ende sich zwei Lager gegenüber standen. […] Das könnte eine Erklärung sein, wie es zu diesem Patt gekommen ist, weil theologisch gibt’s keine Unterschiede.

Sie sind beide aufgeschlossen, sind beide der festen Überzeugung, dass sich die evangelische Landeskirche ändern muss, dass es Kürzungen geben wird, Umbrüche geben wird, dass man irgendwie mit dem Personalmangel umgehen muss und auch irgendwie mit den immer knapper werdenden Mitteln. […]

Es wird jetzt natürlich alles als Sternstunde synodaler Kultur in der evangelischen Kirche verkauft, aber das ist nur zum Teil richtig, denn tatsächlich stehen ja jetzt zwei Kandidaten beschädigt da. […] Das jetzt allein als Sternstunde einer Synode zu beschreiben, halte ich für zu kurz gegriffen."

Kommentiert von Tillmann Kleinjung für Bayern 2. 

Deutsche Presse-Agentur: "Am Ende gab es aber auch ratlose Gesichter"

"Die Anspannung war den Beteiligten bei diesem Wahlkrimi anzusehen. Am Ende gab es aber auch ratlose Gesichter, denn: Wer Nachfolger des scheidenden Landesbischofs in Bayern wird, ist weiter offen. Eine Situation, die es im Freistaat so noch nie gab. […] Auch das Singen des Liedes "Komm heiliger Geist" half nicht. (...) Ob die bisherigen Kandidatinnen und Kandidaten für einen möglichen "siebten Wahlgang" noch einmal zur Verfügung stünden, blieb zunächst offen. Sie hatten bei der Bekanntgabe des überraschenden Ergebnisses bereits lange Stunden des Wartens, Bangens und Hoffens hinter sich. Ganz alleine saßen sie während der Wahlgänge auf der vordersten Bank in der Mitte der St. Matthäuskirche, sichtbar angespannt."

Süddeutsche Zeitung: "Lässt sich durchaus als Denkzettel werten"

"Das ist ja alles schön und richtig - aber bei allem so gerne betonten geschwisterlichen Miteinander sollten Synode und Kirchenleitung dennoch aufarbeiten, wie es überhaupt zu seiner solchen Situation kommen konnte. Fragen muss sich dabei auch der Wahlvorbereitungsausschuss und das Synodenpräsidium gefallen lassen: War das Kandidatentableau nicht das richtige? Zwar sind sicher alle vier Kandidierenden bischofstauglich, unter Synodalen gab es vorab aber durchaus Unmut, dass andere, ebenfalls beliebte Kandidaten es nicht auf die Vorschlagsliste geschafft hatten. Die Enthaltungen zum Schluss jedenfalls lassen sich durchaus als Denkzettel werten."

Kommentiert von Annette Zoch.

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