Auf diesen »Augsburger Weg« hat sich der Stadtrat im vergangenen Jahr geeinigt. Neben den pflastersteingroßen Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig gibt es für die NS-Opfer auch Erinnerungsbänder aus Messing, die an Masten angebracht werden. Zwölf Stolpersteine verlegte Demnig jetzt im Stadtgebiet. Die Augsburger Erinnerungswerkstatt brachte zwei der Messingbänder an, erläutert Nikolaus Hueck. Der evangelische Pfarrer ist Mitorganisator der Erinnerungswerkstatt.
Herr Hueck, was halten Sie von der Lösung, mehrere Formen von Erinnerungszeichen zuzulassen?
Ich finde, das ist ein guter Weg. Wir haben einen Kompromiss gefunden, mit dem alle leben können: jene, die Stolpersteine ablehnen ebenso wie deren Befürworter. Warum müssen es denn immer die gleichen Erinnerungszeichen sein, mit denen wir der Opfer gedenken? Ich bin von der Idee, sowohl Stolpersteine als auch Erinnerungsbänder im öffentlichen Raum zuzulassen, sehr überzeugt.
Was spricht gegen Stolpersteine?
Nicht jeder hält sie für die angemessene Form des Gedenkens. Die israelitische Kultusgemeinde in Augsburg etwa hat kritisiert, dass damit buchstäblich auf den Namen der Verstorbenen herumgetrampelt wird. Deswegen haben wir nach anderen Erinnerungszeichen gesucht. Nun gibt es eben beides: die Bänder und die Stolpersteine.
Der Künstler Demnig kritisiert, dass der Kompromiss nur Opfer einschließt, die während des Nationalsozialismus gestorben sind. Ist die Kritik berechtigt?
Ich sehe Stolpersteine und Erinnerungsbänder auch als eine Art Grabstein für die Verfolgten. Deswegen sollte man sie zunächst nur für die während des Nationalsozialismus ermordeten Opfer errichten. Denn für diese gibt es ja bislang noch kein Erinnerungszeichen, mit dem ihr Name vor dem Vergessen bewahrt wird. Jemand, der nach dem Zweiten Weltkrieg gestorben ist, hat in der Regel einen Ort, wo man seiner gedenken kann – ein Grab oder einen Grabstein. Jemand, der im KZ umgekommen ist, hat das meist nicht.
Schadet die Diskussion um die Stolpersteine dem eigentlichen Ziel, der Opfer der NS-Zeit zu gedenken?
Ich denke, es ist richtig, dass über die angemessene Art des Gedenkens diskutiert wird. Wenn es aber Streit geben muss, dann bitte mit denen, die die Erinnerung insgesamt verweigern wollen. Für mich steht die Erinnerung im Vordergrund, nicht so sehr ein Kunstprojekt.
Wird es weitere Erinnerungszeichen im Stadtgebiet geben?
Das soll auf jeden Fall so sein. Die Erinnerungswerkstatt hat ein Online-Gedenkbuch, in dem sich derzeit gut 50 Biografien von Opfern des NS-Regimes finden. Wir hoffen, dass sich noch viele Augsburger finden, die mit uns gemeinsam solche Lebensläufe erforschen. Und vielleicht erklären sie sich dann auch bereit, die Patenschaft für ein Gedenkband oder einen Stolperstein zu übernehmen.
Link-Tipp
Das Gedenkbuch der Erinnerungswerkstatt Augsburg kann man sich im Internet unter gedenkbuch-augsburg.de ansehen