Auf dem Obland des Diakoniedorfs ist die Angusrinderzucht von Herzogsägmühle angesiedelt, zu der gegenwärtig 257 Rinder, darunter der Deckstier "Noah", gehören. Die Rinderzucht ist deutschlandweit einzigartig im Bereich der gesamten Diakonie. Möglichst zeitig im Frühjahr, etwa ab April, wird die Herde wieder auf die Weiden geführt. Zur Zeit befindet sie sich noch in den Stallungen auf Obland.

Aus der Herde wird per regelmäßiger Schlachtung auch die dorfeigene Metzgerei versorgt. Das marmorierte und kurzfaserige Fleisch der Angusrinder ist unter Feinschmeckern beliebt. Die Rinderzucht ist nach den Worten von Paul Schmidt (29), gelernter Agrartechniker und Betriebsleiter der Herzogsägmühler Landwirtschaft, Bestandteil eines stattlichen Agrarunternehmens, das naturnah arbeitet, EU-zertifiziert ist und auch vom Freistaat Bayern gefördert wird. Die Rinderherde gibt es bereits seit 1986.

Direktor benennt Deckstier

Das Angusrind wurde erstmals um 1870 in Ostschottland gezüchtet und ist Kundigen auch als Aberdeen Angus bekannt. Es handelt sich um die einzige genetisch hornlose Rinderart. Die Tiere sind eher klein, wachsen aber schnell und sind frühreif. In den USA gehört das Angusrind zu den häufigsten Fleischtierrassen. In Deutschland wird die Rasse seit etwa 1920 gehalten und ist seit 1950 stärker verbreitet. Um einer mit der Frühreife einhergehenden unerwünschten Verfettung des Fleisches entgegenzuwirken, wurde in Deutschland durch Kreuzung mit anderen Rinderrassen (Schwarzbuntes Niederungsrind, Gelbvieh, Fleckvieh) das Deutsche Angus gezüchtet. Bei einem Gewicht zwischen 500 und 600 Kilo werden die Ochsen geschlachtet.

"Dem Deckstier gibt traditionell der Direktor von Herzogsägmühle den Namen, der eigentlich immer ein biblischer ist", beschreibt Paul Schmidt herzogsägmühletypische Bräuche. Deckstier Noah hat übrigens bereits seine Schuldigkeit getan und wird gewissermaßen in den Ruhestand befördert, bevor er seine eigenen Töchter deckt. Damit wird dem Inzest eine natürliche Grenze gesetzt. Zu fressen bekommen die Rinder von Herzogsägmühle gemähtes Klee- und Grünlandgras sowie Stroh- und Mineralfutter – auf Kraftfutter wird bewusst verzichtet. Auch künstliche Besamung kommt nicht infrage. Die Kälber werden registriert – die Herde soll immer etwa 220 Tiere umfassen.

Arbeitsplatz für Menschen mit psychischen Belastungen

Beschäftigt werden in dem ökologisch ausgerichteten Betrieb derzeit 23 Werkstattbeschäftigte und fünf sogenannte Tagesstrukturler. Sie erledigen alle in einer Landwirtschaft anfallenden Arbeiten, fahren beispielsweise nach Bedarf Teleskop- oder Radlader, verteilen Futter oder reinigen Ställe. Zu den dorfeigenen Besonderheiten gehört auch, dass psychisch belastete Menschen beschäftigt werden, die hier zu sich finden und sich neu orientieren können. Gegenwärtig kommen ein Azubi, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, ein Absolvent einer Fachoberschule, ein Absolvent von Sozialstunden, eine angehende Tierärztin als Praktikantin und ein Absolvent des Freiwilligen Ökologischen Jahres hinzu.

Die Rinderzucht ist nur ein Bestandteil der Herzogsägmühler Landwirtschaft. Hinzu kommen fast 100 Hektar Dauergrünland und 51 Hektar Ackerland sowie 140 Hektar Wald. Etwas über 85 Hektar nehmen Hof- und Gebäudeflächen ein. Die frühere Gänsemast gibt es nicht mehr, doch beiläufig gackern und scharren rund 200 Hühner auf dem Gelände, mit deren Eiersegen der dörfliche Mühlenmarkt versorgt wird.

Wer sich mit dem jungen Betriebsleiter Paul Schmidt unterhält, erlebt einen glücklichen und zufriedenen Menschen. Seit 2012 ständig und davor in Praktika und Ferienjobs in Herzogsägmühle tätig, hat sich Paul Schmidt außerdem auch noch einen der schönsten Arbeitsplätze im Diakoniedorf ausgesucht – bei klarem Wetter eröffnen sich vom Obland aus atemberaubend schöne Ausblicke auf die Alpen.