Was fasziniert moderne Menschen an einer Zeitreise ins Mittelalter?
Johannes Herold: Ich kann jetzt schlecht für die Festivalbesucher sprechen – die da sicher auch ganz unterschiedlich sind. Aber die Stimmung auf dem Goldberg spricht da vielleicht für sich: Es ist ein friedliches und fröhliches Miteinander Tausender von Menschen, die gemeinsam in eine Welt außerhalb ihres Alltags abtauchen. Ich glaube, das Ausbrechen aus dem Alltag spielt da schon eine wichtige Rolle.
Im vergangenen Jahr beteiligte sich zum ersten Mal die evangelische Kirche mit einem "Zelt der Begegnung". Wie kam es dazu?
Herold: Eine unserer Kirchenvorsteherinnen lernte bei einer Fortbildung die Bewegung "Fresh X" (Fresh Expressions of Church) kennen und schlug uns vor, etwas in der Richtung zu machen. Heraus kam dann, dass das "Festival Mediaval" eine gute Gelegenheit bietet, mit Menschen ins Gespräch zu kommen – auch über religiöse Fragen. Ums Lagerfeuer versammelt öffnet sich manches Herz leichter und die Menschen sind bereit, über das zu reden, was sie unbedingt angeht.
In einem solchen Umfeld erwartet man ja eher Druiden, Zauberinnen und ähnliche vorchristliche Dinge – wie findet da Kirche ihren Platz?
Herold: Die Kirche spielt ja im Mittelalter historisch betrachtet eine unglaublich große Rolle. Sie war praktisch der einzige Bildungsträger, aber auch als Machtinstanz leider sehr prägend, nicht immer nur zum Positiven. Gleichzeitig ist sie durch ihren damaligen Herrschaftsanspruch natürlich auch Projektionsfläche der Ablehnung geworden. Damit kämpfen wir als Kirche heute noch – und gerade deshalb finde ich es besonders wichtig, dort zu sein und zu zeigen, dass die Kirche durchaus dazugelernt hat.
Das "Zelt der Begegnung" will ausdrücklich keine missionarischen Ziele verfolgen. Was ist dann der Zweck der Aktion?
Herold: Zunächst geht es uns darum, Vorurteile abzubauen – bei den Heiden gegenüber dem Christentum – aber auch bei uns selbst. Wir haben dort die Gelegenheit, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die wir sonst wahrscheinlich kaum treffen würden – das ist auch für uns ein hochinteressanter Begegnungsraum.
Im vergangenen Jahr gab es im Zelt unter anderem auch Kontakte mit sogenannten "praktizierenden Heiden". Wie kann man sich solche Gespräche vorstellen?
Herold: Das war letztes Jahr tatsächlich unglaublich spannend – wir kannten das ja noch überhaupt nicht. Wir haben die Heiden also erst mal kennengelernt, mit einer großen Portion Neugierde, was das für Menschen sind. Die erste Überraschung für mich war,
dass diese Heiden nicht einfach ungläubige Menschen sind, sondern eben nur an andere Götter glauben als wir Christen.
Welche Resonanz haben Sie von den Teilnehmern und Besuchern erfahren? Und gab es auch Rückmeldungen aus den Kirchengemeinden?
Herold: Ich habe im Zelt selbst und auf dem Gelände mit sehr vielen Menschen gesprochen – und durchweg sehr positive Reaktionen erhalten.
Welche Religionsgemeinschaften beteiligen sich in diesem Jahr neben der Christuskirchengemeinde und der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde? Sind besondere Aktionen geplant?
Herold: Ich freue mich sehr, dass es im Zelt voller wird! Wir haben zwei muslimische Gruppen gefunden, einmal eine türkische Gruppe aus Nürnberg und auch Menschen, die sich Hanif (Monotheisten) nennen und sich nur an den Koran halten. Außerdem freue ich mich, dass auch ein Vertreter der römisch-katholischen Kirche dabei sein wird. In zwei Diskussionsrunden werden wir über unser jeweiliges Verhältnis zur Natur sprechen und auch darüber, wie und wo wir in unserer Religion Gott finden.
Zum Schluss: Tragen Sie während Ihrer Zeit auf dem Festival auch ein passendendes Kostüm?
Herold: (lacht) Eine gute Frage. Vor dem letzten Festival war ich eigentlich entschieden, ganz normal dahin zu gehen. Dann war ich doch froh, dass ich Festivalkleidung kaufen konnte, damit ich nicht so sehr wie ein Fremdkörper wirke. Und dieses Mal wird es vielleicht doch ein bisschen mittelalterlicher werden.