Religion hindert Menschen aus muslimisch geprägten Ländern weniger als angenommen daran, sich zu integrieren. Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, hat bei der Vorstellung einer neuen Studie über muslimisches Leben in Deutschland festgestellt, dass die Untersuchung Thesen aus den Integrationsdebatten um das Jahr 2015 herum widerlege, dass sich Zuwanderer aus Staaten, die nicht säkular geprägt seien, schwerer tun, sich in die Gesellschaft zu integrieren.

Integration und Religion

Die Studie "Muslimisches Leben in Deutschland", des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK), trage zu einer Versachlichung der Debatte über den Islam in Deutschland bei und gebe der Politik erstmals nach einer wissenschaftlichen Untersuchung des Jahres 2008 ein Bild von der Wirklichkeit muslimischen Lebens wieder.

Die muslimische Bevölkerungsgruppe sei wegen der Zuwanderung aus den Jahren ab 2015 aus muslimisch geprägten Ländern im Nahen und Mittleren Osten vielfältiger geworden, erklärte der Präsident des BAMF, Hans-Eckhard Sommer. In der Studie zeige sich, dass die Dauer des Aufenthalts, die Gründe für die Migration oder die soziale Lage für den Prozess der Integration wichtiger sei als die Religion.

Studie "Muslimisches Leben in Deutschland"

In Deutschland leben laut der Untersuchung nun etwa 5,3 bis 5,6 Millionen Menschen muslimischen Glaubens. Damit ist der Anteil der muslimischen Bevölkerung in der Bundesrepublik von 2008 bis 2020 um ein Prozent und um etwa 900.000 Menschen gestiegen.

Die Zuwanderer grenzten sich nicht sozial ab, sondern fühlten sich mit Deutschland verbunden, so Sommer weiter. Wenn Musliminnen und Muslime in einen Verein eintreten, gingen sie meist in deutsche Vereine. Zwei Drittel geben an, dass sie im Freundeskreis häufig Kontakt zu Personen deutscher Herkunft haben und wünschen sich davon mehr.

Die meisten Befragten sagten in den Umfragen, dass sie gute oder sehr gute Deutschkenntnisse (79 Prozent) hätten. Nachholbedarf gibt es noch bei schulischer und beruflicher Bildung von Zuwanderern. Der Anteil der muslimischen Religionsangehörigen ohne Schulabschluss liegt bei 16 Prozent. Fast 60 Prozent der muslimischen Religionsangehörigen haben keine Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland abgeschlossen.

Religiösität

Menschen, deren Familien aus muslimisch geprägten Herkunftsländern eingewandert sind, sind laut der Studie deutlich religiöser als Personen, die keinen Einwanderungshintergrund haben. 82 Prozent der Musliminnen und Muslime halten sich für sehr gläubig oder gläubig. Allerdings halten nur 39 Prozent das tägliche Gebet für nötig. 25 Prozent beten nie.

Studienleiterin Anja Stichs berichtete aus der Studie, dass nur 30 Prozent der Frauen aus muslimisch geprägten Ländern ein Kopftuch tragen, in Mehrheit Frauen über 66 Jahren. Musliminnen, die keines tragen, gaben häufig an, sie fänden es zur Ausübung des Glaubens nicht nötig (77 Prozent). Jedoch befürchtet mehr als ein Drittel auch Nachteile durch das Tragen eines Kopftuchs.