Kindertageseinrichtungen in Bayern sollen künftig anhand eines Leitfadens selbst über den Umgang mit erkälteten Kindern während der Corona-Pandemie entscheiden. Das hat das bayerische Kabinett am Dienstag in München beschlossen, wie Familienministerin Carolina Trautner (CSU) vor Journalisten sagte.

Seit 1. Juli galt im eingeschränkten Regelbetrieb, dass Kinder mit leichten Erkältungssymptomen zuhause bleiben müssen. Ab 1. September, wenn die Kitas "hoffentlich" zum Regelbetrieb ohne Einschränkungen zurückkehren, "wollen wir andere Maßstäbe setzen", so Trautner.

Bis dahin sollen die Einrichtungen eine Handreichung erhalten - eine "Checkliste, die auf medizinischem Sachverstand fußt".

Dazu habe das Ministerium mit Kinderärzten gesprochen, wie mit der im Herbst beginnenden Erkältungszeit verfahren werden soll. Die Landtagsopposition begrüßte die Entscheidung, äußerte aber auch Kritik.

Bis Ende dieser Woche will das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit den Rahmen-Hygieneplan für Kitas entsprechend überarbeiten. Bis 1. September müssen die Kita-Träger dann ihr individuelles Schutz- und Hygienekonzept anpassen. Im Regelbetrieb werden in Kitas auch wieder offene pädagogische Konzepte zugelassen, es müssen also nicht mehr zwingend feste Gruppen gebildet werden.

Zudem dürfen Kinder künftig auch bei leichten Krankheitssymptomen - wie Schnupfen - in die Kita, wenn sie im Übrigen gesund sind, hieß es.

Bislang wurden erkältete Kinder pauschal heimgeschickt, da in Kitas kein Mund-Nasen-Schutz getragen und kein Abstand gehalten werden kann. Diese Vorschrift hatte zu Diskussionen und Kritik von Eltern geführt, während Trautner sie jedoch "absolut im Moment vertretbar" nannte. Dies diene Sicherheit und Schutz des Kitapersonals sowie der Familien und verhindere Ausfälle sowie Gruppenschließungen.

Der angepeilte Regelbetrieb ist der Ministerin zufolge Stufe eins in einem Stufenkonzept, auf das sich die Kitas einstellen müssen. Stufe zwei greift, wenn sich das Infektionsgeschehen wieder verschlechtert - dann soll möglichst lokal begrenzt gehandelt werden, beispielsweise müssen Kitas kleinere Gruppen bilden.

Auf Stufe drei, dem "worst case", verschlechtert sich das Infektionsgeschehen stark; dann kann laut Trautner wieder nur Notbetreuung angeboten werden.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher begrüßte das Kita-Konzept für den Herbst.

Sie sei froh, dass die Staatsregierung auf Drängen ihrer Fraktion die strengen Regelungen angepasst habe. Es könne wirklich nicht sein, dass Kinder bei leichten Schnupfensymptomen von der Kita ausgeschlossen werden, sagte sie laut Mitteilung. Dies sei bei Kindern zur kalten Jahreszeit eher die Regel als die Ausnahme.

Zugleich forderte Rauscher, dass die Erzieherinnen oder die Kita-Leitungen nicht für einen möglichen Corona-Ausbruch in einer Einrichtung verantwortlich gemacht werden dürften. Dass die Kitas selbst entscheiden dürfen, ob ein Kind nach Hause müsse oder nicht, sei eine "enorme Verantwortung".

Sollte es trotz genauester Abwägung zu Fehlentscheidungen kommen, "muss klar sein, dass die Einrichtungen hierfür in keiner Weise verantwortlich gemacht werden".

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Becher kritisierte in einer Mitteilung, dass die neue Regelung erst zum 1. September greifen soll.

Eltern bräuchten Planungssicherheit bei der Betreuung ihrer Kindern, und auch die Kinder selbst bräuchten "Kontinuität und Stabilität". Kinder mit Schnupfennase müssten ab sofort wieder in die Kitas dürfen, sofern nicht weitere Krankheitssymptome hinzukommen.

Becher monierte zudem, ein Testkonzept für die Stufen zwei und drei bleibe laut Staatsregierung "völlig außen vor". Die beiden geplanten Reihentestungen für Erzieherinnen und Kinderpfleger seien "in keinem Fall mehr ausreichend", sagte er und forderte, dem Kitapersonal wöchentliche Testungen zu ermöglichen. Trautner hatte angekündigt, dass nach den Sommerferien Reihentestungen für die Kita-Beschäftigten stattfinden sollen.

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