Am nordwestlichen Rand von Schnaittach liegt ein kleiner jüdischer Friedhof. Das Gras steht hoch, im Sonnenschein summen Insekten und eine Katze schleicht durch die Wiese. In fünf ordentlichen Reihen sind Grabsteine aufgestellt. Auf der Stirnseite steht das Taharahaus, in dem früher die Leichenwaschungen durchgeführt wurden. "Das hier ist das jüngste der drei jüdischen Gräberfelder", erklärt Konrad Brandmüller, der früher Geschichtslehrer war und heute ehrenamtlich zusammen mit Birgit Kroder-Gumann in der Heimatforschung arbeitet. "Seit 1890 ist der Friedhof in Gebrauch, das jüngste Grab ist von 1952." Nur ein kleines Stück weiter die Straße runter liegen sich die anderen beiden Friedhöfe gegenüber. Der älteste ist ungefähr 500 Jahre alt und der zweite Friedhof ist aus dem 19. Jahrhundert. Damit kommt Schnaittach eine wichtige Bedeutung für die jüdische Geschichte in Franken zu.
Wichtige Funktion, keine Anerkennung
Die erste jüdische Gemeinde in Schnaittach entstand im 15. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurden die Juden aus vielen bayerischen Städten vertrieben. Man hatte immer wieder versucht, ihnen die Schuld an der Pest anzuhängen und beäugte sie misstrauisch wegen ihrer Tätigkeit als Geldverleiher, erzählen die Heimatforscher. Dabei erfüllten jüdische Geschäftsleute damit eine wichtige Aufgabe, da es Christen vom Papst verboten worden war, selbst Zinsgeschäfte durchzuführen. Dazu kam, dass Juden oft nicht in die christlich organisierten Zünfte aufgenommen wurden und daher viele Handwerke in den Städten nicht ausführen durften.
Entstehung der Friedhöfe
Einige der vertriebenen Juden siedelten sich in nahe liegenden ländlichen Gebieten an, zum Beispiel in Schnaittach. "Die damaligen Herrscher des Rothenbergs, eine Festung in der Nähe, stellten die Juden unter ihren Schutz, verlangten dafür aber hohe Abgaben", so Konrad Brandmüller. Später kamen dann noch jüdische Gemeinden in Ottensoos, Hüttenbach und Forth dazu. "Die hatten ihren Begräbnisplatz dann auch in Schnaittach. Genauso wie die Fürther Juden, bis sie einen eigenen Friedhof bekamen", berichtet Brandmüller. So blühte über lange Zeit das jüdische Leben in der fränkischen Provinz. Um 1800 gab es mehr als 60 jüdische Familien im Ort und damit auch großen Bedarf an Bestattungsplätzen.
"Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens"
Konrad Brandmüller kennt viele Geschichten zu den jüdischen Grabsteinen. Einer seiner liebsten ist der von Abraham Levi. "Er war Vorsteher der jüdischen Gemeinde und als Pferdehändler während des 30-Jährigen Kriegs sehr erfolgreich. "Einen großen Teil seines Vermögens hat er dazu verwendet, den jüdischen Mitbürgern in Schnaittach zu helfen." Der massive Grabstein steht auf dem ältesten Grabfeld und ist schon sehr verwittert. Trotzdem sind die hebräischen Buchstaben noch zu erkennen. Hier kann man auch gut den Aufbau einer jüdischen Grabinschrift sehen, erklärt der Experte. Oben steht der Name, dann die Todeszahl: 422 nach der jüdische Zählung, das entspricht 1642, "und hier steht eine Lobrede zu seinem Leben." Die Lobrede fasst in Gedichtform die guten Eigenschaften des Gemeindevorstehers zusammen: "Ein Leiter der Generationen ist uns entschwunden. Im Heiligtum prächtig, in seinen Taten gut. Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens", liest Brandmüller vor.
Weg der Erinnerung
Von der einstigen Bedeutung des Jüdischen ist heute in Schnaittach nicht mehr viel zu sehen. Vor allem die Friedhöfe haben sehr gelitten. Das zweitälteste Gräberfeld ist heute eine fast leere Wiese. Ein Gedenkstein erinnert an die Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg und Brandmüller erzählt: "Um 1900 wurde die Situation für die Juden immer schlechter. Die Gemeinde hier gab es dann bis 1938, bis alle geflohen oder deportiert waren." Die Grabsteine wurden von der Nationalsozialisten teilweise zerstört, teilweise weggebracht und als Baumaterial verwendet. Seit einigen Jahren kehren manche der geschändeten Steine zurück und werden zur Erinnerung wieder aufgestellt.
Synagoge wird zum Heimatmuseum
Auch die alte Synagoge von 1570 gibt es noch. "1938 sollte sie niedergebrannt werden, aber da ist man eingeschritten, weil man Angst hatte, dass die Nachbargebäude mit abbrennen." So wurde aus der Synagoge das Heimatmuseum. Seit 1996 befindet sich in dem Fachwerkhaus mit den grünen Türen außerdem eine Außenstelle des Jüdischen Museums Franken. Dieses zeigt Überbleibsel aus den vergangenen Jahrhunderten und bietet Führungen über die Friedhöfe in Schnaittach an.
Für weitere Informationen und Führungen
Jüdisches Museum Franken (Webseite)
Kontakt: fuehrungen@juedisches-museum.org