Im "Goldenen Stern" in Schwabach wurden Grundlagen für das Augsburger Bekenntnis geschaffen. Doch Gold "zieht" mehr als Reformation. Das weiß Dieter Trutschel, Wirt des "Sterns" am Schwabacher Marktplatz. Darum setzen er und seine Frau Petra bei der Dekoration ihres Familienbetriebs ganz auf das Edelmetall, das seit über 500 Jahren in Schwabach zu Blattgold geschlagen wird.

Kochen, wo die Reformation begann

Immerhin erinnert eine Inschrift des Heimat- und Geschichtsvereins auf der Fassade zwischen Fensterläden daran, dass vom 16. bis 19. Oktober 1529 hier Ansbacher und Wittenberger Theologen zusammensaßen und die von Philipp Melanchthon mithilfe von Martin Luther verfassten Artikel diskutierten.

Sie waren die Grundlage für die Confessio Augustana, der gemeinsamen Basis aller Lutheraner weltweit bis heute. Es geht darin um die neue, protestantische Haltung zu Themen wie Erbsünde, Trinitäts- und Rechtfertigungslehre oder die Sakramente.

"Wenn diese Wände reden könnten", kommt Dieter Trutschel ins Grübeln, wenn er sich in seinem Gastraum umschaut. Immerhin hatten die Teilnehmer vier Tage gebraucht, um sich auf die 17 Thesen und deren Ausformulierungen zu einigen. Der genaue Ort ist nicht verbrieft. Der "Stern" wurde im Lauf der Jahrhunderte immer wieder umgebaut.

 

Gedenktafel zu den »Schwabacher Artikeln« am Gasthaus »Goldener Stern« in Schwabach.
Gedenktafel am Gasthaus »Goldener Stern« in Schwabach: Die Inschrift des Heimat- und Geschichtsvereins erinnert zwischen Fensterläden daran, dass vom 16. bis 19. Oktober 1529 hier Ansbacher und Wittenberger Theologen zusammensaßen und die von Philipp Melanchthon mithilfe von Martin Luther verfassten Artikel diskutierten, die als »Schwabacher Artikel« in die Reformationsgeschichte eingingen.

Mokkatorte für den Landesbischof

Seit 1992 betreiben er und seine Frau Petra den "Stern". Die reformatorische Bedeutung des Hauses wurde ihnen erst wieder so richtig bewusst, als das Jubiläum "500 Jahre Thesenanschlag" im vergangenen Jahr gefeiert wurde. In diesem Zuge wurde das Gasthaus auch bei Stadtführungen mit einbezogen, Gäste kamen, die sich für die "Schwabacher Artikel" interessierten.

Jetzt, wo die Landessynode der evangelischen Kirche in Bayern in Schwabach stattfindet, werden sicher einige Teilnehmer auch einen Abstecher zum "Stern" unternehmen. Einer kommt ganz bestimmt: Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Der hat bei den Trutschels eine Mokkatorte bestellt.

Dass Schwabach zwar als Tagungsort zur Vorbereitung der "Confessio Augustana" eine gewisse Rolle spielt, gesteht Pfarrer Paul-Hermann Zellfelder seiner Heimatstadt zu. "Reformationsgeschichtlich ist von weit größerer Bedeutung aber, dass hier eine echte Bürgerreformation stattfand, und keine, die von der Obrigkeit bestimmt wurde. Und das viele Jahre, bevor die Landesherrn zum protestantischen Glauben wechselten", sagt Zellfelder.

 

Der Königsplatz mit dem Schönen Brunnen, dem Rathaus und der Stadtkirche St. Johannes und St. Martin in Schwabach.
Der Königsplatz mit dem Schönen Brunnen in Schwabach: Mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Schwabacher Stadtkirche St. Johannes und St. Martin wird die Tagung der Landessynode am Sonntag eröffnet (15. April, 18 Uhr). Das Goldene Dach auf dem Türmchen links am Schwabacher Rathaus vor der Kirche erinnert an die Tradition des »Goldschlagens« in der mittelfränkischen Stadt. Blattgold aus Schwabach ziert unter anderem den Buckingham Palace in London oder die »Goldene Else« auf der Siegessäule in Berlin.

 

Ein sichtbares Zeichen dieser Zeit sieht man in der Stadtkirche, unweit des "Goldenen Sterns". Dort steht die Nachbildung eines Almosenkastens, der um 1525 von den Schwabacher Bürgern aufgestellt worden war, um deutlich zu machen, dass Schwabach jetzt evangelisch ist. "Das zeigt: Reformation wollte anfänglich auch soziale und nicht nur Lehr- und Kultreformation sein", so der Pfarrer von St. Martin.

"Reformationsstadt Europas"

Erst 2016 erhielt die Stadt Schwabach für ihre reformationsgeschichtliche Bedeutung den Titel "Reformationsstadt Europas" der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen. Rechtzeitig zum Jubiläum "Erste urkundliche Erwähnung" im Jahr 1117 und natürlich zur Feier 500 Jahre Reformation.

Als kleiner Junge hatte Dieter Trutschel im Jahr 1971 bereits das Jubiläum "600 Jahre Stadtrecht" miterlebt. Wenn die "Schwabacher Artikel" dann 2029 ihrerseits ihren 500. Geburtstag feiern können, dann ist Dieter Trutschel 70 Jahre alt und weiß heute nicht, ob er dann noch jeden Tag im "Stern" seinen Mann stehen wird. "Aber eine gute Idee ist das doch schon mal, das Jubiläum zu feiern", blickt der Wirt in die Zukunft.

In Schwabach gehen die Jubiläen also so schnell nicht aus. Ganz sicher mit Gold, aber eben auch mit ein bisschen Reformation.